IBM bietet ISVs neues Vermarktungsmodell
IBM bietet ISVs neues Vermarktungsmodell. Im Zuge der On-demand-Strategie forciert IBM das Konzept »Software as Services«. Nach diesem Modell betreiben Anwender weder Applikationen noch IT-Infrastrukturen selbst. Vielmehr nutzen sie Dienste, die im Rechenzentrum eines Hosting-Unternehmens laufen, über das Internet. War das Konzept zumindest in Deutschland bislang nur graue Theorie, präsentiert Big Blue mit »eDebtster« den ersten Referenz-Partner. Nun möchte IBM weitere Software-Anbieter für das Modell begeistern.
IBM bietet ISVs neues Vermarktungsmodell
Autor: Michael Hase
Bisher hat die IT-Branche über das Thema »Software as Services« mehr oder minder abstrakt diskutiert. Nun wird es konkret: In diesem Monat gab IBM erstmals den Abschluss eines entsprechenden Dienstleistungsvertrags bekannt. Im Kern sieht die Vereinbarung mit der Berliner Firma eDebtster vor, dass IBM den reibungslosen Betrieb von deren Forderungs-Plattform gewährleistet.
Das Forderungs-Portal eDebtster bietet Mittelständlern die Möglichkeit, offene Rechnungen einzustellen. Innerhalb eines Tages nehmen sich Anwälte, die mit dem Start-Up kooperieren, der Forderungen an und treiben das Geld ein. Die Software der Berliner bildet die Prozesse ab und unterstützt die Bearbeitung. Schnittstellen zu den ERP-Systemen von Sage, SAP oder Microsoft erlauben den Datenaustausch mit Finanzbuchhaltungsprogrammen.
Der Preis der Leistung wird auf Basis eines so genannten Pay-as-you-go-Modells berechnet und richtet sich nach der Höhe der Forderungssumme. Der Anteil, der bei IBM verbleibt, orientiert sich wiederum an der Auslastung der Plattform. Geht die Rechnung auf, verspricht das auch für Big Blue satte Umsätze. Immerhin wollen die Berliner innerhalb von drei Jahren im Inkasso-Geschäft mit dem Mittelstand einen Marktanteil von 50 Prozent erreichen.
Weitere Verträge
Nach Angaben von Martin Schneider, Leiter des Partnergeschäfts bei IBM Global Services, liegen seiner Sparte bereits Absichtserklärungen anderer Software-Anbieter vor, so dass in den kommenden Wochen und Monaten mit weiteren vergleichbaren Verträgen zu rechnen ist. In dem neuen Modell sieht IBM vor allem Chancen für Independent Software Vendors (ISVs), weil für diese Unternehmen ein völlig neuer Markt entsteht. Das Konzept biete »kreativen und innovativen ISVs eine Wachstumsperspektive«, betont Schneider. Deshalb adressiere IBM mit der aktuellen Initiative »IBM Partnerworld« ausdrücklich auch die »ISV Business Partner«.
Im Rahmen des Programms öffnet der Konzern dieser Zielgruppe den Zugang zu Informationsquellen und Entwicklungs-Ressourcen, organisiert Schulungen, leistet technische Hilfe sowie Marketing- und Vertriebsunterstützung. Unter anderem verspricht sich der Hersteller von der Initiative, den Absatz der Middleware-Produkte seiner Websphere-Marke zu fördern. Er zwingt zwar keinen ISV, Technologie von IBM einzusetzen. Aber offene Standards wie Java, XML oder SOAP sollte die Software der Partner möglichst unterstützen.
Bei den Endkunden kommt Software as Services aus IBM-Sicht insbesondere für kleinere Unternehmen in Frage, denen der Betrieb kompletter Software-Lösungen inklusive der erforderlichen IT-Infrastruktur zu teuer ist. Die nutzen nach dem neuen Modell lediglich die benötigten Applikationsteile als Services über das Internet und zahlen am Ende nur für die Transaktionen, die sie tatsächlich ausführen. »Vor allem der Mittelstand wird verstärkt standardisierte, schlanke und bedarfsgerechte Komplettlösungen fordern«, prognostiziert Schneider. Laut dem Marktforschungsinstitut IDC wächst der Software-as-Services-Markt in Deutschland bis 2009 auf gut 180 Millionen Euro.
