Öffentlicher Sektor

Ziel: eine souveräne Verwaltungscloud für Deutschland

20. April 2022, 10:18 Uhr | Interview: Sabine Narloch

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

„Multi-Cloud-Ansatz, der ganz ausdrücklich auch offen für Open Source ist“

funkschau: Was waren die Gründe für die Wahl von Microsoft Azure? An welchem Ort finden Datenverarbeitung und -haltung statt und von wo aus werden die Services angeboten?
Albrecht: Microsoft verfügt über ein umfassendes Angebot an Cloud-Services, von IaaS und PaaS auf Basis von Microsoft Azure bis hin zu SaaS auf Basis von Microsoft 365. Dieses breite Dienstleistungsangebot deckt die meisten Anforderungen von Unternehmen des öffentlichen Sektors und kritischer Infrastrukturen an ihre digitale Transformation ab. Das neue Angebot wird technisch, operativ und rechtlich souverän sein. Die Rechenzentren stehen ausschließlich auf deutschem Boden und sind von anderen Rechenzentren separiert. Die neue Cloud-Plattform wird nicht an die globale Rechenzentrumsinfrastruktur von Microsoft angebunden sein. Entsprechend wird auch kein transatlantischer Datenaustausch stattfinden.

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Verwaltungscloud SAP Arvato
Zoltan Albrecht ist Chief Development Architect und Sovereign Cloud Program Lead im Projekt bei SAP
© SAP

funkschau: Die Cloud-Technologie soll zusammen mit dem Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) entwickelt werden. Um welche Aspekte wird es hier insbesondere gehen? Und werden möglicherweise Vorteile der Cloud durch eine sicherheitskonforme Ausgestaltung relativiert?
Albrecht: Bei der Nutzung von Cloud-Services durch die Behörden sind besondere Anforderungen zu berücksichtigen. Dazu zählen vor allem die Eckpunkte der Sicherheitsanforderungen einer zentralen Cloud-Plattform für die Bundesverwaltung vom 4. April 2019, die das BSI definiert hat. Diese Eckpunkte schreiben vor, wie eine föderale Cloud betrieben werden muss.
Das neue Unternehmen beabsichtigt, die Digitalisierungsbemühungen der deutschen Regierung durch ein Angebot zu unterstützen, das den hohen Sicherheits-, Autonomie- und Souveränitätsanforderungen vollständig entspricht. Wir sind zuversichtlich, dass uns dies gelingen und der öffentliche Sektor in Deutschland in einem rechtskonformen Rahmen von den Vorteilen cloudbasierter Services profitieren wird.

funkschau: Was bedeutet die neue Cloud-Plattform für Behörden, die bereits Cloud- beziehungsweise SAP-Anwendungen im Einsatz haben? Müssen sie etwas verändern oder selbst aktiv werden?
Albrecht: Ob aktuelle Cloud-Infrastrukturen und SAP-Anwendungen auf die neuen Angebote der souveränen Cloud migriert werden können, muss man von Produkt zu Produkt überprüfen. Aktuell sind wir noch damit beschäftigt, den Fahrplan für die unterstützten Produkte zu definieren. Insgesamt verfolgt SAP einen Multi-Cloud-Ansatz, der ganz ausdrücklich auch offen für Open Source ist.
Die neue Gesellschaft wird sich in die im Koalitionsvertrag verankerte Multi-Cloud-Strategie der Bundesregierung einfügen. So lassen sich Wahlmöglichkeiten und Fähigkeiten verbessern, Abhängigkeiten vermeiden und die Souveränität stärken.

funkschau: Wie sieht das weitere Vorgehen aus? Ab wann können Behörden auf diese Cloud zugreifen und was müssen sie dafür tun?
Albrecht: Wir stehen mit dem Projekt noch ganz am Anfang. Die endgültige Verfügbarkeit hängt von vielen Faktoren ab, die wir nur bedingt beeinflussen können. Deshalb möchten wir uns noch nicht zu einem konkreten Zeitrahmen äußern.

funkschau: Stichwort Föderalismus – gibt es unterschiedliche Regularien und Gesetze in den einzelnen Bundesländern, die im Hinblick auf die Cloud-Nutzung von Relevanz sind?
Albrecht: Wie wichtig die Cloud auch für die Länder ist, haben deren Chief Information Officers Anfang Oktober in einem gemeinsamen Positionspapier klargemacht. Dabei setzen sie sich explizit auch für die Zusammenarbeit mit Hyperscalern ein.
Wörtlich heißt es in dem gemeinsamen Papier: „Bei digitaler Souveränität geht es gleichermaßen um die Verfügbarkeit von Alternativen sowie die Fähigkeit und Möglichkeit, bewusst zwischen ihnen wählen zu können. Etwa durch den Einsatz von Technologien, die über Open-Source-Lizenzmodelle eingesetzt werden, als Alternative zu proprietär lizenzierten Produkten. Digital souveräne Länder müssen eigene Kernkompetenzen erschließen und sie müssen sich die Fähigkeit bewahren, neue Technologien beurteilen und einsetzen zu können, wie zum Beispiel Künstliche Intelligenz oder Cloud-Computing. Dafür braucht es auch Zugang zu Hyperscalern.“

funkschau: Könnte die deutsche Verwaltungscloud als Exportprodukt für andere Länder interessant werden?
Albrecht: Es gibt durchaus vergleichbare Möglichkeiten in anderen europäischen und auch globalen Staaten, denn das Digitalisierungsvorhaben und deren Herausforderungen sind überall ähnlich. So haben beispielsweise in Frankreich die Unternehmen Capgemini und Orange im Mai 2021 gemeinsam ein Unternehmen gegründet, das eine sichere Cloud-Infrastruktur auf französischem Boden etablieren soll. Das zeigt: Die öffentlichen Verwaltungen in Europa wollen skalierbare, flexible Cloud-Dienste nutzen.


  1. Ziel: eine souveräne Verwaltungscloud für Deutschland
  2. „Multi-Cloud-Ansatz, der ganz ausdrücklich auch offen für Open Source ist“

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