Sprachdienste

Facettenreiches Voice over 5G

11. August 2021, 8:00 Uhr | Autor: Reiner Stuhlfauth / Redaktion: Diana Künstler

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

IMS-Implementierung für VoNR

 MTSI-Protokollstruktur
 MTSI-Protokollstruktur
© Rohde & Schwarz

Die Basis für eine Implementierung von VoNR ist die Einbeziehung des IMS, sowohl durch Schnittstellen im Netzwerk, als auch seitens der Protokollszenarien. Aus VoLTE bekannt sind drei parallele Datenverbindungen mit einem jeweils zugeschnittenen QoS-Profil bezeichnet als QoS Class Identifier (QCI), welcher Parameter wie garantierte Bitrate, geschätzte Paketfehlerquote, Priorität und Latenz definiert. VoNR verwendet hier ein QoS-Profil (5QI) für SIP-Signalisierung zwischen UE und IMS, einem Profil für die Medien, sprich Audio oder Video, sowie einem zusätzlichen QoS-Profil für weitere parallele Dienste wie beispielsweise parallel übertragene Daten sowie optional Video und Sprache mit einer niedrigeren Priorität. Der Vorteil gegenüber VoIP oder Over-the-top-Applikationen liegt darin, dass sämtliche Funktionen und Protokollschichten im 5G-System dieses QoS-Profil kennen und somit ein QoS-Management möglich ist. Es gibt seitens der Spezifikation keine direkten Richtlinien an die Implementierung, aber doch eine Reihe von Empfehlungen. Zu diesen gehören beispielsweise Semi-persistent Scheduling (SPS) und Slot Aggregation auf der physikalischen Schicht. Durch SPS, eine Art Zuteilung von Funkressourcen in quasi-konstanter Form, reduziert man die Signalisierungslast und das automatische Wiederholen eines Sprachpakets erhöht die Zuverlässigkeit unter gleichzeitiger Beachtung einer kurzen Latenzzeit. Im MAC Layer wird ein Discontinuous Reception (DRX) aktiviert, das heißt der Empfänger ist nur dann aktiv, wenn auch ein Paket erwartet wird – eine beliebte Möglichkeit, um Energie zu sparen. Bei höheren Protokollschichten liegt der Fokus auf geringer Latenzzeit. Zum Einsatz kommt das Übertragungsprotokoll UDP, der RLC Unacknowledged Mode (UM) und im PDCP Layer entfällt eine Integritätsprüfung als Sicherheitscheck, lediglich Verschlüsselung ist aktiviert.

5G hat ebenso wie bisherige Netze das Ziel, die Sprachqualität zu verbessern. Dies ermöglicht eine funkkanalqualitätsabhängige Sprachkodierung (AMR), zusätzlich wird jedoch im analogen Audioband ein breitbandigeres Eingangssignal sowie eine tiefere Quantisierung und eine höhere Abtastrate zugelassen. Der bereits bei LTE teilweise genutzte Enhanced Voice Service (EVS) Kodec ist bei VoNR Standard. Zwecks Kompatibiltät mit bisherigen Netzen besitzt er einen interoperablen Modus.

Das 5G-System ist ein Service-basiertes Netzwerk, jedoch erfordern Sprachdienste einige Anpassungen. Hauptentscheidung ist, welches der möglichen Core-Netzwerke Sprachdienste unterstützt oder die Entscheidung zwischen EPS-Fallback und VoNR. Zweitens ist es notwendig, 5GS (5G-System) mit IMS zu verbinden sowie möglicherweise Nutzerdaten und Signalisierung zwischen EPS und 5GC auszutauschen. Somit ist IMS dem 5GC gegenüber vereinfacht gesagt nichts anderes als ein externes Datennetz. Diese teilweise optionalen Schnittstellen sind möglich, haben jedoch eine Auswirkung auf das Verhalten des Endgerätes:

  • Der Referenzpunkt zwischen IMS und 5GC ist das N6-Interface, dieses wird derzeit genutzt für Nutzerdaten mit externen Datennetzen zu übertragen.
  • Das N26-Interface koordiniert die Mobilitätsverwaltung zwischen 5G und LTE, ein Endgerät muss sich bei Existenz nur in einem der Netze registrieren.
  • Das S5-Interface koordiniert die Datenübertragung zwischen LTE und 5G, hilfreich bei paralleler Übertragung von Sprache und Daten.
  • Ein gemeinsames Teilnehmerregister (HSS) koordiniert Zugangsrechte und Nutzerprofile.

Sprachdienste werden bei Voice over New Radio komplett über 5G geroutet, sowohl Funkzugangsnetz als auch 5GC und sind deshalb vor allem für 5G Standalone (SA) relevant. Da vermutlich 5G nicht sofort die gleiche Abdeckung hat wie LTE, ist eine sorgfältige Planung mit überlappenden Versorgungsgebieten nötig, um Verbindungsabbrüche zu minimieren.

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EPS und RAT Fallback

Reiner Stuhlfauth, Rohde & Schwarz
Reiner Stuhlfauth, Technology Marketing Manager im Marktsegment Wireless bei Rohde & Schwarz
© Rohde & Schwarz

EPS- oder RAT-Fallback sind Interimsprozeduren die Sprachdienste in kombinierten LTE-und 5G-Netzen anbieten und gerade deshalb attraktiv sind, weil das 5GC nicht komplett erforderlich ist. Beim Verbindungsaufbau findet ein Wechsel in ein bestehendes LTE-Netz statt. Dies geschieht entweder durch einen Handover-Befehl, das heißt die Verbindung wird fast ohne Unterbrechung übergeben, oder durch eine Beendigung der Verbindung mit Information über das neue Zugangsnetz (redirection). Die Entscheidung über EPS-Fallback trifft entweder das 5GS oder sie wird indirekt vom Endgerät angefordert. Letzteres ist der Fall, wenn dieses die Unterstützung von Sprache gegenüber dem Netz signalisiert, diese aber auf LTE reduziert. Folglich bleibt das Gerät im höher priorisierten 5G-Netz, lediglich bei Verbindungsaufbau für Sprache wird diese in LTE übergeben.

EPS-Fallback ist sowohl im Radio- als auch Core-Netzwerk LTE-basiert, während bei RAT-Fallback lediglich das Funkzugangsnetz von 5G NR auf LTE wechselt. Ein Sonderfall ist die Möglichkeit, die bisherige LTE-Basisstation, die sogenannte gNB als Next Generation gNB (ng-gNB) aufzurüsten. Dazu wird das 5G PDCP-Protokolls verwendet, das für die QoS-Profile zuständig ist und schließlich eine Ende-zu-Ende QoS-Verbindung aufbaut.


  1. Facettenreiches Voice over 5G
  2. IMS-Implementierung für VoNR
  3. Testaspekte

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