Ein Kommentar von Zscaler

Der Traum vom 6G-Funkstandard

7. April 2022, 7:00 Uhr | Autor: Nathan Howe / Redaktion: Diana Künstler
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Der neue Mobilfunkstandard 5G verspricht seit Vergabe der Lizenzen viele neue Möglichkeiten. Doch während der flächendeckende 5G-Ausbau noch in weiter Ferne liegt, träumt manch einer bereits von 6G und mehr. Ein Kommentar von Zscaler.

Nathan Howe, Zscaler
Nathan Howe, VP of Emerging Technology 5G bei Zscaler
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Der neue Mobilfunkstandard 5G verspricht seit Vergabe der Lizenzen viele neue Möglichkeiten: Sichere Echtzeitübertragung mit mehreren Gigabyte pro Sekunde und eine bisher unbekannte Datendichte ermöglichen neue Arten von Anwendungen, die bloß von der Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit des Funknetzes abhängen. Doch während der flächendeckende 5G-Ausbau noch in weiter Ferne liegt, träumt manch einer bereits von 6G und weiteren Folgeversionen, obwohl die Netzabdeckung der fünften Generation weltweit gesehen erst zu etwa 10 Prozent gegeben ist, wie unlängst auf dem Mobile World Congress bestätigt wurde (Anm. d. Red.: In Deutschland wurde nach den Daten der Bundesnetzagentur Ende Oktober 2021 über 53 Prozent der Fläche von mindestens einen Anbieter mit dem neuesten Mobilfunkstandard 5G versorgt.)

Beim Griff zum Smartphone hat ein Anwender daher derzeit eine Chance von eins zu neun auf Datenübertragung mit 5G-Highspeed. Doch auch die bereits abgedeckte Fläche kann meist nicht mit der höchstmöglichen Datenrate versorgt werden. Sogar hinter dem Kürzel „5G“ in der oberen Ecke auf dem Handydisplay verbirgt sich bei manchen Mobilfunkanbietern derzeit noch Surfgeschwindigkeit im 4G-LTE-Bereich. Grund dafür ist der Umstand, dass die 5G-Übertragungsrate meist noch auf den Beinen der Technik steht, die das 4G-Netz tragen.

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Virtualisierung macht den Unterschied

5G-Geschwindigkeit geht mit zwei entscheidenden Entwicklungen der LTE-Technik einher: Ein differenzierender Faktor für den Endanwender ist die Geschwindigkeit der Übertragung der Funkdaten zwischen dem Mobiltelefon und der Antenne auf den Funkmasten. Für Unternehmensanwendungen ist allerdings viel entscheidender der Ausbau des Backends. Hier hinkt nicht nur das Umrüsten der Funkmasten hinter den ursprünglichen Erwartungen her, sondern der eigentliche technische Standard selbst befindet sich noch in der Entwicklung hin zu Standalone (SA)-Netzwerken oder Non-Standalone (NSA)-Netzwerken. Die Abkopplung des Funksignals vom Backend macht darum zukünftig den Unterschied zum Funkstandard der nächsten Generationen aus und davon werden 6G oder gar 7G profitieren.

Der große Unterschied liegt dabei in der Virtualisierung der Services. War bisher Hardware für die Abwicklung der Datensignale verantwortlich – ähnlich zum klassischen Server in einem Rechenzentrum – liegt der eigentliche Fortschritt von 5G in dem Angebot der Virtualisierung, bei der keine dedizierte Hardware vor Ort mehr erforderlich ist. Hier greift die Idee der Cloud, dass nämlich der eigentliche Service von überall aus angesteuert werden kann, stets aufbauend auf festgelegten Regelwerken. Die eigentliche Revolution besteht somit in der Abkehr von der physikalischen Infrastruktur zugunsten von virtualisierten Prozessen oder Maschinen eines multifunktionalen IT-Ökosystems. Unternehmen beginnen bereits, ihre Anwendungen dafür zu entwickeln.

Die Vision des Edge

Der Mobilfunk wird langfristig gesehen virtualisiert und der erste Stein dafür ist durch den aktuellen Ausbau der fünften Generation gelegt. Trotz aller noch zu nehmenden Hürden in der Standardisierung, darf man optimistisch gestimmt sein: Bereits beim 5G-Netz ist mit mehreren Gigabyte zu rechnen, die pro Sekunde verarbeitet werden können. Wegen Übertragungsraten in dieser Höhe geraten herkömmlich Rechenzentren nun ins Wanken, denn: Warum auf Hardware-Infrastruktur im Unternehmensnetz setzen, wenn über Funkübertragung eine höhere Leistungsfähigkeit genutzt werden kann – bei weniger Administrationsaufwand? In Verbindung mit Edge Computing und der Cloud wird durch 5G und zukünftige Mobilfunkgenerationen die Datenverarbeitung in unmittelbarer Nähe des Endgeräts des Nutzers möglich werden. Die physische Bindung an technische Infrastruktur entfällt ebenso, wie die Netzwerkabhängigkeit mit 5G durch die Kontrollfunktion, die vor Ort und zur richtigen Zeit in Nähe der Anwendung bereitgestellt wird, bereits entfallen ist.

Kein Quantensprung zu 6G

Der Sprung zu 6G wird dann kleiner ausfallen, da dazu lediglich die Datenübertragungsrate angepasst werden muss und einige Funktionen im Zusammenhang mit Machine Learning (ML) oder Künstlicher Intelligenz (KI) für Entscheidungsprozesse hinzugefügt werden können. Bis es soweit ist, werden die derzeitigen Kinderkrankheiten von 5G überwunden sein, die höhere Funkübertragungsraten beeinträchtigen, wie die Feuchtigkeit des Sprechens, die zu Unterbrechungen der Signalübertragung hin zur Antenne führen kann. Außerdem das Problem, wie sichergestellt werden kann, dass auf einer Geschäftsreise zwischen München und Hamburg eine lückenlose Anbindung mit dem 5G-Netz besteht, stets unter Berücksichtigung der Einflüsse der Umwelt.

Der virtuelle Weg ist geebnet

Die Evolution zunehmend verteilter Dienste wurde durch 5G auf den Weg gebracht und wird in den nächsten Jahrzehnten neuartige Anwendungen ermöglichen. So profitiert beispielsweise die Industrie und das damit verbundene Industrial Internet of Things (IIoT) enorm von den steigenden Kapazitäten der Datenübertragung und der Fortschritte im Edge Computing, nicht zuletzt hinsichtlich der voranschreitenden Digitalisierung und der Automatisierung. Eigentlich vollzieht bereits 5G den Quantensprung – für private Nutzer, für eine intelligente Infrastruktur und für die Industrie 4.0. Diese Mobilfunkgeneration ebnet den virtuellen Weg für alle nachfolgenden Generationen und man darf gespannt sein, wie neue Technologien, darunter Machine Learning und die Nutzung von Künstlicher Intelligenz, in das nächste Upgrade eingewoben werden. 6G bleibt aber vorerst ein Traum, der wohl frühestens ab dem Jahr 2030 in Erfüllung gehen wird.


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