Interview mit Pegasystems

Letzten Endes zahlt der Kunde für die Investitionen

14. Juni 2019, 13:39 Uhr |

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

"Kauferfahrung und der Service spielen eine sehr große Rolle"

funkschau: Wie ändert sich die Wettbewerbssituation mit der Teilnahme von 1&1?

Carney: Der Einstieg von 1&1 als Mobilfunkunternehmen ist mutig und das Wachstum des Mutterkonzerns United Internet spricht für sich selbst. Ein gewaltiger Schritt für 1&1. Als Neuankömmling muss 1&1 in das Netz und alle dazugehörigen Systeme investieren. Das hat jedoch einen Vorteil – das Unternehmen kann unvorbelastet in den Markt einsteigen, ohne die Probleme und Altlasten, die die anderen Anbieter haben. Der Wettbewerb wird zudem verschärft, es wird aber nicht automatisch zu einer Verbesserung der Flächenabdeckung führen.
Der Erfolg hängt von der Frage ab, wie 1&1 die Fähigkeiten erwerben kann, ein Mobilfunknetzwerkausbau und -betrieb in ausreichender Qualität zu stämmen. In Sachen Marketing und Vertrieb ist das Unternhemen sicherlich gut im Rennen. Andererseits würde es mich nicht wundern, wenn 1&1 mit erworbenen Lizenzen mit anderen Netzbetreibern Verhandlungsspielraum erzielt, zum Beispiel um Netzwerkinfrastrukturen zu teilen, wie es bereits heute als MVNO (Mobile Virtual Network Operator) macht. Eines der Kernfragen, die immer wieder in Führungskreisen der Kommunikationsanbieter kursiert, ist die Frage, ob ein Anbieter sich positiv vom Wettbewerb abgrenzen kann ohne über eigene Netzwerke zu verfügen, wie es zum Beispiel 1&1 macht. Tatsächlich ist die Kundenerfahrung und -zufriedenheit nicht alleine auf die Netzwerkqualität oder -dichte zurückzuführen. Da spielen die Kauferfahrung und der Service eine sehr große Rolle.

funkschau: Welche Bedeutung kommt National Roaming zu?

Carney: Die Anbieter sind nicht zu National Roaming in den 5G-Vergaberegeln verpflichtet worden. Das Anliegen der Konsumenten und Politiker ist klar – man möchte Funklöcher reduzieren. Dies ist jedoch nicht durch 5G zu erreichen, da die Frequenzen auf eine hohe Bandbreite und kurze Distanz angelegt sind. Gleichzeitig wollen Netzwerkanbieter nicht, die bereits große Investitionen getätigt haben, dass andere Anbieter davon profitieren. Sie halten auch daran fest, dass das Netzwerk – sprich Qualität und Abdeckung – die großen Wettbewerbsvorteile bleiben bestehen. Dabei wird oft vergessen, dass das Kundenerlebnis und die Kundenzufriedenheit durchaus umfassender sind. Hier ist die Kauf- und Service-Erfahrung für Konsumenten sogar manchmal wichtiger. Diese ist durch die Investitionsmodelle der Anbieter und der Lizenzbedingungen zwangsläufig bedingt. National Roaming würde meiner Meinung nach aufgrund folgender Herausforderungen nicht zu einer besseren Flächenabdeckung führen:

Erstens werden Anbieter – auch die neuen – durch die sehr hohen Lizenzkosten bevorzugt und zielgerichtet in den Ballungsräumen und an Orten, an denen ein großer Bedarf besteht, die Flächenabdeckung ausbauen, um möglichst schnell viele Kunden zu gewinnen.

Zweitens ist die Versorgungsauflage auf eine prozentuale Abdeckung der Haushälte und Autobahnen und nicht auf die Fläche des Landes bezogen.

Drittens haben es Netzwerkanbieter nicht immer geschafft, ihre Netzwerke in einer ausreichenden Qualität auszubauen und bedienen sich nicht immer am neuesten Stand der Technik bezüglich Prozessautomatisierung, Netzwerkplanung und Optimierung. Insgesamt gibt es noch viele händische Prozesse, die fehlerbehaftet sind, und es ist schwer, mit Abweichungen umzugehen. Die Prozesse orientieren sich auch größtenteils am Anbieter und nicht an den Kunden.

funkschau: Wie schätzen Sie das Ergebnis der Auktion ein? Was bedeutet dies für den Markt?

Carney: Mit 6,6 Milliarden Euro Erlös wurden die Erwartungen übertroffen. Die Marktbedeutung sehe ich aus Sicht der Kommunikationsanbieter: je höher die Lizenzinvestition, desto mehr Kostendruck auf die Netzwerkinvestition. Diese hohen Investitionen müssen letzen Endes von den Kunden bezahlt werden.

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