Die Versteigerungen der 5G-Lizenzen haben mehr Geld eingebracht als erwartet. Das klingt zunächst gut. Doch letztlich könnten die hohen Summen dazu führen, dass Deutschland bei 5G im Vergleich zu anderen Nationen wieder hinterherhinkt.
Allein in der ersten Auktionsphase hatten die Deutsche Telekom, Vodafone, Telefónica und Neuling Drillisch zusammen rund 5,4 Milliarden Euro für 5G-Frequenzen ausgegeben. Damit wurden die Prognosen schon vor dem Ende der Versteigerungen übertroffen. Nun ist die Auktion nach zwölf Wochen zu Ende gegangen und es steht fest: Die längste Auktion von deutschen Mobilfunkfrequenzen spült dem Bund deutlich mehr Geld in die Kassen als angenommen: Die vier Provider bezahlen für die 5G/Frequenzblöcke insgesamt 6,55 Milliarden Euro, wie die Bundesnetzagentur mitteilte. Experten waren zuvor davon ausgegangen, dass die vier Anbieter insgesamt zwischen drei bis fünf Milliarden Euro für die Lizenzrechte bieten würden.
Während sich Teile der Bundesregierung über die Mehreinnahmen freuen dürften, könnte der unerwartete Geldregen allerdings auch zu Problemen führen. Schließlich müssen die vier Telekommunikationsunternehmen nun höhere Kosten stemmen. Je mehr Geld für die Frequenzen ausgegeben werden muss, desto weniger Geld steht für den Auf- und Ausbau der Infrastruktur zur Verfügung.
Wozu das führen kann, lässt sich an den Auktionen der UMTS-Frequenzen erkennen. Damals, im Jahr 2000, überboten sich die Anbieter gegenseitig und gaben so rund 50 Milliarden Euro aus, bevor auch nur der erste Sendemast aufgestellt war. Entsprechend langsam fiel bei den anschließend leeren Kassen der Ausbau des eigentlichen Netzes aus, das selbst heute noch nicht flächendeckend funktioniert. Die Tatsache, dass deutsche Verbraucher weiterhin mitunter deutlich höhere Mobilfunkgebühren zahlen als ihre europäischen Nachbarn, lässt sich so teils ebenfalls erklären.
Kritik an 5G-Versteigerung nimmt zu
Vor allem in der Opposition wird deshalb nun Kritik laut. Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion und Mitglied im Beirat der Bundesnetzagentur, kritisierte gegenüber dem Deutschlandfunk das Vorgehen bei der 5G-Versteigerung deutlich. Der Staat sollte kein Geld oder nur wenig Geld nehmen für die Frequenzblöcke, die Vergabe allerdings an schärfere Auflagen verknüpfen für die Mobilfunkkonzerne, so seine Forderung. Durch die hohen Kosten bei der Frequenzvergabe seien die Konzerne nun in ihren Möglichkeiten begrenzt, umfassend zu investieren. Zudem rechnet Houben vor, dass die mit der Ersteigerung von Frequenzen einhergehenden Ausbaupflichten zu vielen Funklöchern in Deutschland führen würden. Bis Ende 2022 sollen laut den derzeitigen Vorgaben mindestens 98 Prozent der Haushalte mit schnellem mobilem Internet versorgt werden. Damit wären dann letztlich allerdings nur 80 bis 90 Prozent der Fläche in Deutschland abgedeckt. „Sich an Haushalten zu orientieren, war ein Denkfehler“, bemängelt Reinhard Houben.
Experten sehen Nachteile für den Wirtschaftsstandort Deutschland
Auch Torsten Maier, Geschäftsführer bei Mobilfunkspezialisten Stellaneo, befürchtet, dass zu hohe Kosten dazu führen könnten, dass Deutschland beim Thema 5G auf internationaler Ebene den Anschluss verpasst. „Für die meisten Business-Anwendungen wie auch für den Großteil der Verbraucher werden die bisherigen Mobilfunkstandards weiterhin völlig ausreichen – und dennoch ist 5G für Deutschland überaus wichtig“, betont Torsten Maier. „Der Wirtschaftsstandort Deutschland wird darauf angewiesen sein, dass Schlüsseltechnologien wie die Digitalisierung, Industrie 4.0 und auch autonomes Fahren auf 5G zurückgreifen können, wo beispielsweise Übertragungen in Echtzeit erforderlich sind. Fehlt den Anbietern das Geld für wichtige Investitionen, weil die Frequenzen teurer waren als geplant, dürfte das den Aufbau der notwendigen Infrastruktur behindern“, gibt der Experte zu bedenken.
Nicht nur Verbraucherschützer fürchten zudem, dass die hohen Kosten für die Ersteigerung der Frequenzen teils auf die Kunden abgewälzt werden dürften. Ein weiterer möglicher Effekt ist, dass sich die Anbieter gezwungen sehen, andernorts Kosten zu sparen, und dadurch am Ende sogar Stellen abgebaut werden.
Dass die unerwartet hohen Einnahmen bei der Frequenzversteigerung nicht nur gute Nachrichten sind, hat man offenbar auch in Teilen der Regierung bemerkt. Unter anderem hat Kanzleramtschef Helge Braun sich mittlerweile dafür ausgesprochen, dass sich der Staat notfalls beim Aufstellen von Funkmasten beteiligen oder zumindest die Förderung für eine bessere Netzabdeckung weiter verbessern sollte. Ein Fiasko wie bei der Einführung von UMTS, so scheint man sich einig zu sein, muss auf jeden Fall verhindert werden.