Mobilfunk und IoT

5G wird gefeiert – allerdings etwas vorschnell

27. März 2019, 9:24 Uhr | Autor: Tillmann Braun / Redaktion: Diana Künstler
"Welcome to the era of intelligent connectivity" verspricht Samsung mit seinem 5G-fähigen Galaxy S10+ auf dem diesjährigen MWC in Barcelona. Doch bis es für den Endkonsumenten soweit ist, wird es hierzulande noch etwas dauern. Trotz neuer 5G-Endgeräte sind die bisherigen Standards weiterhin unersetzlich - besonders im IoT-Umfeld.
© Tillmann Braun

Vor dem Hintergrund der aktuell laufenden Frequenzauktion wird der kommende Mobilfunkstandard heiß diskutiert. Dabei ist längst noch nicht klar, wie genau die Zukunft von 5G aussehen wird. Und so dürften gerade im Business- und IoT-Bereich die bisherigen Standards noch eine Weile den Ton angeben.

Die Hannover Messe präsentiert die 5G Arena. Und auch rund um den Mobile World Congress war 5G das dominierende Thema: Hier wurden gleich mehrere neue Endgeräte präsentiert, die bereits heute den zukünftigen 5G/Standard unterstützen. Dabei ist längst noch nicht klar, wie genau die Zukunft von 5G aussehen wird. Wichtige Fragen sind weiterhin ungeklärt. Und so dürften gerade im Business- und IoT-Bereich die bisherigen Standards noch eine ganze Weile den Ton angeben.

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MWC 2019, Huawei Mate X
Run auf das Huawei Mate X auf dem Mobile World Congress 2019. Es ist Huaweis erstes 5G-fähiges Endgerät.
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Kurz vor dem Start des Mobile World Congress stellte Huawei mit dem Mate X sein erstes 5G-fähiges Endgerät vor. Zu diesem Zeitpunkt hatte Samsung in San Francisco bereits das Galaxy S10 5G präsentiert. Anbieter wie Motorola Mobile, ZTE und OnePlus zeigten dann auf dem MWC weitere Endkunden-Lösungen für den 5G-Standard. Der tatsächliche Marktstart soll mitunter bereits im Sommer stattfinden. Zudem ließ die Tatsache, dass Vodafone im Vorfeld des MWC erfolgreich ein 5G-Mobilfunknetz in Barcelona getestet hatte, viele Messeteilnehmer bereits von einem baldigen Start des superschnellen Mobilfunkstandards träumen.

Endkunden wollen nicht mehr Geld für 5G zahlen
Doch trotz der positiven Entwicklung gibt man selbst bei Vodafone unumwunden zu, dass 5G noch weit davon entfernt ist, der alles dominierende Standard zu werden. Vodafone-Deutschlandchef Hannes Ametsreiter betont sogar, dass 5G keine Technologie für Sprachtelefonate sei. Die erforderlichen Standards für Telefongespräche über 5G müssten erst noch entwickelt und verabschiedet werden. Die Hoffnungen der Branche, möglichst bald die hohen Investitionen in die neue Technologie wieder wett zu machen, beruhen also in erster Linie auf den Möglichkeiten rund um die Datenübertragung per 5G. Normale Endanwender werden hier allerdings wohl nicht für den zusätzlichen Umsatz sorgen, der die Milliarden-Investitionen rechtfertigen würde. Jedenfalls nicht in Deutschland. Wie eine aktuelle Bitkom-Umfrage zeigt, sind vier von zehn Deutschen nicht willens, für die Nutzung von 5G mehr Geld zu bezahlen. Und auch ein Großteil der restlichen Umfrageteilnehmer zeigte sich nicht bereit, mehr als ein paar Euro im Monat oben drauf zu zahlen, um mitunter das Hundertfache an Übertragungsgeschwindigkeit genießen zu dürfen.

Andreas Hopf, Telegärtner Elektronik
Andreas Hopf, Betriebsleiter bei Telegärtner Elektronik: “Sicher ist , dass die bisherigen Standards für den absoluten Großteil aller Mobilfunk-basierten IoT-Anwendungen weiterhin unverzichtbar sein werden.”
© Telegärtner Elektronik

Noch ist völlig unklar, wie neue Geschäftsmodelle rund um 5G aussehen könnten
Die Hoffnungen, 5G möglichst schnell rentabel werden zu lassen, ruhen somit in erster Linie auf der Digitalisierung. Im Internet of Things (IoT) beziehungsweise Internet of Everything (IoE) gilt es schließlich, Milliarden von Geräten und Prozessen zu vernetzten – und das häufig in Echtzeit. Nicht nur Ametsreiter glaubt fest daran, dass 5G viele neue Geschäftsmodelle ermöglichen wird. Doch wie diese Dienste aussehen werden und welche Umsätze die Branche damit einmal erzielen wird, das kann laut dem Vodafone-Chef noch keiner verlässlich vorhersagen. Der Bundesnetzagentur zufolge wird es allerdings 25 Milliarden Euro an Investitionen kosten, um in sechs Jahren 98 Prozent der Bevölkerung in Deutschland adäquat mit 5G versorgen zu können – 25 Milliarden Euro pro Netzbetreiber, wohlgemerkt.

Derzeitige Standards werden weiterhin eine wichtige Rolle einnehmen
Die entsprechende Lizenzvergabe in Deutschland hat sich bereits verzögert. Die vorgegebenen Regeln für die Vergabe der 5G-Frequenzen sorgen derzeit für allerlei juristischen Streit. Wie es weitergeht und wann die nächsten wichtigen Schritte tatsächlich vollzogen werden können, ist noch unklar. „Sicher ist allerdings, dass die bisherigen Standards für den absoluten Großteil aller Mobilfunk-basierten IoT-Anwendungen weiterhin unverzichtbar sein werden“, sagt Andreas Hopf, Betriebsleiter bei Telegärtner Elektronik. Schließlich sei nur in den allerseltensten Fällen eine Bandbreite erforderlich, die nicht mit bisherigen Technologien leicht abgedeckt werden könne. Bei genauer Betrachtung komme es auch bei „Echtzeit“-Übertragung fast nie auf Bruchteile von Sekunden an. „Die meisten IoT-Lösungen nutzen heute ja auch nicht den schnellsten verfügbaren Standard, sondern häufig sogar GSM, da GSM in vielen Fällen völlig ausreicht. Für die meisten Unternehmen gibt es also keinen Grund, auf 5G zu warten“, betont Andreas Hopf.

Das Warten auf die vermeintlich baldige Einführung eines Super-Standards, der quasi alle Probleme über Nacht löst, könnte letztlich sogar dazu führen, dass wichtige Entscheidungen zu lange aufgeschoben werden. Während auf dem MWC also die ersten 5G-fähigen Smartphones vorgestellt werden, arbeiten clevere Unternehmen mit den Standards, die ihnen bereits heute echte Vorteile bei der Digitalisierung bieten.

Tillmann Braun ist Fachjournalist mit Sitz in Haiterbach


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