Oberschwingungen in elektrischen Versorgungsnetzen – Entstehung, Folgen und wie damit umgehen?
Der Artikel beantwortet unter anderem folgende Fragen:
Die Netzqualität ist ein guter Indikator für den Zustand eines industriellen 3-phasigen elektrischen Systems. Dies kann viele Probleme verursachen, nicht zuletzt das Risiko von Geräteschäden und Energieverschwendung, wenn der Energieeinsatz nicht optimiert wird. Eines der Hauptprobleme, die angegangen werden müssen, um eine maximale Effizienz in den Versorgungssystemen eines Unternehmens zu gewährleisten, sind Oberschwingungen. Diese Verzerrungen entstehen durch Schwankungen in der Wellenform von Spannung oder Strom.
Etwa 40 Länder arbeiten mit einer Netzgrundfrequenz von 60 Hz, die übrigen mit 50 Hz, wie es in Europa der Fall ist. Unabhängig vom verwendeten System sind Oberschwingungen ein Ärgernis und können zu überhitzten Neutralleitern, Motorwicklungen und Transformatoren führen.
Normalerweise haben die Spannungen und Ströme in einem Stromnetz eine „perfekte“ sinusförmige Wellenform mit einer Frequenz von 50 Hz (60 Hz in den USA, der Karibik, Saudi-Arabien und einigen anderen Ländern). Diese 50 Hz sind die einzige harmonische Komponente, aus der sich die Wellenform zusammensetzt. Sobald diese Wellenform verzerrt ist, sind weitere Oberschwingungen in der Wellenform des Stroms enthalten.
Diese Harmonischen haben eine Frequenz gleich der Grundfrequenz multipliziert mit einer ungeraden ganzen Zahl. So hat zum Beispiel die dritte Oberwelle eine Frequenz von 150 Hz und so weiter bis zur 50. Oberwelle. Hauptursache für diese Verzerrung der Wellenform sind an das Stromnetz angeschlossene Lasten wie frequenzgeregelte Antriebe, PC-Netzteile und LED-Beleuchtung. Diese Lasten verzerren den Strom, und je nach Qualität der Netzverkabelung können sie auch die Spannungswellenform verzerren. Frequenzgeregelte Antriebe werden in der Industrie immer häufiger eingesetzt, um die Drehzahl eines Elektromotors zu regeln, der zum Beispiel eine Pumpe, einen Ventilator oder einen Kompressor antreibt.
Die gesamte harmonische Verzerrung (THD; Total Harmonic Distortion) drückt die Gesamtheit der in einem elektrischen Netz vorhandenen harmonischen Komponenten als Prozentsatz der 50Hz-Komponente aus. Je höher dieser Prozentsatz ist, desto größer ist die Anzahl der Oberschwingungen. Diese Zahl zeigt also auf einen Blick, wie viele Oberschwingungen vorhanden sind. Dieser THD-Wert lässt sich für Spannungsoberschwingungen und Stromoberschwingungen berechnen.
Als Faustregel gilt, dass die Spannungsoberschwingungen nie mehr als 8 Prozent ausmachen sollten. Wird dieser Wert überschritten, muss der prozentuale Anteil jeder einzelnen Oberschwingung mit einem Messgerät überprüft werden. Dieses zeigt dem Betreiber das Oberschwingungsspektrum an – meist in Form einer Grafik.
Es gibt zwei bewährte Methoden, um Oberschwingungen in Stromnetzen zu reduzieren. Beide haben jedoch ihre Nachteile und können kostspielig sein. Die erste ist der Einsatz von Filtern, die zweite der Ersatz des Transformators durch einen mit hohem K-Faktor, der die Verzerrungen handhaben kann. |
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Einsatz von Filtern
Abhängig davon, was die harmonische Verzerrung verursacht, können Filter viele Vorteile bieten. Es ist aber wichtig, Untersuchungen zu Oberschwingungen an allen Geräten durchzuführen, die an ein System angeschlossen sind, um die spezifische(n) Quelle(n) der Verzerrung lokalisieren. Der erste Bereich, der auf den höchsten Klirrfaktor (THD-Wert) untersucht werden sollte, sind die größten elektronischen Antriebe, das heißt die Geräte, die den höchsten Strom aufnehmen. Dazu gehören in der Regel Hochleistungsantriebe mit variabler Frequenz. Nach bewährter Praxis sollten so viele Oberschwingungsdaten wie möglich über mehrere Tage hinweg gesammelt werden, um ein Bild davon zu erhalten, wie sich die THD-Werte mit den Prozessen dieser Branche verändern. Dies zeigt auf, wo und wann die Spitzenwerte auftreten. Anhand dieser Informationen kann ein Filterhersteller die beste Lösung empfehlen.
