Technologie- und Anwendungstrends

Quo vadis Connectivity?

10. Mai 2023, 14:30 Uhr | Autoren: Birinder Singh Khurana und Yannick Georgii / Redaktion: Diana Künstler
© 1tjf/123rf

Vier Thesen für die zukünftige Vernetzung.

5G hat das Interesse von Unternehmen aus der Automobilbranche, der Energiewirtschaft und weiteren Märkten an Vernetzungslösungen geweckt. Die fünfte Mobilfunkgeneration erlaubt die dynamische Bereitstellung von Connectivity in einem privaten und lokal begrenzten Bereich wie beispielsweise einem Firmengelände. Die dort eingesetzten Campusnetze können für den jeweiligen Anwendungsfall dynamisch konfiguriert werden, um auf hohen Durchsatz, eine Vielzahl von angeschlossenen Geräten oder Reaktionsfähigkeit getrimmt zu sein. Die industrielle Fertigung nutzt Campusnetze unter anderem, um Produktionsabläufe effizienter zu machen, beispielsweise durch den Einsatz von Robotern.

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Vertikaler Aufstieg

5G gewinnt immer mehr an Bedeutung für spezielle Anwendungsfälle in verschiedenen Branchen
Obwohl die Möglichkeiten 5G zu nutzen noch längst nicht ausgeschöpft sind, ist bereits abzusehen, dass 5G bei Einsätzen, in denen die reale in die digitale Welt überführt wird, an seine Grenzen stoßen wird. Mobilfunktechnologien decken bislang noch nicht einmal 20 Prozent der Erdoberfläche ab. Eine globale Netzabdeckung ermöglicht es, Maschinen und Geräte von Herstellern weltweit miteinander zu vernetzen und den Zustand auch in entlegenen Einsatzgebieten kontinuierlich zu überwachen. Daraus ergeben sich nicht nur neue digitale Dienste, sondern auch verschiedene Anknüpfungspunkte für nachhaltigere Lösungen. Daher werfen wir einen Blick auf zukünftige Technologie- und Anwendungstrends.

Mit 5G sind die Möglichkeiten Mobilfunknetze in einzelne Märkte zu integrieren gestiegen. Durch die erweiterten Rahmenbedingungen können nun auch Unternehmen, die nicht aus dem Telekommunikationssektor stammen, Frequenzen – dem „Rohstoff“ aus dem Mobilfunknetze gemacht sind – bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) beantragen. In Deutschland werden hierfür Frequenzen im Bereich von 3.700 bis 3.800 Mhz verwendet. Seit Einführung dieser lokalen Frequenzen sind bereits 317 Zuteilungen erfolgt (Stand 18.04.2023)1. Damit haben nun auch Nicht-Telco-Unternehmen wie Lufthansa  begonnen, eigene Mobilfunknetze, in Partnerschaft mit Unternehmen wie Nokia, zu betreiben und in ihre Wertschöpfungsketten zu integrieren. Man spricht auch von sogenannten „Vertical Use Cases“. Bei der Fernwartung von Flugzeugteilen ermöglichen die hohen Down- und Upload-Raten ohne größere Aussetzer der Campusnetze einen stark vereinfachten Prozess.

TriebwerkmechanikerInnen können sich bei der Inspektion frei im Hangar bewegen und per Echtzeit-Videostream kommunizieren, Analysen durchführen und die Wartung oder Reparatur effizienter gestalten. Die Nutzung von Mobilfunk spielt auch in anderen Sektoren wie der Industriefertigung und Automobilbranche eine immer größere Rolle. In sogenannten „Smart Factories“ werden zunehmend Maschinen und Anlagen in der Produktion und Logistik mit IoT-Plattformen vernetzt, um ein digitales Abbild der Fabrik zu erhalten. So können Warenflüsse optimiert und automatisiert, Zustände von Maschinen und Anlagen kontinuierlich überwacht und Ausfälle vermieden werden. Neben dem effizienteren Ressourceneinsatz und der erhöhten Datenverfügbarkeit lässt sich auch die Sicherheit in der Produktion für die Menschen in der Fabrik steigern. Dies ist nur ein Auszug der Einsatzmöglichkeiten von Campusnetzen. Hervorzuheben ist die Eigenschaft, Connectivity zugangsbeschränkt anbieten zu können; ein gewichtiger Aspekt, da systemrelevante Infrastrukturen dadurch besonders geschützt werden können.

