Eine Umfrage des Eco-Verbands unter IT-Entscheidern hat ergeben: Eine deutliche Mehrheit will, dass die Bundesregierung die Betreiber digitaler Infrastrukturen als systemrelevant in die Notfallpläne zur Energiekrise miteinbezieht.
Digitale Infrastrukturen, insbesondere Rechenzentren, sind das Fundament der digitalen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft. Sie sichern den reibungslosen Betrieb digitaler Prozesse in Industrie, Wirtschaft, öffentlicher Verwaltung und Dienste und sind damit essenziell für das Funktionieren und die Souveränität des Digital- und Wirtschaftsstandorts Deutschland.
Eine Strommangellage in der aktuell drohenden Energiekrise, könnte sich negativ auf den Betrieb von Rechenzentren auswirken und damit auch zum Risikofaktor für Anwenderunternehmen werden. Viele Unternehmen befürchten in diesem Kontext negative Folgen für ihre Geschäftstätigkeit und fordern von der Politik, Rechenzentren in bestehende und künftige Notfallpläne im Hinblick auf die drohende Energiekrise miteinzubeziehen.
So das Ergebnis einer aktuellen branchenübergreifenden Umfrage unter IT-Entscheidern in Deutschland, die das Meinungsforschungsinstitut Civey im Auftrag vom Eco – Verband der Internetwirtschaft durchgeführt hat. Befragt wurden rund 1.000 privatwirtschaftliche IT-Entscheider.
Demnach bewerten 75,3 Prozent der Befragten einen möglichen Ausfall von Rechenzentren- oder Cloudangeboten aufgrund einer Strommangellage als problematisch für Ihr Unternehmen. Rund 45 Prozent der Befragten sehen die digitale Geschäftstätigkeit ihres Unternehmens aufgrund gestiegener Strompreise unter anderem auch bei Rechenzentren in Gefahr. Rund 86 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass Betreiber digitaler Infrastrukturen als systemrelevante Infrastruktur in die Notfallpläne der Bundesregierung zu einer drohenden Energiekrise mit einbezogen werden sollten.
„Datacenter und Cloudangebote sind systemrelevant für zahlreiche Anwenderbranchen, darunter E-Health, Automotive, Luft- und Raumfahrt, Banking oder Logistik“, sagt Béla Waldhauser, Sprecher der unter dem Dach des Eco-Verbands gegründeten Allianz zur Stärkung digitaler Infrastrukturen. „Ein Ausfall aufgrund von Strommangellagen oder Schwankungen wäre fatal für einen großen Teil der deutschen Wirtschaft und bedeutet drastische Einschnitte für die Bevölkerung. Digitale Infrastrukturen bilden das Rückgrat der Digitalisierung. Ihren Einfluss auf unser Arbeits- und Sozialleben darf die Bundesregierung nicht unterschätzen und sollte die Betreiber darum unbedingt in ihre Notfallpläne zu einer möglichen Strommangellage einbeziehen.“
Dass sich die aktuellen Energiepreisentwicklungen erheblich auf die stromintensive Rechenzentrumsbranche auswirken, bestätigt eine weitere Umfrage, die der Verband der Internetwirtschaft jüngst unter seinen Mitgliedsunternehmen durchgeführt hat. So stuften insbesondere kleine und mittelständische Betreiber die Entwicklung am Strompreismarkt als kritisch bis sehr kritisch ein – in einigen Fällen sogar als existenzgefährdend.
Weiter bemängelt ein Teil der Unternehmen eine zu geringe Transparenz von Seiten der Energieversorger und Politik. Größere Unternehmen sehen sich hier häufig besser aufgestellt, da sie zumeist über langfristige Verträge als auch interne Ressourcen verfügen, um auch volatile Entwicklungen an den Energiemärkten zu verfolgen und zu analysieren.
Große Player im europäischen Datacenter-Markt fürchten indes, dass Nutzer dauerhaft ins europäische Ausland abwandern. Einige der Befragten Großanbieter geben daher an, die aktuellen Preissteigerungen nicht in voller Höhe an ihre Nutzer weiter reichen zu wollen.
„Die drohende Energiekrise stellt andere EU-Staaten sicher auch vor Herausforderungen – doch in Deutschland sind die Stromkosten aktuell mit Abstand am höchsten“, erklärt Waldhauser. „Die Bundesregierung sollte sich gemeinsam mit der Datacenter- und Cloudbranche zeitnah Möglichkeiten überlegen, um hier Nothaltepunkte zu definieren.“
Als kurzfristige Maßnahme für die Sicherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit regt die Mehrheit der befragten Verbandsmitglieder einen regulierten Industriestrompreis an. Generell wünscht sich eine Vielzahl der Unternehmen, eine Standardisierung und Vereinheitlichung des Energiemarkts.
Mittel- bis langfristig fordern die Datacenter-Betreiber eine deutliche Beschleunigung beim Ausbau regenerativer Energien und der notwendigen Speichertechnologien. Dies schließt auch erleichterte Auflagen bei der Installation von Photovoltaik-Anlagen in den Rechenzentren selbst ein.