Ersatz des Transformators
In Wirklichkeit sind es meist nur ein paar Geräte, die Verzerrungsprobleme verursachen – aber in einem größeren System können diese Werte erheblich höher sein. Die zweite Option, der Austausch eines Transformators, ist mit einem größeren Aufwand verbunden, obwohl auch hier Oberschwingungsmessungen erforderlich wären, um den K-Faktor zu ermitteln. Der K-Faktor bezieht sich auf die Erwärmungseffekte der Oberschwingungen und kann mit einem geeigneten Messgerät berechnet werden. Die heutigen Netzqualitätsanalysatoren berechnen den K-Faktor oft automatisch. Da mit K-Faktor spezifizierte Transformatoren jedoch deutlich teurer sind als Standardtransformatoren und der Austausch eines K-Faktor-Transformators kostspielig und umständlich sein kann, kommt es darauf an, die Ausfallzeiten zu minimieren. Dennoch kann dies manchmal die einzige Lösung sein.
Das oben beschriebene Szenario unterstreicht die Bedeutung von Messungen, denn nur wenn ein Benutzer ein vollständiges Bild vom Zustand der Netzqualität eines Systems hat, kann er das Beste aus seinen Geräten herausholen und gleichzeitig sicherstellen, dass der Energieverbrauch auf einem optimalen Niveau bleibt.
Ein wesentlicher Bestandteil eines jeden routinemäßigen Wartungsplans sollte die Durchführung regelmäßiger Messungen und Untersuchungen der Netzqualität sein. Diese Maßnahmen ermöglichen den Nutzern, etwaige Veränderungen festzustellen, um auf mögliche Probleme aufmerksam zu machen und sie zu beheben, bevor sie auftreten. Wie oft diese Untersuchungen stattfinden – monatlich, vierteljährlich, halbjährlich oder jährlich – bleibt in der Regel dem Benutzer überlassen. Zu beachten ist aber, dass je höher die Anforderungen des Benutzers an die Zuverlässigkeit des Systems sind, desto häufiger sollte eine Untersuchung erfolgen. Durch die Erhebung genauer Daten im Rahmen einer Netzqualitätsuntersuchung können die Nutzer die vollständige Kontrolle über ihre elektrischen Systeme erlangen und sicherstellen, dass diese effizient arbeiten und alle elektrischen Geräte im System eine möglichst lange Lebensdauer haben.
Bei der Auswahl der Messorte muss sorgfältig vorgegangen und jedes Mal derselbe Ort gewählt werden. Kritische Punkte im Netz sind zu identifizieren, an denen Geräte möglicherweise empfindlicher sind und Probleme verursachen können. Die Erfahrung derjenigen, die die Geräte betreiben, kann in dieser Hinsicht von unschätzbarem Wert sein. Denn sie haben oft den besten Einblick in die Stellen, an denen Probleme auftreten könnten – sie wissen besser als jeder andere, was auf ihrer Ebene geschieht. Wichtig ist auch, Trends zu überwachen und sicherzustellen, dass Gleiches mit Gleichem verglichen wird, um wirklich nützliche Daten zu erhalten. Gleichzeitig sollten alle historischen Daten gespeichert und alle Änderungen oder Umstellungen sorgfältig aufgezeichnet werden, einschließlich der Aktualisierung aller elektrischen Schaltpläne.
Schließlich sollten Messungen vorgenommen und die Ergebnisse über mehrere Tage hinweg protokolliert werden, denn eine einzige Momentaufnahme über 24 Stunden zeigt nur, was zu diesem Zeitpunkt geschieht. Der Betrieb der Geräte kann in diesem Zeitraum konstant bleiben, sich dann aber in den folgenden 24 Stunden ändern. Es ist daher ratsam, eine Untersuchung der Netzqualität über mehrere Tage durchzuführen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass Verzerrungen, die durch Spannungs- oder Stromschwankungen verursacht werden, in einem industriellen Drehstrom-System erhebliche Probleme verursachen können. Eine Überprüfung des Oberwellen-Verhaltens kann daher helfen, viele Probleme zu vermeiden. Niemand möchte mehr Energie als nötig verbrauchen oder riskieren, dass teure und lebenswichtige Geräte beschädigt werden. Beginnen Sie also jetzt mit der Planung zur Untersuchung der Netzqualität und halten Sie Oberschwingungen unter Kontrolle.