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Exklusiv-Interview

»Zu viele Freaks in der Branche«

Auf der Hausmesse »Herweck Perspectives« sprach CRN-Korrespondent Folker Lück mit Namensgeber und Vorstand Jörg Herweck über Nachhilfe für Fachhändler, das schwierige Mobilfunk-Geschäft und neue Chancen im VoIP-Markt. In der ITK-Distribution rechnet der Vorstand künftig vermehrt mit Fusionen oder Kooperationen, etwa in den Bereichen Logistik oder Call-Center.

Autor:Redaktion connect-professional • 28.7.2006 • ca. 2:25 Min

CRN: Ihr Unternehmen hat früher als einige Mitbewerber auf den Konvergenzmarkt reagiert und neue Produkte und Schulungen angeboten. Hat sich das für Sie bezahlt gemacht?

Herweck: Dieser frühe Schritt hat sich für uns absolut bezahlt gemacht! Es hat deutliche Verschiebungen in unserer Produktpalette gegeben. WLAN-Produkte oder Switche nehmen heute einen immer größeren Stellenwert ein, während etwa die Nachfrage nach Telefonanlagen oder Schnurlostelefonen konstant bleibt. Die meisten Händler haben verstanden, dass sie heute ihren Kunden Lösungen anbieten müssen und der reine Geräteverkauf nicht mehr ausreicht. Deshalb werden auch Schulungen in sehr großem Umfang angenommen.

CRN: Kürzlich hat mit Demuth + Dietl ein prominenter TK-Distributor Insolvenz beantragt. Rechnen Sie mit einer weiteren Konsolidierung im Markt?

Herweck: Ich glaube nicht, dass wir in nächster Zeit mit einer weiteren Konsolidierung durch Insolvenzen rechnen müssen. Für denkbar halte ich allerdings Fusionen oder andere Formen der Kooperation, denn die Ertragslage ist bei allen Distributoren weiterhin schwierig. Auch eine Zusammenarbeit etwa mit Mobilfunk-Ketten könnte ich mir vorstellen. Machbar wären zum Beispiel Zusammenschlüsse in den Bereichen Logistik oder Call- Center. Ich halte auch einen Börsengang des einen oder anderen Unternehmens für durchaus denkbar.

CRN: Neben Technikthemen bietet Ihr Unternehmen auch vertrieblich orientierte Schulungen an. Muss man manchem Händler das Verkaufen erst beibringen?

Herweck: Diese Frage muss ich leider ganz provokant mit einem »Ja« beantworten. Es gibt meiner Ansicht nach noch immer viele Freaks in unserer Branche, die richtiggehend technikverliebt sind. Solchen Händlern mangelt es oft an Verständnis dafür, dass die Entscheidungsträger auf Kundenseite gar keine technischen Details wissen wollen. Entscheider wollen wissen, welchen Nutzwert ihnen eine neue Lösung bringt. Wer das nicht begreift oder nicht vermitteln kann, der muss dazulernen! Unsere Vertriebsschulungen werden übrigens sehr gut angenommen. Darüber hinaus verfügen wir jetzt über weitere Marketing-Unterstützung im Haus, die wir dem Handel sehr günstig zur Verfügung stellen.

CRN: Der Mobilfunkmarkt ist weitgehend gesättigt, UMTS bisher kein riesiger Verkaufsschlager. No-Frills- Angebote wie Simyo nehmen die Verbraucher hingegen sehr gut an. Ist der Mobilfunk damit für den Fachhandel eigentlich noch interessant?

Herweck: Ich sehe viele technische Neuentwicklungen im Mobilfunk recht skeptisch, auch wenn ich selbst davon lebe. Meiner Ansicht nach mangelt es UMTS auch weiterhin an einer Killerapplikation. Ich glaube beispielsweise nicht, dass sich die Verbraucher künftig in hohem Maße Musik oder Spielfilme auf ihr Handy laden werden, denn ihre Zeit und ihr Budget sind begrenzt. Die Mobilfunkanbieter können nur durch wirklich sinnvolle Dienste neue Bedürfnisse wecken. Solange das nicht gelingt, wird es hier auch der Fachhandel schwer haben.

CRN: VoIP-Lösungen verkaufen sich immer besser. Rechnen Sie mit einem ähnlichen Boom wie vor einigen Jahren mit ISDN? Und: Wenn VoIP richtig boomt – wer profitiert davon?

Herweck: Der VoIP-Markt ist jetzt endlich da, es besteht großes Interesse auf Kundenseite, und hier wird selbstverständlich auch Geld verdient. Einen großen Teil des Geschäfts werden dabei sicherlich die Carrier und Internet-Provider direkt machen, keine Frage. Das muss dem Handel aber nicht unbedingt schaden, denn starke Anbieter und Marken sind wichtig. Für VoIP werden Businesskunden aber auch in ihre Infrastruktur investieren, Privatkunden werden neben schnellem DSL und Internet- Telefonie auch neue Entertainment- Angebote nutzen wollen. Deshalb profitiert hier in jedem Fall auch der Handel, davon bin ich fest überzeugt.

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