Hierzulande wird derzeit über den Einsatz von 5G-Campus-Netzen diskutiert. Dies ist unter anderem an Bedingungen, wie eine verpflichtende Nutzung inklusive Netzaufbau und das Einhalten des störungsfreien Betriebs an Frequenzgrenzen, geknüpft. Andere Länder warten den deutschen Weg ab.
Heutige Industrienetze arbeiten in der Regel auf Basis der WiFi-Technologie. Ein Ersatz oder eine Ergänzung der bestehenden Infrastruktur um Mobilfunktechnologien hätte daher entsprechende Investitionen zur Folge. Eine lokale Frequenz kann dann beantragt werden, wenn es sich bei dem entsprechenden Areal um das Eigentum einer Person oder einer Firma handelt. Auch langlaufende Mietverträge können bei Einverständnis des Vermieters berücksichtigt werden. Das zu erwerbende Spektrum liegt im Bereich 3.700 bis 3.800 MHz, womit es sich im oberen Frequenzbereich befindet. Im Vergleich zum heutigen öffentlichen Spektrum ist die Reichweite der Infrastruktur entsprechend begrenzt. Im öffentlichen Bereich sind zukünftig weitere Frequenzen zu vergeben, die bereits vorhanden oder geplant sind.
Je nach angedachten Use Cases des Campus-Betreibers gehen unterschiedliche Frequenzen mit Stärken oder Schwächen einher. Generell lässt sich sagen, dass sehr hohe Frequenzen zwar eine geringe Reichweite aufweisen, dafür aber eine hohe Kapazität bereitstellen können (siehe Darstellung rechts oben, Seite 43). Insbesondere die vielfach diskutierten autonom fahrenden Fahrzeuge können ihre Mobilitätsanforderung qualitativ besser im unteren Frequenzspektrum erhalten. Der zweistellige Gigahertz-Bereich wird hingegen eher im unmittelbaren Nahbereich genutzt.
In vielen Anwendungen sind heutzutage Lösungen im neuen WLAN-Standard Wifi 6 ausreichend, in Bezug auf zukünftige Entwicklungen mag dies jedoch nicht mehr genügen. Die Charakteristik eines 5G-basierten Netzes bringt signifikante Vorteile mit sich, die neue Chancen ermöglichen. So ist im Vergleich zum derzeitigen 4G- und auch zum WiFi-Netz die Performance deutlich höher. Auf einem privaten Gelände darf einer dedizierten Nutzung für Maschinen oder Endgeräte zugesagt werden. Die Maschine, das Fahrzeug oder der Roboter kann also eine höhere Priorität erhalten als das normale Endgerät. Dies sieht im öffentlichen Bereich aufgrund der Netzneutralität anders aus.
Ein weiterer wesentlicher Vorteil des 5G-Netzes ist die deutlich höhere Densität der zu erreichenden Endgeräte. Bei einer Million zu verbindenden Geräten auf einem Quadratkilometer können so Produktionseinrichtungen und -abläufe anders gestaltet werden. Neben der hohen, in der Industrie sehr wichtigen Zuverlässigkeit wird auch die Latenz deutlich verringert. Im Zusammenspiel mit einer Cloud-Plattform auf dem Gelände können Latenzen im Millisekunden-Bereich erreicht werden. Für Use Cases wie Augmented und Virtual Reality oder Fahrzeugsteuerung sind diese enorm relevant. Ein Campus-Netz allein auf die 5G-Konnektivität zu beschränken, reicht nicht aus, um einen Nutzen zu erhalten. Erst die Ende-zu-Ende-Betrachtung einer Plattform auf Basis der Konnektivität sowie ein relevanter Use Case verändern die Wertschöpfung.
Grundsätzlich kann die Konnektivität durch den Campus-Betreiber aufgebaut, oder aber über klassische Anbieter hinzugekauft werden. Oft ist die Cloud-Plattform bereits vorhanden. Sie kann prinzipiell integriert, muss jedoch gegebenenfalls erweitert werden. Die Cloud-Plattform liegt oft auf dem Campus, kann aber auch durch ein Telekommunikationsnetz oder durch eine öffentliche Cloud-Umgebung bereitgestellt werden. Die wesentlichen Treiber dürften dabei die Service- oder spezifische Sicherheitsanforderungen seitens des Campus-Betreibers sein.
Bevor eine private Lizenz beantragt wird, sollte die grundsätzliche Konnektivitätsfrage beantwortet werden: Bei 5G-Netzen ist ein rein privates Netz eine Option. Dies ist am einfachsten und kann grundsätzlich von klassischen Herstellern eingekauft werden. Da die Komponenten in der Regel nicht zu den vor Ort ansässigen Betreiberstrukturen passen, ist es in diesem Fall notwendig, ein Betriebskonzept zu erstellen. Den Betrieb kann der Betreiber entweder selbst durchführen oder outsourcen. Bei reiner Nutzung der lokalen Frequenzen ist er dann auf die 100 MHz zwischen 3.700 und 3.800 MHz angewiesen.
Im Vergleich dazu sind auch betreiberspezifische Lösungen verfügbar. Diese besitzen in der Regel weitere Frequenzen und stellen zumeist eine Konnektivitätslösung bereit, teilweise in Ergänzung mit cloudbasierten Lösungen und Applikationen. Ein wichtiger Unterschied ist das Potenzial, weitere Frequenzen zu nutzen und entsprechend einen Use Case auf einer optimalen Frequenz bedienen zu können. Im Falle einer entsprechenden Lösung ist der Betrieb in der Regel sichergestellt, die bereitgestellten KPIs und Service Level Agreements gilt es jedoch zu verhandeln. Meist ist die Hardware in diesem Fall Eigentum des Betreibers, der sie über ein Fiber-Kabel mit dem Mobilfunknetz verbindet. Letzteres kann bei der Bereitstellung Zeit in Anspruch nehmen. Eine Betreiberlösung bietet zumeist eine garantierte Bandbreite für die Nutzung spezifischer Anforderungen. Daneben kann ein öffentlicher Zugang bereitgestellt werden und auch die Option eines lokalen Breakouts lässt sich eingekaufen. In diesem Fall werden zu definierende Daten direkt vor Ort abgeführt und zu einer lokalen Cloud weitergeleitet, um direkt und latenzoptimiert bearbeitet zu werden. Ohne diese Option kann der Verkehr nur über öffentliche Netze geroutet werden, um im Telekommunikationsnetz oder in einer öffentlichen Cloud terminiert zu werden. Daraus ergeben sich Qualitätsnachteile insbesondere in der Latenz.
In der Praxis wird oft zunächst eine sogenannte „Private only“-Lösung angefordert. In diesem Fall genügt die bereits skizzierte lokale Frequenz. Die Architektur kann dabei verschlankt werden. Dies reicht vollkommen aus, um kleinere Services zu exekutieren oder um in einer Testphase zu prüfen, inwieweit die neuen Funktionaltäten ausreichend gut neue Chancen aufzeigen können. In einer solchen Umgebung funktionieren dann allerdings lediglich lokal genutzte mobile Geräte.