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Urheberrechtsabgaben gefährden Fachhandel

»Verwertungsgesellschaften erzählen Märchen«

Im Streit um die Urheberrechtsabgaben hat der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) seinen Standpunkt verdeutlicht. Zielscheibe der Interessensvertretung sind die Verwertungsgesellschaften.

Autor:Redaktion connect-professional • 9.11.2006 • ca. 1:40 Min

Noch befindet sich der so genannte zweite Korb der Novellierung des Urheberrechts in den Mühlen des Gesetzgebungsprozesses. Die Fronten zwischen der Geräteindustrie auf der einen und der Verwertungsgesellschaften auf der anderen Seite sind verhärtet. Bitkom-Vizepräsident Jörg Menno Harms wehrt sich massiv gegen die Aussage der Verwertungsgesellschaften, man wolle die Autoren und Rechteinhaber enteignen. »Wer sagt, wir wollen die Abgaben senken, erzählt Märchen«, erklärt Harms am Rande der Systems in scharfer Form. Das Gegenteil sei der Fall. Über 600 Millionen Euro an Abgaben könnten durch die Novelle des Urheberrechts jährlich an Autoren und Künstler fließen, rechnet der Bitkom-Vize vor. Derzeit sind es rund 124 Millionen. Eine Unbekannte in der Berechnung ist jedoch die Frage, ob Geräte, die nachgewiesener Weise nicht oder kaum zur Vervielfältigung geschützter Werke verwendet werden, in die Rechnung einbezogen werden. »Wir treten dafür ein, dass Geräte, die weniger als zehn Prozent zum Anfertigen privater Kopien eingesetzt werden, der Abgabepflicht nicht unterliegen«, bekräftigt Harms. Eine angemessene Vergütung würde nur Cent-Beträge einbringen. Damit sei niemandem geholfen, außer den Apparaten der Verwertungsgesellschaften.

Abgaben treffen den Fachhandel

Sollten die Vorstellungen der Verwertungsgesellschaften umgesetzt werden, befürchten die Hersteller einen massiven Wettbewerbsnachteil für den deutschen Fachhandel. »Hersteller und Verbraucher weichen ins Ausland aus, und das Ausland liegt im Internet nur einen Mausklick entfernt«, befürchtet Harms und vergleicht die Abgaben mit der Erhöhung der Tabaksteuer: »Die Zahl der Nichtraucher steigt und der Zigarettenschmuggel nimmt zu.«

Auch Mike Rüschenbaum, Geschäftsführer bei der Lexmark Deutschland GmbH, erwartet eine Verlagerung der Vertriebsaktivitäten jenseits der deutschen Grenzen: »Hohe Abgaben treffen unmittelbar unsere Handelspartner «, befürchtet der Lexmark- Chef. Es bestehe zudem die Gefahr, dass zwar die Beratungsleistung der Händler in Anspruch genommen würde, der Kauf hingegen im Ausland erfolge. Rüschenbaum appelliert daher an die Urhebervertreter, den nun vorgelegten Gesetzesentwurf mitzutragen.

Auf die Frage nach Rückstellungen, die die Hersteller im Falle von Rückforderungen seitens der Verwertungsgesellschaften gebildet haben, hält sich Rüschenbaum bedeckt. Das nun zu verabschiedende Gesetz richte sich an die Zukunft. Über rückwirkende Kosten müsse man sich gesondert verständigen. »Ich gehe aber davon aus, dass die Rückstellungen reichen«, erklärt Rüschenbaum auf Nachfrage der Computer Reseller News.

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INFO

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