Indes gehe es nicht darum, »traditionelle Vertriebs- und Service-Modelle der IT-Branche zu kannibalisieren«, versichert Gerald Münzl, Marketing Manager bei IBM Global Services. Vielmehr soll offenbar ein neues Marktsegment erschlossen werden. Nach den Worten des Marketingmanagers gibt es allerdings eine Grauzone, in der sich Kunden auf Kosten eines herkömmlichen Software-Projekts für das Software as Services-Modell entscheiden werden.
Anpassungen nötig
Dennoch bleibe in jedem Fall genügend Geschäft für Integrationspartner übrig. Wenn Applikationen oder Applikationsteile erstmals als Services angeboten werden, »müssen stets Anpassungen vorgenommen werden«. Zudem entstehen Schneider zufolge durch das Software as Services-Konzept längerfristig ganz neue Dienstleistungs-Formen: Wenn im entwickelten Modell künftig Tausende von Services angeboten werden, kommen nämlich so genannte »Service-Broker« ins Spiel. Die stellen den Kontakt zu den Endkunden her und helfen ihnen, »die für ihr Geschäft passenden Dienste zu finden, zu bündeln und richtig zusammenzustecken«.
Vorerst bleibt es noch die Aufgabe der ISVs, den Kundenzugang selbst herzustellen. Indes unterstützt IBM die Software-Partner bei Marketing-Aktionen mit Zuschüssen von bis zu 50 Prozent der Kosten. Welche Instrumente die Unternehmen einsetzen, bleibt ihnen überlassen. Marketingmann Münzl: »Unsere Partner kennen ihre Märkte selbst am besten.«
Interview
»Keiner hat uns vollständig verstanden«
Thorsten Kremzow, Business Development Manager bei eDebtster, erläutert im Gespräch mit CRN-Redakteur Michael Hase, was sich das im April 2005 gegründete Berliner Start-Up von der Kooperation mit IBM verspricht.
CRN: Warum hat sich eDebtster d dafür entschieden, das Forderungsmanagement-Portal mitsamt den Applikationen von IBM betreiben zu lassen?
Kremzow: Wir betrachten IBM als strategischen Partner im Bereich des Backbones. Für uns ist IBM der einzige Hersteller, der das zukunftsweisende Konzept »Software as Services« bereits jetzt anspruchsvoll entwickelt hat. Insbesondere jungen Unternehmen bietet das die Möglichkeit, eine skalierbare Präsenz im Internet aufzubauen, ohne die Technik selbst implementieren zu müssen.
CRN: Über welche Alternative zu diesem Modell haben Sie nachgedacht?
Kremzow: Die Alternative wäre die Kooperation mit speziellen Server-Hosting- oder Server-Housing-Unternehmen gewesen. Die hätten aber die von uns benötigte Skalierbarkeit nicht ohne zusätzliche Investitionen anbieten können. Außerdem war keines dieser Unternehmen in der Lage, unseren Gedanken von »Software as Services« vollständig zu verstehen.
CRN: Welche Vorteile versprechen Sie sich von dem Konzept?
Kremzow: Zunächst bedeutet es für unsere Kunden, dass sie die Software ohne aufwändige Installation und somit ohne Investitionskosten nutzen können. Die Zahlung erfolgt nach der Anzahl der User pro Monat. Jedes Unternehmen skaliert also die Zahl seiner Benutzer selbst. Damit wird das herkömmliche Softwarelizenzgeschäft auf eine monatliche Nutzungsgebühr für den Software-Service umgestellt. Für unser Unternehmen selbst bedeutet das Konzept, dass wir über eine zukunftsweisende technologische Basis verfügen, die ohne IBM nur mit einem Investment von mehreren 100.000 Euro realisierbar gewesen wäre.
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