Energieverbrauch

Wie grün sind die Telekommunikationsnetze wirklich?

13. Januar 2022, 8:06 Uhr | Autor: Tomo Bogataj / Redaktion: Diana Künstler
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Nachhaltigkeit in Telekommunikationsnetzen – nur Greenwashing seitens der Betreiber oder tatsächlicher Beitrag zum Klimaschutz? Diese Frage wird angesichts des zunehmenden Energieverbrauchs immer wichtiger. Ein Vergleich zwischen VDSL-, HFC- und FTTH-Netzen zeigt: Die Einsparpotenziale sind enorm.

2015 ging das Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration in einer Studie für das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) von einer Steigerung des Energiebedarfs der Telekommunikationsnetze von 17 TWh im Jahr 2010 auf 25 TWh im Jahr 2025 aus. Dieser Entwicklung sei „verstärkte Aufmerksamkeit“ zu schenken, heißt es in der Studie. Wie ein Vergleich zwischen VDSL-, HFC- und FTTH-Netzen zeigt, sind die Einsparpotenziale enorm.

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Glasfaserausbau M-net
Der Netzbetreiber M-net will bis 2025 vollständig klimaneutral werden. Grundlage dafür sind die Glasfasernetze, die M-net baut.
© M-Net

Mitte Oktober wartete der Netzbetreiber M-net mit der Neuigkeit auf, Deutschlands erster klimaneutraler Telekommunikationsanbieter zu sein. Der TÜV Rheinland bescheinigt der Münchener Stadtwerketochter, seit 2019 rund 90 Prozent der Treibhausgasemissionen eingespart zu haben. Dabei wurden die direkten sowie die durch beschaffte Energie ausgestoßen Emissionen berücksichtigt. Im ersten Halbjahr 2021 beliefen sich bei M-net die verbleibenden CO2-Emissionen auf 387 Tonnen – weniger als ein Flugzeug auf dem Weg von München nach New York ausstößt. Das Beispiel M-net zeigt, dass Green IT nicht mehr nur ein Buzzword ist. Nachhaltigkeit und Klimaschutz sind auch in der Telekommunikation angekommen. Die Realität sieht jedoch weit weniger grün aus. Zwar herrscht im Glasfaserausbau eine allseits gepriesene hohe Dynamik, aber der größte Teil der Republik surft über Kupferdraht im Internet.

Die Deutsche Telekom versorgt über ihr VDSL-Netz 34,3 Millionen Haushalte mit maximal 100 MBit/s. Dagegen zählen die Bonner nun 2,5 Millionen Haushalte, die einen Glasfaseranschluss nutzen könnten (Homes Passed). Tatsächlich surfen deutschlandweit nur 1,9 Millionen Haushalte über Glasfaser im Internet (Homes Activated). Im hybriden Kupfer-Glasfaser-Kabelnetz (HFC) von Vodafone erhalten zwar 23 Millionen Haushalte Bandbreiten bis 1 GBit/s, aber die Lichtwellenleiter reichen maximal bis zum Kabelverzweiger. Danach geht es bis zur Anschlussdose in der Wohnung mit Kupferdraht weiter.

Übertragungstechnik ist entscheidend

Aktuelle Zahlen zum Energieverbrauch von Telekommunikationsnetzen liefert ein Gutachten von Professor Dr.-Ing. Kristof Obermann von der Technischen Hochschule Mittelhessen, der einen Vergleich der Nachhaltigkeit zwischen FTTH und kupferbasierten Netzen anstellt. Das Ergebnis: Kupferbasierte Netze verbrauchen bei einer angenommenen Auslastung von 50 bis 100 Prozent um das Drei- bis Siebzehnfache mehr an Strom pro Bitrate als Glasfasernetze.

Eine Studie des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 2020 belegt, das vor allem die Technik, mit der die Daten zum Endverbraucher übertragen werden, entscheidend ist. Das Amt bezieht sich dabei aufs Videostreaming. In einem FTTH-Netz fällt die CO2-Belastung für die Übertragung eines HD-Videos mit zwei Gramm pro Stunde am geringsten aus. Bei VDSL sind es vier und bei einer Datenübertragung mit 5G etwa fünf Gramm CO2 pro Stunde.

Das klingt nach wenig. Doch welchen Einfluss VDSL- und HFC-Netze auf die Umwelt haben, wird deutlich, wenn man den Energiebedarf am Beispiel eines Breitbandzugangs mit 50 MBit/s vergleicht. Ausgehend von einem Strombrauch von 60 W pro Fiber Node verbraucht ein Nutzer mit einem DOCSIS-3.0-HFC-Anschluss 21 kWh pro Jahr. Dabei wird der Strombedarf von Verstärkern mit eingerechnet. Laut Umweltbundesamt wurden 2019 pro verbrauchter Kilowattstunde 401 Gramm CO2 ausgestoßen. So erzeugen eine Million Haushalte mit Kabelanschluss pro Jahr 8.000 Tonnen CO2.

Ein Hektar Wald neutralisiert im Jahr rund zehn Tonnen CO2. Es bräuchte demnach eine Waldfläche, die viermal größer als der Berliner Tiergarten ist, um den CO2-Ausstoß von einer Million Kabelkunden zu neutralisieren. Die Fläche müsste sogar noch größer sein, denn bei dieser Rechnung wurden die Strombedarfe zum Beispiel für das Cable Modem Termination System (CMTS) nicht berücksichtigt. In VDSL-Netzen ist der Energiebedarf zwar rund ein Fünftel geringer als im Kabelnetz, aber um den CO2-Ausstoß dieser Netze zu neutralisieren, müsste immer noch eine Waldfläche herhalten, die dreimal größer als der Tiergarten ist.


  1. Wie grün sind die Telekommunikationsnetze wirklich?
  2. Zugangstechnologie in Glasfasernetzen

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