Gastkommentar

Industrie 4.0 scheitert oft schon an der Maschine

20. Juni 2016, 13:43 Uhr | Lars Bube
Matthias Müller ist Senior Developer bei der Cellent AG

Für Matthias Müller, Senior Developer bei der Cellent AG, sind die Maschinen selbst eine der größten Hürden auf dem Weg zur vernetzten Industrie 4.0. Ihre Hersteller geben ihnen schlichtweg nicht die nötigen Kommunikationsfähigkeiten für das Zeitalter der digitalisierten Industrie mit.

Es ist eigentlich erstaunlich: Da will ein Unternehmen auf Industrie 4.0 setzen, stößt aber gleich zu Beginn auf ein Hindernis: die Maschinen in der Produktion sind zwar perfekt getunt, jedoch nicht auf Vernetzung und Datenaustausch ausgelegt. Und die Forderung der Unternehmen danach stößt bei den Maschinenbauern nicht gerade auf offene Ohren. Zwar haben sie eine LAN-Schnittstelle für Wartung – aber diese offen legen? Lieber nicht! Oder gar die Maschinen ganz auf Vernetzung auszulegen, egal ob mit anderen Maschinen, mit Wareneingangs- oder SCM- und ERP-Systemen – keine Chance! Lieber wird noch ein bisschen an der Genauigkeit oder der Schnelligkeit gefeilt.

Und dann geht der wertvolle Auftrag an China oder USA verloren – an einen Wettbewerber, der vielleicht nicht die Qualität und Präzision bietet wie sein deutsches Pendant, dafür aber garantiert, dass die Maschine von Anfang an ihre Stimme im Industrie 4.0-Chor hat. Und die wenigen loyalen Kunden werden gezwungen, große Umwege für eine Anbindung zu gehen.

Nur warum haben so viele Maschinenbauer heute Probleme, die Anforderungen ihrer Kunden in Richtung Industrie 4.0 zu erfüllen? Gut, es fehlt vielleicht am Wissen, wie genau man die Maschine zum Sprechen bringen kann. Doch das ist keine Geheimlehre und man kann das Know-how im Markt zukaufen. Auch Lösungen, um die Datenübertragung abzusichern, gibt es bereits und man kann sogar von den Erfahrungen anderer Unternehmen profitieren. Noch scheint schlichtweg die Hemmschwelle zu groß zu sein; die Bereitschaft, neue und offenere Wege zu gehen, ist noch nicht ausreichend gegeben. Schade, denn das wird kosten: Umsatz, Wettbewerbsvorteile und nicht zuletzt Kundenzufriedenheit.


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Matchmaker+