SAP braucht einen starken Business Objects-Channel
SAP hat den Business Intelligence-(BI-)Spezialisten Business Objects inzwischen integriert und die Partnerprogramme harmonisiert. Nach wie vor ist den Walldorfern aber an einem starken eigenständigen Business Objects-Channel gelegen. Denn für den Software-Riesen ist BI mehr als ein bloßes Anhängsel des ERP-Kerngeschäfts.
Die erste große Akquisition der Konzerngeschichte hat die Position von SAP gestärkt: Seit dem Kauf von Business Objects (BO), Anfang 2008 abgeschlossen, führt der Software-Riese auch den Markt für Business Intelligence-(BI-)Software an. In Deutschland kamen die Walldorfer mit BI-Umsätzen von 110 Millionen Euro laut dem Marktforschungsinstitut BARC im vergangenen Jahr auf einen Anteil von 14,6 Prozent (siehe Grafik). Dass selbst der Marktführer aber nur einen niedrigen zweistelligen Prozentsatz erreicht, zeigt zugleich, wie zersplittert das Segment nach wie vor ist. »Auf der Position können wir uns natürlich nicht ausruhen«, weiß deshalb auch Franz Aman, verantwortlich für globales Marketing bei SAP Business Objects.
Ziel der Walldorfer ist, die Marktführerschaft in einem sich konzentrierenden Markt auszubauen, wie Aman ausführt. Im Mittelstandsgeschäft spielt der Channel dabei eine entscheidende Rolle. Formal hat SAP daher in den vergangenen Monaten die Partnerstufen und Rabattstaffeln des SAP und des BO-Partnerprogramms harmonisiert. Einen eigenständigen BO-Channel mit Partnern, die sich strategisch auf BI-Tools fokussieren, wird es aber nach wie vor geben. Das ist notwendig, denn zahlreiche BO-Kunden sind keine SAP-Anwender, sondern setzen Reporting- und Analyse-Tools des französischen Herstellers zusammen mit Back-end-Technologien von Wettbewerbern wie IBM, Microsoft oder Oracle ein. Den Zugang zu diesem Markt darf sich SAP nicht verbauen. Immerhin haben die Walldorfer fast fünf Milliarden Euro für den damals führenden französischen BI-Spezialisten gezahlt.
Tatsächlich gibt es bei Kunden und Beobachtern die Befürchtung, SAP könne die BO-Produkte in ihrer Kompatibilität so einschränken, dass sie sich langfristig nur noch als Front-end-Tools für das SAP Business Warehouse eignen. Einem solchen Szenario tritt Aman aber entschieden entgegen. Schließlich wisse SAP um den Wert des zugekauften Anbieters, macht der Marketingmann deutlich. Selbst die ERP-Stammklientel würde eine technologische Einengung der BO-Produkte nicht gutheißen. »Es ist klarer Wunsch der SAP-Bestandskunden, dass die Tools gegenüber Drittsystemen komplett offen bleiben.« Darin spiegelt sich freilich die Tatsache, dass auch die IT-Landschaft bei SAP-Kunden häufig heterogen ist.
Die SAP-Strategie im BI-Geschäft zielt im Wesentlichen in zwei Richtungen. Zunächst möchte SAP klassische ERP-Partner dafür gewinnen, auch das BO-Portfolio zu vertreiben. Denn bei den Kunden, die von diesen Partnern betreut werden, rechnet SAP mit einem beträchtlichen Bedarf an BI-Produkten. Die Disziplin ist zweifellos eine sinnvolle Ergänzung, wenn betriebswirtschaftliche Anwendungen um Steuerungs- und Planungskomponenten erweitert werden sollen. »Bei mittelständischen ERP-Kunden sehen wir tatsächlich großes Cross Selling-Potenzial«, bestätigt Tobias Kirchner, europäischer Channel-Chef von SAP Business Objects: Immerhin gebe es weltweit 12.000 Anwender der Mittelstandslösung SAP All-in-One, die noch kein BO-Produkt einsetzen.
Daneben gibt es eine zweite Kundengruppe, die zwar theoretisch Potenzial bieten würde: BO-Kunden, die ERP-Systeme von Wettbewerbern wie Microsoft, Infor, SoftM oder einem anderen Mittelstandsanbieter einsetzen. Bei dieser Klientel ist es aber weitaus schwieriger, das Cross Selling-Potenzial zu erschließen. Nicht nur, dass ERP-Systeme einen langen Lebenszyklus haben. Hinzu kommt, dass es sich beim Gros der ursprünglichen BO-Partner um BI-Spezialisten handelt, die auch langfristig kaum für das ERP-Geschäft zu begeistern sind.
Umso mehr ist SAP daran gelegen, über einen starken eigenständigen BI-Channel weitere Marktanteile für die Lösungen zu gewinnen. Denn der ERP-Marktführer versteht BI nicht als bloßes Anhängsel des klassischen Kerngeschäfts. Was den Zielmarkt angeht, macht SAP prinzipiell keine Einschränkungen. Vielmehr lautet der vertriebliche Anspruch, jeden Kunden »nach dessen individuellem Bedarf perfekt zu adressieren«, stellt Kirchner klar. »Dabei verhalten wir uns agnostisch, welches ERP-System oder welche anderen Business-Lösungen der Kunde bereits einsetzt.«
Der Mittelstand ist Zielmarkt
Als Markt für den indirekten Vertrieb kommen Unternehmen in Frage, deren Jahresumsatz weniger als 500 Millionen Euro beträgt. Ein Schwerpunkt des Partnergeschäfts liegt auf Kunden mit weniger als 200 Millionen Euro Umsatz. Denn dieses Segment der Marktpyramide ist zahlenmäßig am größten, und »der Anteil der Nicht-SAP-Kunden ist dort am größten«, wie Kirchner vorrechnet.
Darüber hinaus will SAP auch in Zukunft keinen Vertriebskanal aufgeben, den BO vor der Übernahme bedient hat. So werden die Volumenprodukte der Crystal-Linie nach wie vor zweistufig über die Distribution vermarktet, in Deutschland über die Broadliner Ingram Micro und Tech Data. Der BO-Channel war seit jeher heterogen. SAP hat sich aber darum bemüht, die verschiedenen Partnertypen nach Art des Geschäftsmodells voneinander abzugrenzen. Aktuell arbeitet der Hersteller in Deutschland im BO-Geschäft mit 69 Channel-Partnern zusammen. Eine weitere große Gruppe bilden die 63 OEM-Partner. Bei ihnen handelt es sich um unabhängige Software-Anbieter, die BO-Tools in eigene Lösungen integrieren.