Die Cloud kann helfen, Emissionen zu reduzieren. Programmiermethoden und Tools sind dabei ein Aspekt, Mitarbeitende sowie ein kultureller Wandel ein anderer.
Jüngste Studien von Hyperscalern haben versucht, das Einsparpotenzial der Cloud unter die Lupe zu nehmen und zu beziffern. So kam die von AWS beauftragte Studie „Saving Energy in Europe by Using Amazon Web Services“ zu dem Schluss, dass mit dem Wechsel in die Cloud ein Einsparpotenzial von fast 80 Prozent bestehe. Microsoft geht in seiner eigenen Studie „The carbon benefits of cloud computing“ von ökologischen Einsparpotenzialen von bis zu über 90 Prozent aus.
Richtig eingesetzt kann die Technologie durchaus auf dem Weg zu mehr Nachhaltigkeit helfen. Doch die Sache hat einen Haken, der in den letzten Jahren immer mehr diskutiert wird: Trotz steigender Energieeffizienz der Cloud wird ihr Energiebedarf noch über Jahre hinweg wachsen, denn es handelt sich weiterhin um ein junges und boomendes Geschäft. Die großen Cloud-Anbieter setzen zwar mittlerweile vermehrt auf grünen Strom. Viele ihrer Kunden lassen jedoch Einsparpotenziale bei der Nutzung der Cloud liegen. Der hier verborgene Hebel muss gesetzt werden, um die Möglichkeiten der Cloud zum Positiven nutzen zu können.
Hyperscaler bieten mittlerweile Tools an, die Cloud-Emissionen teils nach Regionen, Projekten, Zeiträumen sowie in der Cloud genutzten Dienstleistungen aufschlüsseln und Unternehmen so Anhaltspunkte für Optimierungen geben. Und auch Open-Source-Tools gibt es, um Visualisierungen der geschätzten CO2-Emissionen basierend auf der Nutzung in AWS, GCP und Azure bereitzustellen.
Die Technologie kommt zwar an einem Reifepunkt an. Schwierig für Unternehmen ist jedoch, den Paradigmenwechsel herbeizuführen. Gemeint ist eine Unternehmenskultur, die die Mitarbeitenden zur Nutzung von Einsparpotenzialen in der Cloud animiert – sei es bei der Entwicklung eines neuen Features, im Rahmen der Kundenbetreuung oder bei anderen Aufgaben. Denn jeder Workload oder Datentransfer in der Cloud kostet Energie.
Um eine möglichst „grüne” Cloud-Architektur zu schaffen, gibt es bereits einige Grundregeln: EntwicklerInnen von in der Cloud verankerten Diensten schreiben „nachhaltige” Codes in dafür geeigneten Programmiersprachen. Sie sortieren in früheren Versionen unbenutzte Features aus. Schlankheit ist die Devise, nicht ein alles umfassendes Produkt. Wenig Datenverkehr zwischen App und Server ist wünschenswert, um möglichst sparsam mit den Cloud-Ressourcen umzugehen. Je mehr ökologische Maßnahmen in der Cloud-Architektur wirken und je mehr sie direkte Beziehungen zu EndnutzerInnen im Kerngeschäft betreffen, desto mehr werden sie zur DNA eines Unternehmens.
Es gibt geeignete Modelle, die als Grundlage für eine solche tiefgreifende Transformation im Sinne der Nachhaltigkeit dienen. In der Kombination bieten sich etwa Erkenntnisse aus den Systemen der Team Topologies und der sogenannten FinOps an, um den Weg hin zu einer Unternehmenskultur zu weisen, die die Mitglieder verschiedener Teams bei ihrem täglichen Wirken in der Cloud zu mehr Nachhaltigkeit animiert.
FinOps, eine Cloud-Finanzverwaltungspraktik, beschreibt einen kulturellen Wandel sowie Instrumente, die zu dessen Erreichen dienlich sind; diese Instrumente machen zwischen Technologie- und Finanzteams in der Cloud Kosteninformationen transparent und etablieren eine finanzielle Verantwortlichkeit in einzelnen Teams. Für die Dimension der Nachhaltigkeit gibt es ein hieraus abgeleitetes, äquivalentes Modell: GreenOps kultivieren den CO2-Fußabdruck als einen der wichtigsten Faktoren jeglicher Entscheidungsfindung, insbesondere bei Zielkonflikten.
Ein Beispiel: Zwischen einem Softwareunternehmen und dessen KundIn werden SLAs und SLOs verhandelt, also Vereinbarungen über wiederkehrende Dienstleistungen. Fragen kommen auf: Wie engmaschig soll betreut werden? Mit welcher Reaktionszeit? Müssen alle Daten immer verfügbar sein? Je nach Vereinbarung muss das Softwareunternehmen für die KundInnen Rechenleistung vorhalten. Diese kann größer oder kleiner ausfallen – und damit mehr oder weniger ressourceneffizient sein.