Trotz der Vorteile, die Cloud-Provider bewerben, kann die Cloud schnell zu einem kostspieligen Konstrukt werden. Wollen Unternehmen dann den Anbieter wechseln, stellt sich das oft als schwierig heraus. Wie Unternehmen einen Vendor Lock-in frühzeitig erkennen und wie sie ihn verhindern können.
Selten beruht ein Lock-In auf strengen Vertragsklauseln und langen Laufzeiten, die Unternehmen bei einem Anbieter bleiben lassen, obwohl ein Wechsel schon längst geplant ist. Vielmehr setzen sich Vendor Lock-ins in der Regel aus einer Vielzahl von Faktoren zusammen, die teilweise einander bedingen und den Wechsel schwierig machen.
Hierbei handelt es sich wohl um den wichtigsten Faktor, der Firmen dazu veranlasst, lieber bei einem unpassenden Cloud-Anbieter zu bleiben als zu wechseln. Allerdings setzen sich die finanziellen Aufwände für einen Wechsel nicht nur aus den Ausgaben für den neuen Service-Provider zusammen. So kommen beispielsweise im Vorfeld bereits Kosten für Beratungsleistungen und rechtliche Prüfungen auf das Unternehmen zu. Die eigentliche Migration des Systems besteht zudem nicht nur aus Kosten für Personal und Geschäftsbehinderungen während des Wechsels, auch Mitarbeiterschulungen und Produktivitätsverluste in der Übergangsphase gilt es mit einzukalkulieren. Ist der Wechsel zu einem geeigneteren Anbieter erst einmal vollbracht, amortisieren sich die Kosten des Umzugs allerdings meist relativ schnell. Trotzdem gilt es, diese Posten realistisch abzuschätzen und einzuplanen.
Ein weiterer Faktor ist Spezialwissen in Form ausgebildeter MitarbeiterInnen. Unternehmen benötigen dieses Personal, um (Cloud-)Lösungen effektiv nutzen zu können. Und für bestimmte Technologien und Lösungen existieren nur wenige SpezialistInnen innerhalb einer Organisation. Ein Wechsel zu einer anderen Lösung bringt deshalb oftmals eine Umschulung oder die Einstellung weiteren Personals mit sich. Insbesondere der Fachkräftemangel und knappe Budgets machen es Unternehmen schwer, Spezialwissen in Form von geschulten MitarbeiterInnen anzusammeln. Ist zeitnah kein passendes Fachpersonal verfügbar beziehungsweise lassen sich eigene MitarbeiterInnen nicht zeit- und kosteneffizient ausbilden, ist der Wechsel schwierig; man bleibt möglicherweise lieber beim bekannten Anbieter – und akzeptiert die Nachteile, die ursprünglich zu einem Wechsel bewogen haben.
Cloud-Computing setzt häufig auf weit verbreitete Open-Source-Ansätze, die sich in der Industrie als Standards durchsetzen konnten: von der Virtualisierung über Programmierschnittstellen bis zur Infrastructure-as-a-Service. Die Liste etablierter Open-Source-Technologien ist lang. Trotzdem nutzen viele Cloud-Anbieter immer noch proprietäre Lösungen. Das macht einen Wechsel schwieriger, bindet aber in der Folge letztlich KundInnen stärker an das eigene Angebot.
Allerdings gilt: Proprietäre Technologien sind nicht grundsätzlich schlecht, da sie oft Treiber für Innovationen sind und den Wettbewerb beleben. Schließlich war jeder derzeitige etablierte Standard einst eine proprietäre Technologie, die sich durchgesetzt hat. Organisationen, die sich bei ihrem IT-Betrieb jedoch nur auf proprietäre Lösungen verlassen, erschweren dadurch einen späteren Anbieterwechsel und erhöhen möglicherweise den Zeit- und Kostenaufwand einer nachgelagerten Migration.