5G am Limit

6G wird durch die naht-lose Kombination von Sensorik, Intelligenz, Rechenleistung und Connectivity neue Möglichkeiten im Metaverse eröffnen
Der Metaverse-Technologie wird derart viel Potenzial beigemessen, dass sich Unternehmen wie Facebook in Meta umbenennen, um sich schon frühzeitig in diesem Markt zu positionieren. Mithilfe des Metaverse wird die reale Welt immer stärker in die digitale Welt überführt werden, wodurch Fabriken künftig vollständig automatisiert und ohne menschlichen Einfluss funktionieren können. Bereits heute sehen wir die positiven Ergebnisse dieses Potenzials: Vernetzte digitale Zwillinge – virtuelle Abbildungen von Objekten – überwachen und analysieren die Leistung und den Zustand von Ressourcen und Prozessen in Echtzeit. Dadurch werden automatisierte Entscheidungen ermöglicht, beispielsweise um die Produktivität zu steigern, vorhergesagte Ausfälle zu vermeiden, die Nachhaltigkeit zu beeinflussen und um die Arbeitssicherheit zu erhöhen. Das Metaverse hat das Potenzial, die Art und Weise zu revolutionieren, wie Unternehmen mit Kunden in Kontakt treten, Abläufe durchführen, Waren, beziehungsweise Dienstleistungen erstellen und liefern und Geschäftsbeziehungen verwalten.

Durch die zunehmende Vernetzung der digitalen mit der physischen Welt, ergeben sich auch enorme Anforderungen an die Netze und die Industrie – Durchsätze von mehr als hundert Gigabit pro Sekunde, Latenzzeiten von unter einer Millisekunde und eine noch höhere Zuverlässigkeit. Der 6G-Standard wird Abhilfe schaffen, indem Sensorik, Intelligenz, Rechenleistung und Connectivity zusammengeführt werden, um eine noch nahtlosere Übersetzung zwischen der digitalen und realen Welt zu ermöglichen.

Connectivity im All

Satellitentechnologie wird Mobilfunk ergänzen und industrielle Anwendungen erweitern
Industrien blicken jedoch nicht nur auf 5G hier unten, sondern genauso in das All – auf Satelliten. Satelliten-Connectivity bietet dank seiner hohen Reichweite ergänzende Potenziale zum Mobilfunk. Allen voran ist hier die sogenannte „Low-Earth-Orbit“-Variante, kurz LEO, im Bereich der Satellitenkommunikation zu nennen. Technologische Fortschritte in der Produktion, dem Launch und dem Betrieb von LEO-Satelliten haben dazu geführt, dass sich eine „New Space“-Industrie gebildet hat, deren prominentester Vertreter wahrscheinlich das Unternehmen Starlink von Elon Musk ist. Anders als traditionelle Einrichtungen ist das Unternehmen mit der Flexibilität, dem Mindset und dem Betriebsmodell eines Silicon Valley Start-ups wie Paypal entstanden und hat für einen enormen Effizienzschub gesorgt, der Satelliten-Projekte wirtschaftlicher macht als je zuvor. Die Anwendungsfälle der Satellitenkommunikation sind vielfältig. Durch die Erweiterung der Netzabdeckung lassen sich Over-The-Air-Updates, Ferndiagnosen, Health Monitoring und Performance Tracking ohne Einsatzkräfte an entlegenen Orten durchführen.

