Gastkommentar zum Gebrauchtsoftware-Urteil

»Ausdrücklich erlaubt und unbedenklich«

2. August 2016, 13:18 Uhr | Lars Bube

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

Kein Risiko für die Kunden erkennbar

Auch das von der Beschaffungsstelle ins Feld geführte rechtliche Risiko, dass die Firma Microsoft bei einem Audit die Rechtmäßigkeit der Nutzung der Lizenzen bestreiten und einen Nachweis der Erschöpfung fordern könnte, verwirft die VK Münster (a.a.O., Tz. 124 nach juris). Es könne nicht dargelegt werden, dass »mit einer erfolgreichen Inanspruchnahme durch die Firma Microsoft zu rechnen ist« (VK Münster, a.a.O., Tz. 125 nach juris). Für die Beschaffungsstelle reiche es vielmehr aus, wenn sie über eine Freistellungsvereinbarung mit dem (Gebraucht-)Softwarehändler sicherstellt, dass der ursprüngliche Lizenznehmer seine Kopie des Computerprogramms zum Zeitpunkt des Weiterverkaufs unbrauchbar gemacht hat (VK Münster, a.a.O., Tz. 128 nach juris). Da »im Ergebnis das Risiko einer Inanspruchnahme durch Microsoft praktisch nicht besteht, ist auch die vom Antragsgegner (…) vorgetragene Sorge, er trage im Falle einer Freistellungsregel das Insolvenzrisiko des Bieters, nicht nachvollziehbar« (VK Münster, a.a.O., Tz. 128 nach juris).

Fazit:

Der Weg für die rechtssichere Beschaffung von gebrauchter Standardsoftware ist frei. Die dagegen erhobenen Bedenken werden vergaberechtlich nicht mehr anerkannt.

Die wirtschaftliche Bedeutung dieser Vergabekammer-Entscheidung ist erheblich. Das Bestellvolumen öffentlicher Auftraggeber bei Standardsoftware bewegt sich im dreistelligen Millionen-Bereich. Durch die Anschaffung von Gebrauchtsoftware lassen sich erhebliche Einsparungen erzielen. Gängige Betriebssysteme und Office-Anwendungen werden von einigen Anbietern 30 bis 50 Prozent unter dem Neupreis angeboten. Chronisch unter Sparzwang stehende oder gesetzte Behörden können sich die Nichtberücksichtigung dieser günstigeren Beschaffung auch wirtschaftlich nicht mehr leisten.

Zur autorin: Die Vergaberechtsexpertin Dr. Claudia Nottbusch ist Partnerin bei Büsing, Müffelmann & Theye (BMT) und arbeitet dort unter anderem immer wieder für den Gebrauchtsoftwarehändler Usedsoft.


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  2. Kein Risiko für die Kunden erkennbar

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