Autarke Netze

Neue Geschäftsmodelle mit 5G-Campus-Netzen

15. Februar 2021, 13:37 Uhr | Autor: Sebastian Solbach / Redaktion: Diana Künstler
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5G ist schnell, die Latenzen sind ultrakurz. Aber das ist nur die technische Seite. Die eigentliche Revolution sind autarke Campus-Netze, die Unternehmen in Eigenregie betreiben können. Sie erlauben völlig neue Anwendungen und Geschäftsmodelle.

In den Anfängen des Mobilfunks war die Sache klar: Das Geschäftsmodell der Netzbetreiber bestand darin, Gesprächsminuten und SMS zu möglichst hohen Preisen zu verkaufen. Dann kam das mobile Internet auf und die Netzbetreiber verdienten auch am Datenvolumen. Im Laufe der Jahre kamen viele weitere mobile und digitale Geschäftsmodelle hinzu, bei denen das Netz nur die (unsichtbare) technische Basis bildet. Jetzt steht die neue Mobilfunktechnologie 5G vor der Tür und sie eröffnet völlig neue Geschäftsmodelle.

Das liegt nicht allein an den technischen Möglichkeiten, etwa an der höheren Datenrate bis zu 10 Gigabit pro Sekunde und der kurzen Latenz bis herunter auf eine Millisekunde in künftigen Releases. Der entscheidende Treiber ist vielmehr ein regulatorischer Kniff des Gesetzgebers. Der erlaubt erstmals die Einrichtung so genannter Campus-Netze. Unternehmen, Hochschulen, Messeveranstalter können sich lokal eine Scheibe aus dem Frequenzkuchen herausschneiden und auf ihrem Gelände ein autarkes 5G-Netz errichten. Die Daten werden in der Edge verarbeitet, also in Rechnern auf dem Gelände. So ein Netz ist hochverfügbar und extrem schnell, was völlig neue Anwendungen erlaubt.

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Ideal für Industrie 4.0

Vor allem für Industrie 4.0. Dahinter steckt die Idee der digitalisierten Fabrik mit vernetzten cyberphysischen Systemen und dem Ziel, statt millionenfach exakt identischer Produkte individualisierte Produkte herzustellen bis herunter zu Losgröße 1. Für die dafür notwendige flexible Vernetzung gab es vor 5G keine befriedigende Lösung. Kabel erlauben keine Mobilität der Anlagen, WLAN kämpft mit Funkschatten und Aussetzern beim Übergang von einer zur anderen Funkzelle und frühere Mobilfunkstandards waren zu langsam beziehungsweise hatten eine zu hohe Latenz, die Echtzeitanwendungen verhinderte.

Es gibt schon erste Beispiele, wie sich das nutzen lässt. So betreibt das Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie IPT in Aachen eine Fräsmaschine, in der sie Prototypenkomponenten für Triebwerke von MTU Aeroengines herstellt. Ein Schwingungssensor kommuniziert über 5G mit der Maschine, so dass Schwingungen blitzschnell ausgeglichen und Schäden an den Bauteilen vermieden werden können.

Netze in Scheiben

Solche autarken Netze eignen sich für große Industrieunternehmen oder Messebetreiber. Wer die Kosten und den Aufwand scheut, bekommt sein Campus-Netz auch eine Nummer kleiner. Dazu bieten die Betreiber der Mobilfunknetze das Network-Slicing an. Dazu wird das Campus-Netz im öffentlichen Netz eingerichtet, allerdings abgeschottet mit garantierter Bandbreite, selbst wenn viele Personen in der Nähe gleichzeitig mit ihren Smartphones surfen. Diese Variante ist für kleinere Unternehmen interessant, Nachteil ist allerdings die größere Latenz, da die Daten über die Rechenzentren der Netzbetreiber laufen und nicht in der Edge auf dem Campus verarbeitet werden. Interessant sind solche Szenarien zudem für Unternehmen, die ihre Standorte weltweit vernetzen wollen, auch mit Zulieferern.

Kleine Campus-Netze werden dann zu einem großen virtuellen 5G-Netz zusammengespannt, die Maschine in einem Werk in China liegt dann scheinbar direkt in der Fabrik in Deutschland. In kommenden Releases des 5G-Standards sind Mechanismen vorgesehen, mit denen Maschinen sogar selbsttätig mehr Bandbreite reservieren können, wenn sie größere Datenmengen senden müssen. Network-Slicing funktioniert übrigens auch in privaten Campus-Netzen. Ein Geschäftsmodell könnte also sein, dass Unternehmen an lukrativen Orten private Campus-Netze aufbauen und per Network-Slicing scheibchenweise an Kunden in der Nähe vermieten.


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