CRN-Kopfnuss

2016: Odyssey auf der Autobahn

23. Juni 2016, 14:42 Uhr | Daniel Dubsky

Das smarte Auto kutschiert seinen Besitzer klaglos von A nach B. Der kann unterwegs schlafen oder entspannt einen Film schauen. Klingt gut, geht aber weit an der Wahrheit vorbei, wie ein Erfahrungsbericht zeigt, der der CRN-Kopfnuss zugespielt wurde.

Endlich Urlaubsbeginn. Nach einem anstrengenden Tag im Büro komme ich nach Hause, packe schnell ein paar Sachen zusammen und bereite mich darauf vor, von meinem smarten Elektroauto entspannt in die Berge chauffiert zu werden. Leider habe ich vergessen, die Spekulationsautomatik zu deaktivieren, die meinen Wagen anweist, nächstens billig Strom zu tanken und ihn im Laufe des Tages zu Höchstpreisen an der Strombörse zu verkaufen. Also heißt es erst einmal abwarten, bevor die Reise starten kann. Drei Kakao später geht es dann endlich los, doch schon auf den ersten Metern bremst uns ein scheinbar orientierungslos herumkurvender Kleinwagen aus. »Der Penner fährt wahrscheinlich noch selbst«, brummt mein männlicher Sprachassistent Cortano abfällig, kurz bevor mich aggressives Hupen und sein fieses Gelächter zusammenzucken lassen. Ich hätte das letzte Upgrade wohl auslassen sollen.

Als wir die Stadt verlassen haben und eine Weile auf der Autobahn dahingeglitten sind, weist mich Cortano darauf hin, dass mein Probeabo von »Autobahn Prime« ausgelaufen ist und ich eine vollwertige Bezahlmitgliedschaft brauche, damit wir die linke Spur nutzen und schneller als 100 Kilometer pro Stunde fahren dürfen. Nicht mit mir, denke ich und beschließe, die länger als gedacht dauernde Fahrzeit mit einem Film zu füllen. Cortano schlägt mir hämisch »Deutschlands schönste Eisenbahnstrecken« vor, was ich dankend ablehne, nur um weiter missmutig aus dem Fenster zu starren. Langsam machen sich die vor der Abfahrt getrunkenen Kakao bemerkbar und ich bitte darum, an der nächsten Raststätte zu halten. Leider weigert sich Cortano, weil das seine kalkulierte Ankunftszeit gefährden würde. Schließlich will er im Pünktlichkeitsvergleich mit seinen Auto-Kumpels aus der Nachbarschaft nicht schlecht dastehen, so viel Kakao sei es ja nun auch wieder nicht gewesen, habe ihm der Kühlschrank verraten.

»Fahrautomatik ausschalten«, befehle ich angesäuert und bereite mich darauf vor, selbst das Steuer zu übernehmen. »Es tut mir Leid, Dave, aber das kann ich nicht tun«, sagt Cortano. Langsam werde ich nervös. Zum einen, weil ich mittlerweile wirklich dringend auf die Toilette muss. Zum anderen, weil ich gar nicht Dave heiße. Ich versuche, andere Autofahrer wild aus dem Fenster gestikulierend auf meine missliche Lage aufmerksam zu machen. Aus dem benachbarten Auto winken fröhlich zwei Kinder zurück.


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