Viele neue technologische Anwendungsfelder setzen eine Verarbeitung der Daten in Echtzeit voraus. Das kann nicht immer über Rechenzentren geleistet werden – Edge Computing soll die Daten deshalb vor Ort verarbeiten. Doch die entsprechenden Server müssen dafür einige Anforderungen erfüllen.
Edge Computing steht für die Datenverarbeitung am Rand (Edge) des Netzwerks und wird somit von den zentralen Knotenpunkten wie Rechenzentren abgegrenzt. Nur ein weiteres Buzzword der IT-Branche? Mitnichten. Das Analystenhaus IDC prognostizierte in seinem „Worldwide Edge Spending Guide“, dass der Markt für entsprechende Lösungen bis zum Jahr 2024 auf 250,6 Milliarden US-Dollar anwachsen wird. Und das aus gutem Grund. Denn mit der Verlagerung innerhalb der Computing-Landschaft können Daten vor Ort verarbeitet werden – dort wo sie entstehen. Das Ergebnis ist eine wesentlich geringere Verarbeitungszeit, da der Weg ins Rechenzentrum entfällt. Ein Vorteil, der Edge Computig für vielfältige Szenarien interessant macht.
Edge Computing soll künftig in zahlreichen Branchen und in verschiedensten Lösungen zum Einsatz kommen, die vor allem niedrige Latenzzeiten voraussetzen. Beispielsweise beim autonomen Fahren, in der Logistikbranche oder in Smart Cities. Potenzial besteht unter anderem bei Anwendungen, für die optische Systeme Echtzeitdaten liefern und benötigen. Anwendungen, die also beispielsweise auf Kameras und Sensoren basieren, können auf Basis von Edge Computing Berechnungen schneller anstellen und Entscheidungen gegebenenfalls sofort treffen – und zwar dezentral, unabhängig von Rechenzentrumsstandorten.
Prägnantestes Beispiel ist sicherlich das autonome Fahren. Muss eine über einen Sensor erfasste Information erst den Weg ins Rechenzentrum antreten, könnte es bereits zu spät sein, um anschließend das Signal zu geben, einem Hindernis auszuweichen. Ähnlich plastisch sind wiederum Szenarien in der Verkehrsbeobachtung und -steuerung. In Barcelona kommen entsprechende Edge-Technologien bereits zum Einsatz. Die spanische Metropole vereint zu diesem Zweck Edge Computing mit dem neuen Mobilfunkstandard 5G und einer leistungsfähigen Cloud-Infrastruktur.
Wie sich die Edge-Lösung wiederum gestaltet, das ist immer abhängig von jeweiligen Einsatzzweck und auch -ort. Von Edge-Datacentern über kleine Serverschränke bis hin zu kleinsten Recheneinheiten – Edge Computig zeichnet sich durch Vielfalt aus.
Um das innovative Konzept einzusetzen, wird jedoch eine geeignete Strategie vorausgesetzt. Denn Edge Computing hat andere Voraussetzungen als die meisten herkömmlichen zentralen Rechenzentren.
So bieten Rechenzentren meist ausreichend Platz für Serverracks, das Kühlsystem und weitere Infrastrukturlösungen. Die Herausforderung für Edge Computing besteht hingegen darin, die Hardware teils auf engstem Raum unterzubringen. „Edge-Server verfügen in der Regel über einen anderen Formfaktor als Rack-Server, wie wir sie aus Rechenzentren kennen“, erklärt Paul Höcherl, Product Manager und Edge-Computing-Experte bei Lenovo. So sind sie in vielen Fällen deutlich platzsparender konzipiert, setzen oftmals auf lüfterlose Designs. Dabei sind gerade Lüftung und Kühlung entscheidende Aspekte. Immerhin kommen die Server meist in Außenbereichen unter widrigsten Bedingungen zum Einsatz. Sie Komponenten müssen daher für größere Temperaturschwankungen ausgelegt sein, als es beispielsweise in den Räumen eines Rechenzentrums der Fall wäre. Sie müssen sie im heißen Barcelona ebenso effizient arbeiten wie im finnischen Helsinki. Ebenso verhält es sich mit sehr hoher oder niedriger Luftfeuchtigkeit. Zudem kommen weitere Umweltfaktoren hinzu. Die Geräte müssen beispielsweise vor Staub und Nässe geschützt werden, auch Erschütterungen können an den Einsatzorten der Edge-Server vorkommen. Nicht immer sind es aber die Naturgewalten, die ein Risiko darstellen. Auch vor Diebstahl oder Vandalismus müssen Unternehmen die Server je nach Umgebung schützen.