Das Versprechen kurzer Latenz, hoher Datenrate und massiver Anzahl an Endgeräten auf der einen Seite. Auf der anderen Seite werden bestehende Dienste fortgeführt. Klassik gegen Moderne – ist das die Konsequenz der Einführung von Sprachdiensten in 5G-Netzen? Voice over 5G ist weit mehr als das.
Die hohe Datenrate in 5G-Netzen punktet mit verbessertem Sprachkodec EVS, kurzer Latenzzeit für unterbrechungsfreie Übertragung und hoher Zuverlässigkeit. Analysten sagen voraus, dass sich weltweit die Zahl der Teilnehmer für Sprachdienste in den nächsten fünf Jahren verdoppeln wird, eine klare Motivation diesen Service auch in 5G-Netzen anzubieten. Doch worin liegen nun die Herausforderungen bei VoNR (Voice over New Radio)? Hier ist ganz klar die Flexibilität und daraus resultierende Vielfalt in der Architektur der Infrastruktur zu nennen. Es gibt keine alleingültige Definition von Sprachdiensten in 5G. Die Randbedingungen geben die Ausbauplanung vor. Im Detail sind dies Ausbaustufen als Non-standalone (NSA) in Kombination mit LTE oder als Standalone-Netzwerk (SA).
Einen weiteren Aspekt betrifft das verwendete Core-Netzwerk, das entweder das bei LTE verwendete Evolved Packet System (EPS) oder das 5G Core (5GC)-Netzwerk sein kann. Letztlich spielt auch das Funkzugangsnetz (RAN) eine Rolle, Sprachdienste sind in der Service-basierten Architektur optional. Selbstverständlich unterstützt 5G auch Videodienste oder Kommunikationsdienste angefangen von dem Kurznachrichtendienst SMS bis hin zu erweiterten Kollaborations- und Kommunikationsdiensten (Rich Communication Services, RCS). Eine Besonderheit stellt der 5G-Notruf dar: Ein Notruf über 5G wird übertragungstechnisch wie ein Sprachanruf gehandhabt. Allerdings trennen die Signalisierungsprotokolle zwischen der Unterstützung von Sprachdiensten im Allgemeinen und Notruffunktionalität, deren Unterstützung wird direkt mit der Systeminformation angezeigt. Bei Sprachdiensten handeln Endgerät und Netzwerk in einer bilateralen Signalisierung die unterstützten technischen Fähigkeiten und Dienste aus. Dies erlaubt eine höhere Flexibilität in der Implementierung und den Einsatzmöglichkeiten bezüglich Endgeräten.
Es gibt unterschiedliche Implementierungen für Sprachdienste. Voice over NR (VoNR) beschreibt den Fall, in dem Sprachdienste über das 5G-Funknetz und über das 5G Core-Netzwerk geleitet und gesteuert werden. Eine Interimslösung beschreibt die Übergabe der Sprachverbindung während des Signalisierungsaufbaus in das
bestehende LTE-EPS und wird als EPS Fallback oder auch als RAT Fallback bezeichnet. Eine weitere strategische Option für den Netzbetreiber ist die Beibehaltung von Voice over LTE (VoLTE), das 5G-Netz wird somit nicht für Sprachdienste verwendet.
Aus technischer Perspektive wird in 5G-Netzen die Sprache als Audiosignal in IP-Paketen übertragen. Somit ist Voice over 5G nichts anderes als Voice over IP. Zur Koordinierung, Orchestrierung, Signalisierung und Überwachung von QoS-Parametern steht das bereits in vorherigen Mobilfunknetzen verwendete IP-Multimedia-Subsystem (IMS) zur Verfügung. 5G unterstützt Multimedia-Telefondienste für IMS (MTSI), die in der Protokollstruktur ganz oben auf der Applikationsebene stehen und beispielsweise moderne Kollaborationstools ermöglichen. Der eigentliche Medienstrom besteht aus Audio, Video und Text, letzteres sinnbildlich für Daten.
Als Koordinierungsprotokolle stehen die Protokolle Real-Time Protocol (RTP), Real-Time Streaming Protocol (RTSP) und das Real-Time Control Protocol (RTCP) zur Verfügung. Deren Aufgabe ist es, die QoS-Parameter zu überwachen und Aspekte wie verzögerte Pakete, falsche Reihenfolge oder Fehlleitungen zu korrigieren und eine gute Endqualität zu gewährleisten. Die Transport- und Netzwerkschicht wird durch die bekannten Protokolle UDP und TCP sowie Internet Protocol (IPv4 und IPv6) realisiert. Als Funkzugangsnetz sind sowohl LTE als auch 5G NR möglich. Somit besteht aus Sicht der Protokollstruktur kein Unterschied zwischen VoLTE und VoNR. Die Kontrollebene zum Aufbau, Beenden oder Umkonfigurieren einer MTSI-Verbindung in IMS, wird durch die Sitzungsbeschreibungs- (SDP) und Sitzungsinitiierungsprotokolle (SIP) gebildet.