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Interview mit Starface

„Überlappungen, aus denen wir Synergien heben wollen“

Der Karlsruher TK-Anlagenhersteller Starface feierte im Sommer sein 20-jähriges Bestehen. Über die Herausforderungen der Anfangsjahre sowie über das Übernehmen und Übernommen werden, sprach connect professional mit Florian Buzin, CEO der Starface Group.

Autor: Interview: Sabine Narloch • 3.9.2025 • ca. 5:25 Min

Florian Buzin, CEO der Starface Group
© connect professional

connect professional: Starface hat im Sommer seinen 20. Geburtstag gefeiert. Welchen Rat würden Sie Ihrem damaligen Ich gerne mitgeben?

Florian Buzin: Wir hatten bei der Gründung von Starface im Jahr 2005 die Vision, Voice Over IP in den Markt zu bringen und die Kommunikation technologisch zu verändern. Begonnen haben wir mit sechs Mitarbeitern – und das in einer Branche mit Multimilliarden-Konzernen, bei denen wir in die Portokasse gepasst hätten. Ich war damals 24, 25 Jahre jung – eine gewisse Naivität zu dem Zeitpunkt war sicherlich nicht verkehrt. Aber wahrscheinlich würde ich alles genauso machen – bis auf vielleicht einen Punkt…

connect professional: …und der wäre?

Buzin: Wir hatten zu Beginn für die Produktion unserer Hardware Drittlieferanten eingebunden. Es wäre besser gewesen, wenn wir von Anfang selbst produziert hätten; wir hätten viel Zeit einsparen können, andererseits war damals einfach noch nicht das notwendige Know-how im Haus. In jedem Fall haben wir gelernt, dass auch bei physischer Hardware die Qualität extrem wichtig ist. Ein anderer Punkt, der mir einfällt: Wir hätten den Switch – vom physischen Telefon zum Headset – bestimmt drei oder vier Jahre früher forcieren können. Was Mobile Clients angeht, waren wir dann mit die ersten im Markt, weil wir verstanden hatten, dass die Business-Telefonie mobiler werden wollte.

connect professional: Allerdings hingen viele Unternehmen noch lange Zeit am Tischtelefon – manche tun das sogar heutzutage. Kam die Idee, klassische Tischtelefone durch die Kombination Headset-Computer zu ersetzen nicht viel zu früh?

Buzin: Zur Zeit unserer Gründung gab es noch Klapp-Handys mit Tasten, das Internet war noch nicht so präsent wie heute, YouTube ist erst ab dem Jahr 2005 entstanden. Wir sind übrigens 2005 mit einer Cloudversion unserer Starface-Telefonanlage gestartet. Das war 2005 tatsächlich sehr früh, denn unsere Kunden wollten ihre Daten nicht aus dem Unternehmen heraus und in die Cloud geben. Deshalb wechselten wir ganz schnell auf die Hardware-Variante und bauten Starface Appliances. Hätten wir damals schon einen Client angeboten, den man auf seinem Rechner installieren kann, wäre das sicher hilfreich gewesen. Heutzutage wiederum wird genau die cloudbasierte Telefonie gefordert – also das, was wir schon 2005 gemacht haben.

connect professional: Nun hat sich bei Starface seit den Anfängen viel getan und gerade in den letzten Jahren gab es etliche Veränderungen…

Buzin: Wir hatten von Anfang an den Wunsch, ein Wachstumsunternehmen zu werden, das im Markt stark und gut positioniert ist. Technologisch hatten wir zwei große Push-Momente: Die Umstellung von ISDN auf Voice over IP im Netz und die Verlagerung in die Cloud – wobei die Cloud das wirklich starke Momentum war. Ein starker Push für unser Unternehmenswachstum war die gelungene Übernahme von Teamfon im Herbst 2021; da haben wir gemerkt, dass uns ein solcher Schritt wirklich helfen kann beim Wachsen. Bei Estos haben wir uns eigentlich keine großen Hoffnungen auf den Zuschlag gemacht, aber dann waren wir doch der beste Fit für alle Seiten. Und so kam im Herbst 2021 mit Estos gleich noch der zweite große Partner in die Unternehmensgruppe dazu. Ende 2024 haben wir VIO:networks übernommen. Diese Zukäufe haben uns jeweils geholfen, in bestimmte Märkte hineinzukommen: mit Teamfon in das Thema White Label, mit Estos in das Thema TK-Channel, Vio:networks hat den Online-Vertrieb in der DNA, was uns ermöglicht, neue Zielgruppen anzusprechen.

connect professional: Nun ist die Starface-Gruppe seit Februar 2025 Teil des internationalen Konzerns Gamma Communications. Können Sie schon ein erstes Resümee ziehen?
Buzin: Bei der Übernahme durch Gamma hatte ich durchaus die Sorge, dass wir uns nach dieser Akquisition erst einmal zwei Jahre mit uns selbst beschäftigen müssen und das originäre Geschäft darunter leidet. Das ist glücklicherweise nicht eingetreten. Mein Eindruck ist, dass wir die ersten 100 Tage alle zusammen sehr gut gemeistert haben. Wir haben fast alle Themen im Zusammenhang mit der Integration definieren können.

