Knapp 13 Milliarden Euro investieren Anbieter hierzulande jährlich in Rechenzentren aller Größenklassen – und dieser Wert wird weiter steigen. Im globalen Vergleich fällt Deutschland beim Aufbau von Server-Kapazitäten jedoch zurück, was eine Reaktion erforderlich macht.
Der IT-Verband Bitkom sorgt sich um die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands bei der digitalen Technik. Zwar zeige sich ein stetiges Wachstum bei Rechenzentren und kleineren IT-Installationen, das sich seit 2023 sogar noch ein wenig beschleunigt hat. Doch setzt man die installierte Server-Leistung ins Verhältnis zum Brutto-Inlandsprodukt (BIP), zeigt sich eine fatale Entwicklung: Deutschland liegt nicht nur unter dem EU-Durchschnitt, ähnlich wie Großbritannien und Frankreich, sondern auch weit abgeschlagen hinter den USA und China, die auf knapp das Dreifache beziehungsweise 3,5-fache der deutschen Werte kommen.
In den vergangenen zehn Jahren ist der Marktanteil am globalen Server-Bestand von 3,5 auf 2,5 Prozent gefallen. Und auch die guten Wachstumsprognosen bis 2030 reichen lediglich für ein geringfügiges Aufholen im EU-Vergleich und gegenüber China, während die USA weiter davonziehen.
Digitalisierung in Gefahr
Angesichts dieser Entwicklung warnt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder: „Ohne Rechenzentren keine digitale Souveränität.“ Datacenter seien das Rückgrat der Digitalisierung. Kaum ein Unternehmen oder Privathaushalt komme ohne die Leistungen von Rechenzentren aus. Gleiches gelte für die öffentliche Verwaltung. Deutschland müsse sich dringend handlungsfähiger, resilienter und technologieorientierter aufstellen – „und dies geht nur mit einer starken und leistungsfähigen IT-Infrastruktur“, so Rohleder.
Der Bitkom fordert daher einen „Aktionsplan Rechenzentren“, der dazu beitragen soll, bestehende Hemmnisse zu entfernen und einen „Boost des Rechenzentrumsstandorts Deutschland“ auszulösen. Nur so sei eine erfolgreiche digitale Transformation von Wirtschaft und Verwaltung zu machen.
Insbesondere für den immer weiteren Einsatz von KI würden mehr Rechenzentrumskapazitäten dringend gebraucht. Zu den wichtigsten Maßnahmen, die der IT-Verband von der Politik fordert, gehören unter anderem ausreichende Kapazitäten und niedrige Kosten bei einer klimaneutralen Stromversorgung, eine aktive Standortpolitik und optimierte Planungs- und Genehmigungsprozesse. Diese Punkte hatten bei der Mitgliederbefragung die schlechtesten Noten bei der Bewertung von Standortfaktoren bekommen. Ebenfalls im unteren Notenbereich lag dabei übrigens die Verfügbarkeit von Fachkräften, die beim Ranking der wichtigsten Faktoren auf Platz 5 landete.
Mittelständische Anbieter im Vorteil
Beim Technologieforschungs- und Beratungsunternehmen ISG hat man weitere Trends in der Entwicklung des Rechenzentrum-Marktes entdeckt. Hier benennt man als Treiber eine überfällige Modernisierungswelle bei der IT-Infrastruktur, mit der die Sicherheit gesteigert, neue innovative Technik eingeführt und die Effizienz deutlich gesteigert werden sollen. Des Weiteren gehe die Ausdifferenzierung der Cloud-Modelle weiter – von der Hybrid-Cloud hin zur Poly-Cloud, also der gezielten Nutzung einzelner Dienste.
In diesem Zusammenhang zeigten sich demnach auch Veränderungen bei Hosting- und Colocation-Strategien: Personalisierte Dienstleistungen und flexiblere Angebote bei niedrigeren Kosten, individuelle Vereinbarungen zu Compliance und höhere betriebliche Sicherheit führen dazu, dass globale Systemintegratoren an Attraktivität verlieren, mittelständische Anbieter dagegen profitieren. Um die steil steigende Nachfrage zu bewältigen, müssen diese jedoch massiv in den Aufbau weiterer Datencenter-Kapazitäten investieren.