Kombiniert man Satellitentechnologie mit terrestrischen Mobilfunknetzen, ergeben sich skalierbare Kommunikationslösungen, die weltweit erreichbar sind. Das Standardisierungsgremium 3GPP hat mit Release 17 bereits mit der Integration von sogenannten „Non-Terrestrial Networks“, zu denen auch die Satellitentechno-logie zählt, und Mobilfunk begonnen. Future Connectivity wird somit zunehmend geprägt sein von konvergenten Lösungen, die Mobilfunk-, Satelliten- und auch Festnetztechnologien – wie zum Beispiel Glasfaser – kombinieren. Insbesondere für Telekommunikationsanbieter stellt dies einerseits eine Herausforderung, andererseits aber auch die Chance dar sich neu aufzustellen. Die Deutsche Telekom beispielsweise positioniert sich in ihrer Capital Market Day-Präsentation2 gegenüber Investoren bis 2030 als „Network Orchestrator“, der nicht notwendigerweise jedes Netz bauen und besitzen muss, es aber integrieren und damit koordinieren kann.

Connectivity für eine bessere Zukunft

Zukünftige Vernetzung wird entscheidender Wegbereiter für eine Net-Zero-Welt sein
Die Klimaziele, die auf der COP21 in Paris3 von vielen Teilnehmerstaaten unterzeichnet wurden, gelten auch für zukünftige Connectivity-Lösungen als Erfolgsmessgrößen: So hat sich die internationale Organisation GSMA, welcher auch die vier deutschen Mobilfunkbetreiber angehören, das Ziel gesetzt, die Net-Zero-Ambitionen bis spätestens 2050 zu erreichen. Die Telekommunikationsindustrie ist durch 5G in der Lage die eigenen Emissionen zu reduzieren. Das Telekommunikationsunternehmen Ericsson spricht in diesem Kontext von „Breaking the energy curve“. Im Verlauf der Einführung von Mobilfunknetzen von 1G bis 4G ist der absolute Energieverbrauch stetig gestiegen. Deshalb hat man sich bei der Einführung der 5G-Technologie nicht nur auf verbesserte Datenraten und Latenz fokussiert, sondern auch den Energieverbrauch der Radio-Zugangstechnologie verbessert, die einen Löwenanteil des Gesamtverbrauchs ausmacht.

Die Telekommunikationsindustrie ist aber nicht nur in der Lage, die eigenen Emissionen zu reduzieren, sondern auch die in anderen Sektoren: So können Firmen über Satelliten und Spektroskopie hohe CO2-Konzentrationen aus Öl-Quellen, Deponien und Farmen feststellen, um frühzeitig Maßnahmen einzuleiten, die den Ausstoß begrenzen. Zusätzlich können über Messungen entfernt gelegene Orte mit besonders günstigen Solar- und Windkonditionen gefunden werden, die wiederum für die Erzeugung von regenerativen Energien genutzt werden können. Durch die effizientere Nutzung vernetzter Maschinen und Ressourcen lässt sich zudem ein geringerer Energieverbrauch für Unternehmen erzielen.

Ganz gleich, welchen Anwendungsfall wir betrachten – fest steht schon jetzt, dass es ohne Connectivity in Zukunft nicht gehen wird. Im Gegenteil: Erst Future Connectivity wird den Weg frei machen für eine Net-Zero-Welt, sich selbst steuernde Smart Factories und sogar im Weltall verfügbares Internet. Daher gilt es, sich frühzeitig mit den neuen Vernetzungsmöglichkeiten vertraut zu machen und zu agieren, um langfristig wettbewerbsfähig zu bleiben. The time to prepare is now.

Birinder Singh Khurana ist Leiter Connectivity-Practice und Yannick
Georgii ist Connectivity-Experte, beide bei mm1 tätig

1 https://www.bundesnetzagentur.de/SharedDocs/Downloads/DE/Sachgebiete/Telekommunikation/Unternehmen_Institutionen/Frequenzen/OffentlicheNetze/LokaleNetze/Zuteilungsinhaber3,7GHz.pdf?__blob=publicationFile&v=9
2 https://www.telekom.com/de/investor-relations/finanzpublikationen/kapitalmarkttage/kapitalmarkttag-2021
3 https://www.klimabuendnis.org/events/klima-gipfel/cop21-paris.html


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