Die Teamchefin
Der Mensch: Els Demeester wurde in Ostende/Belgien geboren. Sie schloss ein Studium als Ingenieurin für Mikroelektronik ab und erforschte im Rahmen eines MBA-Studiengangs den ITChannel. 1989 gehörte sie zu den Gründungsmitgliedern der belgischen Computer 2000- Gesellschaft. In der Expansionsphase führte sie für den TD-Konzern mehrere erfolgreiche Projekte durch, so beispielsweise den Aufbau des TD Midrange/Value-Geschäfts in der Benelux-Region. Ab 2001 leitete sie die Tech Data-Aktivitäten in Benelux. Zum 1. Mai vergangenen Jahres übernahm sie als Regional Managerin auch die Verantwortung für Deutschland und Österreich.
Das Unternehmen: Tech Data ist weltweit der zweitgrößte Distributor für ITK-Produkte. In Europa liegt der Broadline-Distributor sogar noch vor seinem Konkurrenten Ingram Micro. In Deutschland allerdings hat Tech Data (ehemals Computer 2000) die Marktführerschaft an den Wettbewerber verloren. Das neue Management-Team unter Regional Managerin Els Demeester soll nun den Distributions-Riesen wieder auf Erfolgskurs bring
Els Demeester ist erfahrene Rettungsschwimmerin und kennt den IT-Distributor Tech Data in- und auswendig – gleich zwei gute Voraussetzungen, um den in Deutschland zuletzt nicht immer hochseetauglichen Broadliner wieder auf Kurs zu bringen. Ihr Erfolgsrezept: die richtigen Ideen zum richtigen Zeitpunkt mit dem richtigen Team angehen.
So unspektakulär können Wechsel an der Führungsspitze auch vollzogen werden: »Darf ich vorstellen: Meine neue Chefin«, präsentierte Country Manager Klaus Schlichtherle auf dem Tech Data-Forum 2007 den verblüfften Messegästen nonchalant die eben designierte Regionsmanagerin Els Demeester. Die Überraschung unter den Anwesenden war freilich groß, schließlich war die Belgierin, die ab Mai die Geschicke des Distributionsriesen in der D/A-Region lenken sollte, für hiesige Branchenkenner eine Unbekannte. Und ist es vielleicht immer noch.
Dabei hatte die Distributionsmanagerin in den westlichen Nachbarländern schon früh für Furore gesorgt: Demeester hatte maßgeblich Anteil am Aufbau des erfolgreichen Geschäfts für den Broadliner in der Benelux-Region. 2001 wurde sie als 36-Jährige Benelux-Chefin und in Folge von den Benelux-Medien zu den einflussreichsten Frauen in der IT-Branche gezählt. Nebenbei hat sie viele konzernrelevante Projekte vorbildlich umgesetzt, beispielsweise eine Lagerkonsolidierung in der Region und den Aufbau einer International Sales- Abteilung. Da parallele Maßnahmen von Tech Data in der D/A-Region weniger störungsfrei verliefen, war die erfolgreiche Umsetzung solcher heikler Projekte in den westlichen Nachbarländern eine erstklassige Empfehlung für die Präsidenten-Ebene.
Europa-Chef Nestor Cano bestellte die Newcomerin des Konzerns zur Nachfolgerin von Thomas F. Huber, der im Februar 2007 seinen Abschied nahm. »Der Vorteil war, ich habe all diese Projekte in der Benelux-Region schon erfolgreich umgesetzt, das hat Nestor Cano anerkannt«, beschreibt Demeester die Vorgeschichte zu ihrer Berufung. Und da stand sie also nun auf der Bühne des TD-Forums und begrüßte die überraschten Handelspartner, Hersteller und Medienvertreter in noch etwas ungelenkem »Rudi Carell-Deutsch«. Dass mit ihrem Amtsantritt eine neue Ära bei Tech Data Deutschland beginnen sollte, zeigt der Vergleich mit ihrem Vorgänger, dem ehemaligen Zentraleuropa-Chef Huber, deutlich: Der Österreicher hatte zuvor ebenso konsequent wie mürrisch alle vom Konzern geforderten Sparmaßnahmen durchgesetzt. Das waren häufig bei Geschäftspartnern und Mitarbeitern unpopuläre Entscheidungen, wie etwa die Verlagerung der Logistik nach Bor/Tschechien oder die Umschreibung der Lieferantenverträge auf eine österreichische Zwischengesellschaft.
Mit Demeester aber ging der USKonzern in der Region offenbar wieder in die Charme-Offensive. Die Belgierin spazierte entspannt im Sommerkleid durch die Forums- Ausstellung und versprühte gute Laune, so als sei sie nur eben zum Spaß nach München herübergeflogen. Seitdem fliegt sie jede Woche nach München. Etwa vier Tage die Woche wohnt sie fern der belgischen Heimat im Arabella Sheraton- Hotel und widmet sich in der Firmenzentrale in der Kistlerhofstraße intensiv dem Geschäft in Deutschland. Dass die Regional Managerin für die D/A-Region und Benelux der Entwicklung des Geschäfts hierzulande besonders viel Aufmerksamkeit zukommen lässt, liegt auch an der jüngeren Firmenhistorie: Broadliner Tech Data (zuvor noch Computer 2000) kämpfte in den vergangenen Jahren im deutschen Markt mit Geschäftseinbußen. Der Chefsessel in Deutschland wurde zum Schleuderstuhl und der einstige Marktführer rangiert mittlerweile nur noch auf Rang drei unter den Broadline-Distributoren. Dabei zeigte sich schnell, dass die neue Tech Data- Chefin dem Abwärtstrend keineswegs nur mit Charme, sondern mit handfesten und schnell durchgeführten Gegenmaßnahmen begegnete.