Engpässe trotz Bauboom
Die Erkenntnisse von PGIM Real Estate, einer der größten Investment-Manager für Immobilien, bestätigen diese Erwartungen. Die PGIM-Datacenter-Analyse geht davon aus, dass in den kommenden Jahren der Anstieg der Investitionen nicht nur – wie bislang erwartet – bei rund 10 Prozent per anno liegen wird, sondern bei etwa 25 Prozent.
Die Gefahr, dass der Markt überhitzt und am Ende ungenutzte Kapazitäten entstehen, sieht man bei PGIM nicht – ganz im Gegenteil. Zwar sei bereits eine starke Entwicklung von Rechenzentren in den wichtigsten europäischen Märkten zu sehen. Doch die sei nicht ausreichend, da der Bedarf schneller wächst als das Angebot. Umgekehrt müsse man auch keine Sorgen vor Wachstumsgrenzen haben. Während in Zentren wie Frankfurt, London, Amsterdam, Paris und Dublin der Zuwachs bald durch Faktoren wie Stromverfügbarkeit und politische Restriktionen eingeschränkt werde, sehen die Marktexperten von PGIM Real Estate noch zusätzliche Wachstums-Chancen in Städten, die bislang eher in der zweiten Reihe standen, wie München, Berlin und Madrid.
Fachkräfte mit Erfahrung gesucht
Blickt man in den Markt, werden die Ergebnisse der Forscher und Marktanalysten weitgehend bestätigt: Eine hohe und weiter steil wachsende Nachfrage, oft in Verbindung mit KI-Anwendungen, der mit einer hohen Investitionstätigkeit begegnet wird. Die Frage nach ausreichender Energieversorgung und günstigen Kosten wird als eines der drängendsten Probleme wahrgenommen.
Daneben ist jedoch das Thema Fachkräftemangel weit oben auf der Agenda, bekräftigt Samuel Premkumar von Rosenberger OSI, einem etablierten Anbieter für glasfaserbasierende Verbindungstechnik, Verkabelungslösungen und Infrastruktur-Services. Es werde sehr viel Personal benötigt, das in LWL-Technik geschult ist und darüberhinausgehend fachspezifische Erfahrungen mitbringt, etwa in der Hochvolumen-Verkabelung oder der zunehmend verbreiteten Flüssigkeitskühlung.
Ein Anbieter habe bereits angekündigt, ab 2026 ausschließlich flüssiggekühlte Aktivkomponenten zu vertreiben – was diese Technik weiter vorantreibt, und damit auch mehr Personal mit entsprechenden Skills benötigt.
Gerade im Umfeld von Künstlicher Intelligenz (KI) seien die Server-Installationen sehr viel umfangreicher als in der Vergangenheit. Ein KI-Cluster benötige zwischen 2.500 und 7.000, teils sogar bis zu 12.000 Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die innerhalb von zehn bis 15 Arbeitstagen installiert werden müssen. Fehlkonfigurationen oder Kabelschäden können zu spürbaren Verzögerungen im Installationsprozess führen, die wiederum hohe Kosten und Umsatzausfälle nach sich ziehen. Dies sei nur mit erfahrenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern zu vermeiden.
Aber auch im weiteren Verlauf des Lebenszyklus sind Fachkräfte mit besonderen Skills gefragt. Nicht nur bei der initialen Installation, sondern auch im laufenden Betrieb sowie bei der Erweiterung und Upgrades der Server-Landschaft. Als Beispiel nennt Premkumar hier ebenfalls die Kühltechnik – Fehlersuche, Fehleranalyse, Fehlerbehebung seien eine sehr interessante Herausforderung in den kommenden Jahren, da Kühlkreisläufe in dieser Form und Größe noch relativ neu sind und dementsprechend wenig Erfahrungen vorhanden sind.
Entlastung für Rechenzentrumsbetreiber
Personal, das dort eingesetzt wird, fehlt jedoch wiederum an anderer Stelle. Häufig sind die Teams eines Datacenters zwar ausreichend für den laufenden Betrieb ausgelegt, jedoch gelangen sie oft schon an Kapazitäten, wenn ein größeres Transformationsprojekt ansteht, wie beispielsweise die Voraussetzungen einer lokalen KI-Instanz zu schaffen. Deshalb gilt es, das vorhandene Personal effizient zu nutzen und punktuell mit zusätzlichen Ressourcen von außen zu unterstützen.
