Abseits vom Stromnetz

Stromversorgung im Rechenzentrum mit Brennstoffzellen

1. April 2022, 11:00 Uhr | Lukas Steiglechner
Solidpower, Rechenzentrum
Das Forschungsinstitut RISE hat im Schwedischen Luleå ein Edge-Rechenzentrum eingerichtet, das dezentral mit Strom aus BLUEGEN Brennstoffzellen von SOLIDpower betrieben wird.
© Solidpower

Ein neues Forschungsprojekt des schwedischen Forschungsinstituts RISE will eine nachhaltige und unabhängige Stromversorgung von Rechenzentren untersuchen. Dafür soll ein Edge-Rechenzentrum mithilfe von Brennstoffzellen mit Energie versorgt werden.

Das schwedische Forschungsinstitut Research Institute of Sweden (RISE) hat ein Edge-Rechenzentrum eingerichtet, das mit Brennstoffzellen betrieben wird. Das Rechenzentrum in Luleå, im nordschwedischen Lappland, bezieht seinen Strom nicht vom öffentlichen Netz, sondern verfügt über eine unabhängige und nachhaltige Versorgung durch „Bluegen“-Brennstoffzellen von Solidpower.

Rechenzentren zeichnen sich durch einen besonders hohen Strombedarf aus. In Deutschland etwa wird der jährliche Strombedarf aller Rechenzentren auf insgesamt etwa 16 Millionen Kilowattstunden geschätzt. Da die Digitalisierung gleichzeitig wesentlich für den Fortschritt technischer Entwicklung ist, wird eine möglichst effiziente und nachhaltige Bereitstellung der benötigten Energie immer wichtiger.

Eine Festoxid-Brennstoffzelle (Solid Oxide Fuel Cells, SOFC) erzeugt unabhängig von den klimatischen Bedingungen und externen Einflüssen durch eine elektrochemische Reaktion kontinuierlich Strom. Das ist entscheidend für den konstanten Energiebedarf eines Rechenzentrums und ein wesentlicher Unterschied zum Beispiel zur Stromgewinnung durch Photovoltaik. Brennstoffzellen arbeiten unabhängig vom Wetter zuverlässig und hocheffizient. Der „Bluegen“ von Solidpower ist ein Mikro-KWK-System (Kraft-Wärme-Kopplung) für den europäischen Markt, das über einen hohen elektrischen Wirkungsgrad von bis zu 57 Prozent verfügt. Jon Summers, Forschungsleiter bei RISE, sieht dabei noch weitere Vorteile der Technologie: „Die bei der Stromerzeugung entstehende überschüssige Wärme soll zurückgewonnen und in ein bestehendes Fernwärmenetz eingespeist werden, während der erzeugte Strom für das Rechenzentrum selbst verwendet wird. Damit starten wir ein innovatives Abwärme-Rückgewinnungs-Experiment, das repräsentativ für weitere Anlagen dieser Art sein kann.“

SOFC nutzen für die Stromerzeugung eine elektrochemische Reaktion zwischen Sauerstoff und Wasserstoff. Als Brennstoff kann Erdgas verwendet werden, dem der für den elektrochemischen Prozess benötigte Wasserstoff entzogen wird. Das RISE-Rechenzentrum nutzt dafür Biogas des lokalen Produzenten Nordicgas. Das verbrauchte Biogas wird dabei nicht verbrannt, sondern von den Brennstoffzellen in Strom und Wärme umgewandelt. Zwar fallen bei diesem Prozess auch CO2-Emissionen an, aber im Vergleich zum Bezug von Strom aus dem europäischen Netz sinken die Emissionen um mehr als die Hälfte. Damit leisten Brennstoffzellen einen wichtigen Beitrag zur Energiewende. Summers weist auf einen weiteren nicht unerheblichen Aspekt hin: „Wir kombinieren in diesem Experiment eine Flüssigkühlung mit Brennstoffzellen. Das heißt, wir kommen komplett ohne Ventilatoren aus, die in anderen Konstellationen für Lärm verantwortlich wären. So kann diese Containerlösung auch an geräuschsensiblen Orten zum Einsatz kommen.“

Das Forschungsprojekt in Luleå beginnt im März 2022 und soll zunächst ein Jahr lang laufen, um ausreichend Daten zu gewinnen. Jon Summers erwartet sich viel davon: „Dieses Jahrzehnt ist unbestreitbar auf die Gestaltung einer ökologisch nachhaltigen Zukunft ausgerichtet. Als Forscher bei RISE sind wir bestrebt, die technologische Entwicklung voranzutreiben und neue nachhaltige Ansätze für die Energieversorgung der zukünftigen digitalen Infrastruktur transparent zu machen.“

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Wie funktioniert eine Brennstoffzelle?

In einer Brennstoffzelle wird durch eine elektrochemische Reaktion Elektrizität erzeugt. Da keine Verbrennung und keine mechanische Bewegung stattfinden, ist das Brennstoffzellensystem sauber, verschleißarm, hocheffizient, zuverlässig und leise.

Eine Brennstoffzelle besteht aus einer Anode, einer Kathode und einer Elektrolytmembran dazwischen. Die Kathode wird mit Luft gespeist, die Anode mit Wasserstoff aus dem Brennstoff. Durch das Leiten von Luft durch die Kathode wird der Sauerstoff aus der Luft unter Verwendung von Elektronen, die von einem externen Stromkreis kommen, zu Sauerstoff-Ionen reduziert. Das Sauerstoff-Ion diffundiert durch den Elektrolyten und reagiert mit dem Wasserstoff an der Anode unter Bildung von Wasser und Elektronen. Die Elektronen fließen durch den externen Stromkreis, erzeugen Strom und stehen für die Reaktion an der Kathode zur Verfügung.

 


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