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Museumsreif

Mitten im Weihnachtsgeschäft gibt es Ärger. Die direkten Vertriebsaktivitäten eines Herstellers sorgen für Unmut bei den Fachhändlern: »Dort ist jetzt das ganze Sortiment zu haben, und das zu Preisen, die unseren Bestand entwerten«, schimpft ein aufgebrachter Reseller.

Autor:Redaktion connect-professional • 12.12.2006 • ca. 1:25 Min

Doch es stehen nicht die üblichen Verdächtigen wie HP, FSC oder Panasonic am Pranger, es geht vielmehr um die deutschen Kinderzimmer. Die Händler der Modelleisenbahnschmiede Märklin gehen auf die Barrikaden, denn im konzerneigenen Museumsladen kann man den Klassiker unter den Kinderspielzeugen günstig erwerben und das sogar am Sonntag. Zusammen mit dem ebenfalls konzerneigenen Online- Shop macht das 168 Stunden Märklin-Shopping in der Woche, während der durchschnittliche Spielwarenladen mit Öffnungszeiten von 9:30 bis 12:30 Uhr und 14:30 bis 18:30 Uhr, außer Mittwoch und Samstag, da ist nur vormittags offen, gerade mal auf 34 Stunden kommt. Die Händler ärgern sich zwar, doch die angeschlagene Spielzeugtraditionsfirma sichert sich mit alternativen Vertriebswegen zumindest kurzfristig das Überleben.

Das Beispiel macht Schule, denn auch nach der Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten in manchen Bundesländern fehlt es in den Randlagen des Tages oder Woche an Einkaufsmöglichkeiten. Längst arbeiten die Player der ITK-Branche an entsprechenden Vertriebskonzepten, denn Museums-Shopping ist im Kommen. Das Heinz Nixdorf Museums Forum in Paderborn, nach eignen Angaben das »größte Computermuseum der Welt«, arbeitet nach einem der Computer Reseller News zugespielten Geheimplan zusammen mit der Markt-Saturn-Holding an einem 3.000-Quadratmeter-Museums-Shop, Codename »Saubillig in Westfalen«. Ein weiteres Beispiel kommt aus dem Süden der Republik: Um die Digitalkameraabsätze auch im, was den Ladenschluss betrifft, restriktiven Bayern zu sichern, will Canon mit der Pinakothek der Moderne zusammenarbeiten. Ein erster Erfolg zeichnet sich schon ab: Ab 1. Januar 2007 verlängert der Tempel für moderne Kunst die Öffnungszeiten um eine Stunde. Einziges Zugeständnis der japanischen Kamera-Schmiede: Das neue Digicam-Modell »Ixus 900 Ti« bekommt einen Picasso-Modus. Alle Portrait-Aufnahmen sehen dann aus, als wären sie von dem spanischen Künstler gemalt.

Gescheitert sind hingegen die Kooperationspläne von Benq Mobile und dem Museum für Post und Telekommunikation in Berlin, zumindest was den Verkauf der verbliebenen Produkte im Museumsladen betrifft. Immerhin hat sich die Museumsstiftung bereit erklärt, einige museumsreife Stücke aus dem aktuellen Portfolio in die Ausstellung zu übernehmen.