Rosenberger OSI hat daher verschiedene Services entwickelt, um Datacenter-Betreibern die Projektabwicklung mit begrenztem eigenem Personal zu ermöglichen. Der Verkabelungsspezialist ist beim Aufbau von geeigneten Personalressourcen gegenüber RZ-Betreibern im Vorteil, da er Zugriff auf Schulungs- und Zertifizierungsprogramme der Hersteller bekommt, die derzeit nur Dienstleistern offenstehen. Zudem profitieren die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von der Erfahrung aus unterschiedlichen Projekten, die jeweils andere interdisziplinäre Kenntnisse erfordern: Von Elektronik über Gebäude-Management und Gebäudetechnik bis hin zu IT- und Automatisierungsthemen.
Unabhängig und flexibel
Das Service-Angebot setzt an verschiedenen Stellen an. Dies beginnt bei der präzisen Planung von Infrastrukturprojekten und setzt sich mit einem straffen Projekt-Management und einer effizienten Ablaufplanung fort, die eine schnelle und fehlerfreie Ausführung ermöglicht, sodass die Infrastruktur schnell in Betrieb gehen kann.
Die Service-Leistungen werden herstellerunabhängig erbracht und sind nicht an die Nutzung Rosenberger OSI-eigener Produkte gebunden. Vielmehr wird ein kundenorientierter Ansatz zur Lösung von Herausforderungen verfolgt, unabhängig von den eingesetzten Marken. Dabei liegt der Fokus auf Effizienz, Zuverlässigkeit und der Einhaltung vorgegebener Budgets.
Die Projektspezialisten sind es gewohnt, sich verschiedenen Herausforderungen zu stellen, wie etwa dem Management großer Teams, enger Zeitpläne und hoher Kundenerwartungen – und dies häufig unter anspruchsvollen Rahmenbedingungen, die eine Optimierung der Betriebskosten, der Berücksichtigung von Umweltaspekten und dem Umgang mit knappen Personalressourcen erfordert.
Fazit
Es ist eine schon fast paradoxe Situation: Auf der einen Seite verzeichnen Rechenzentren ein enormes Wachstum, auf der anderen Seite ist die Entwicklung im internationalen Vergleich noch lange nicht ausreichend. Insofern darf der aktuelle Boom bei Rechenzentren darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Zuwachs noch beschleunigt werden muss. Die Nutzung Künstlicher Intelligenz, die einen sprunghaften Zuwachs beim Bedarf von Rechenzentrumskapazität ausgelöst hat, befeuert diese Situation noch weiter.
Neben Faktoren wie Preis und Verfügbarkeit von Energie sowie regulatorischer Anforderungen erweist sich die Verfügbarkeit von geschultem und erfahrenem Personal als Flaschenhals, der Neuinstallationen und Transformation von Datacentern bremst. Damit droht Deutschland bei der Digitalisierung und der Anwendung innovativer Technik im internationalen Vergleich zurückzufallen. Schafft es die Politik, wie vom IT-Verband Bitkom gefordert, die wichtigsten Hemmschuhe lösen, würde der Fachkräftemangel zu einem noch drängenderen Problem.
Anbieter von Infrastruktur-Services können dazu beitragen, diese Lücke zu füllen und Rechenzentrums-Betreiber zu entlasten. Rosenberger OSI zeigt mit seinem neuen Angebot zur Unterstützung von Projektpartnern bei der Hardware-Installation, insbesondere für KI-Clustern, wohin diese Entwicklung führt. Und die ist noch lange nicht zu Ende. Mittelfristig sollen weitere Services, wie der Betrieb von Rechenzentren, ein Lebenszyklus-Management und Experten-Unterstützung zur Kostenoptimierung hinzukommen. Ausdifferenzierte Geschäftsmodelle und geteilte Wertschöpfungsketten sollen dazu beitragen, die Wachstumsschmerzen der RZ-Branche zu lindern und damit die Digitalisierung des Landes schneller voranzutreiben.
Harry Jacob ist freier IT-Autor aus Augsburg.