Kremlsprecher Dmitri Peskow spricht von einem Schlag gegen die russische Wirtschaft, betont aber: „Sie wird auf den Beinen stehen bleiben.“ Moskau verweist immer wieder auf die hohen Rücklagen, die die ganze Krise auffangen sollen. Auch auf eine höhere Arbeitslosigkeit sei der Kreml vorbereitet.
Die Menschen in Russland bekommen die Krise zu spüren. Die Preise steigen. „In den Supermärkten werden Etiketten neu geklebt, weil sich Waren massiv verteuern“, sagt der Chef der Deutsch-Russischen Auslandshandelskammer, Matthias Schepp. „Und viele Russen kaufen auch noch rasch Technik ein, bevor die Preise steigen und der Kursverlust des Rubels noch größer wird.“
Im Moskauer Luxuskaufhaus GUM kommen die Beschäftigten mit dem Neuauspreisen nicht hinterher. Sie haben überall einfach Zettel hingelegt, dass die ausgewiesenen Preise etwa in der Juwelierabteilung nicht mehr gelten und neu berechnet werden müssen. „Es ist schwer, noch an Bargeld zu kommen. Unsere Geldkarten funktionieren schon an vielen Automaten nicht mehr“, sagt Schepp.
Viele Unternehmen halten an ihrem Russland-Geschäft fest, wenn auch unter erschwerten Bedingungen. Volkswagen etwa erwägt derzeit keinen Rückzug. Bayer will dort weiter Saatgut, Pflanzenschutzmittel und Arzneimittel verkaufen. Briefe und Pakete können weiter mit Deutscher Post/DHL nach Russland geschickt werden. Der Agartechnikhersteller Claas will weiter Mähdrescher und Großtraktoren in Krasnodar bauen. Auch die Großhandelskette Metro bleibt.
Die Unternehmen betonten jeweils die große Bedeutung ihrer Produkte für die Russen. „Wir empfinden auch eine Verantwortung für unsere mehr als 10.000 Mitarbeiter in Russland, die keine persönliche Verantwortung für die Aggression gegen die Ukraine tragen“, sagt ein Metro-Sprecher.
Doch den Trend raus aus Russland hat der Krieg beschleunigt. Eine Neuausrichtung läuft. Andere Märkte werden gebraucht. Erst wenige Stunden vor der Invasion hatte Industriepräsident Siegfried Russwurm den Blick Richtung Nordamerika gelenkt. „Eine starke transatlantische Partnerschaft ist wichtiger denn je“, erklärte er in seiner Funktion als Vorsitzender der Transatlantic Business Initiative. Es gehe nicht nur darum, die Handelsbeziehungen zu festigen, „sondern um weltweit unsere Vorstellungen für erfolgreiches Wirtschaften zu stärken gegenüber staatlich gelenkten, nicht-marktwirtschaftlichen Strategien“.