connect professional: Die da wären?
Buzin: Es wird Veränderungen im Führungsbereich geben, aber auch auf den operativen Ebenen. Da der Migrations- und Veränderungsprozess einen Zeithorizont von etwa eineinhalb bis zwei Jahren hat, warten natürlich noch etliche To dos auf ihre Umsetzung. Grundsätzlich sind wir aber mit Gamma auf einen sehr guten Partner getroffen und es geht in die richtige Richtung.

connect professional: Können Sie die erwähnten Veränderungen noch etwas konkretisieren?

Buzin: Wir planen, eine gemeinschaftliche Vertriebsorganisation zu schaffen. Mit Starface, Estos und der ehemaligen HFO Telecom, heute Gamma Communications Deutschland, gibt es Überlappungen im SIP-Bereich. Das heißt, die bisherige vertriebliche Trennung von Starface und Estos wird aufgelöst. Die beiden Unternehmen laufen bislang – unter dem Dach der Starface Gruppe – als zwei getrennte Brands mit getrennten Teams und Vertriebsmannschaften. Mit dieser Vereinheitlichung wollen wir bewusst eine Blaupause schaffen, die bei künftigen Akquisitionen der Gruppe zum Tragen kommen kann.

connect professional: Welche künftigen Akquisitionen haben Sie da im Sinn?

Buzin: Im Markt wird schon das ein oder andere gemunkelt; dem kann ich weder zustimmen noch kann ich es dementieren. Dass sich in diesem Punkt weiterhin etwas tun wird, ist strategisches Ziel.

connect professional: Dann schauen wir auf die Überlappungen, die Sie angesprochen haben. Was ist hier angedacht?

Buzin: Bei den Produkten haben wir Überlappungen, aus denen wir Synergien heben wollen. Beispiel SIP: Estos, Starface, Starface Withe Label, die ehemalige HFO und Placetel, ebenfalls zu Gamma gehörend, brauchen alle das gleiche Fundament: Voice. Daher werden wir das in der nächsten Zeit konsolidieren und integrieren. Aber es gibt natürlich noch viele weitere Bausteine, die wir gerade anpacken. Für die Unternehmensgruppe heißt das, die singulären Silos abzulösen und gemeinschaftlich am gleichen Ziel zu arbeiten. Ich denke aber, dass wir hier auf einem ganz guten Weg sind.

connect professional: Schlägt sich die gemeinschaftliche Arbeit auch schon in Starface 10 nieder?

Buzin: Ja, bei Starface 10 hat sich technologisch sehr viel getan, was Integrationsthemen zwischen den Gesellschaften angeht. Es gibt ein großes technologisches Framework, das sich Starface und Estos teilen. Das bedeutet, dass wir ab jetzt Features in beiden Produkten gleichzeitig entwickeln.

connect professional: Wie geht es mit den Partnerprogrammen weiter?

Buzin: Auch da wird es Neuerungen geben. Wir haben im Grunde vier Partnerprogramme: Starface, Estos, White Label und die ehemalige HFO. Die Herausforderung wird sein, diese zu integrieren, so dass alle 4.500 Partner über eine Organisation bedient und betreut werden. Dafür wird ein neuer Partnervertrag benötigt, mit dem sich die Partner dann automatisch in andere Bereiche hineinzertifizieren und technologisch weiterentwickeln können – vorausgesetzt sie möchten das.

connect professional: Stichwort Technologie: Wie sehen Sie in Ihrem Bereich die aktuelle Cloud-Durchdringung auf dem deutschen Markt?

Buzin: Wir sehen eine sehr starke Bewegung in Richtung Cloud. Zum Beispiel bei den Starface-Neukunden: Preislich macht es keinen Unterschied, ob man bei uns eine Lösung in der Cloud, On-Prem oder eine virtualisierte Lösung kauft. Die Kunden nehmen das, was am besten zu ihnen und ihrer Infrastruktur passt. Und hier wählen über 50 Prozent Cloud-Anlagen. Wenn sich also mehr als die Hälfte der Neukunden für die Bereitstellung über die Cloud entscheidet, dann zeigt das ganz gut, wie sich der Markt in diese Richtung gedreht hat. Denn das sind mittlerweile nicht mehr Early Adapters, sondern das ist der ganz normale Mittelstand – eine Schlosserei zum Beispiel.

connect professional: Zieht die Partnerlandschaft beim Cloud-Geschäft auch mit?

Buzin: Viele unserer Partner sind in der Corona-Zeit quasi aufgewacht. Sie haben verstanden, dass ein wiederkehrendes Geschäft Monat für Monat die Kosten deckt.