Nachdem Country Manager Klaus Schlichtherle in die Schweiz zur TD International- Organisation zurückkehrte, führte sie für die Region ein Manager- Gremium ein, das künftig gemeinsam die Entwicklung der Region vorantreiben sollte. Mit einem Geschäftsführer für den Value-Bereich Azlan, jeweils einem Geschäftsführer für Vertrieb und Marketing sowie einem Direktor Operations untersteht ihr nun ein Führungsteam, in dem die Aufgaben klar verteilt sind. Dieser Team-Gedanke liegt als Erfolgsprinzip ihren Maßnahmen zugrunde. »Ich arbeite gerne mit Menschen«, beschreibt Demeester ihre Vorgehensweise. Und dies gilt nicht nur für die Führungsetage, sondern für alle Mitarbeiter des Distributors: »Ich habe in meinem ersten Jahr viel verändert – unsere Mitarbeiter haben Vertrauen in mich gefasst«, stellt sie heute fest. Man habe die Mannschaft nicht ändern müssen, aber wachrütteln. »Ich bin der Überzeugung, dass unsere Mitarbeiter Unterstützung und eine gewisse Handlungsfreiheit brauchen, um gute Ideen zu entwickeln. « In Mitarbeiter-Workshops würde solche Team-Arbeit nun gefördert, mit »vielen positiven Ergebnissen«. »Ich spreche natürlich von einem Prozess – noch haben wir unser Ziel nicht erreicht«, schränkt die TDChefin ein. Das Ziel, das Demeester vorschwebt, lautet: »Wir wollen der Beste, nicht der Größte sein.« Und: »Wenn die Qualität stimmt, ergibt sich auch weiteres Wachstum.« Um den Kunden beste Betreuungsqualität bieten zu können, investierte sie seit ihrem Antritt in den Ausbau des Teams.
Nach Jahren der Reduzierung des Mitarbeiterstamms steht Demeester damit beim Broadliner für eine neue Ära des Aufbaus. »Wenn Partner und Branchenbeobachter sich beklagen, dass es bei Tech Data zu viele Veränderungen gäbe, entgegne ich gerne: Das muss so sein! Wir müssen dynamisch sein«, meint Demeester. Unterstützt fühlt sie sich in ihrem Expansionsdrang vom Konzernmanagement. »Unser CEO Robert Dutkowsky forciert seit seinem Amtsantritt die Expansion, er gibt uns klare Signale vor.« Im Übrigen genieße sie die volle Rückendeckung der Konzernleitung und habe dadurch auch für ihre Aufgaben in Deutschland die richtigen Voraussetzungen geschaffen. »Ich spreche Klartext und stelle offen meine Forderungen, so bekomme ich auch, was ich für die erfolgreiche Umsetzung meiner Ziele benötige – und meine Ziele habe ich immer erreicht«, schließt Demeester selbstbewusst. Dazu komme, dass sie den USKonzern in- und auswendig kenne. »Das hatte ich mir ursprünglich zwar nicht so vorgestellt, aber nun bin ich schon seit zwanzig Jahren bei Tech Data.«
Schon kurze Zeit nach ihrer Ausbildung – Demeester ist Ingenieurin für Mikroelektronik – stand sie 1989 Patin bei der Gründung von C2000 in Belgien. Den IT-Channel hatte die ehemalige Rettungsschwimmerin aus Ostende im Rahmen einer Forschungsarbeit kennen gelernt: »Ich habe wirklich fast alle Computerhändler Belgiens besucht und den Markt erforscht.« Auch im ursprünglich siebenköpfigen TD-Team war Demeester zunächst »für alles und noch mehr« zuständig: »Ich habe mit den Herstellern verhandelt, mit den Kunden gesprochen und sogar noch selbst Pakete ausgefahren «, erinnert sie sich. Das schnelle Wachstum in den frühen Jahren schuf Gestaltungsräume für innovative Projekte, die Demeester gerne nutzte. »Das ist für mich der interessante Aspekt: Geschäftspotenziale finden und diese Wachstumsbereiche aufbauen. «
So gründete sie beispielsweise eine spezialisierte Apple- Unit mit eigenem Brand, die zeitweise auch international vom Distributor betrieben wurde, sie etablierte das TD Midrange-/Value- Geschäft erfolgreich in der Benelux- Region und baute die International Sales-Abteilung für paneuropäische Vertriebsprojekte auf. »Das Wachstum war damals groß, es boten sich immer Chancen für neue Projekte. Das ist heute nicht mehr so einfach«, schließt Demeester rückblickend. Langweilig wird ihr bei ihrer zeitaufwändigen Arbeit für den Prozess-getriebenen deutschen Broadline-Bereich trotzdem nicht. »Auch in der Broadline- Distribution kann man sehr innovativ sein«, betont sie, »beispielsweise bei neuen Konzepten für die Supply Chain.« Darüber hinaus sei sie heute besonnener als in früheren Jahren.
»Ich führe neben meinem Tech Data-Leben auch noch ein anderes Leben als Frau und Mutter«, erzählt die zweifache Mutter. Sie habe gut gelernt, ihren verschiedenen Verantwortungen flexibel gerecht zu werden – heute Management- Besprechung in der Münchner Kistlerhofstraße, morgen Geburtstagsfest mit Familie in Belgien. Und zwischendurch findet sie doch noch Zeit, ihren privaten Leidenschaften nachzugehen: Kunst- und Antikmärkte besuchen, Schwimmen und jede Art von Wassersport.