Alcatel will den Durchbruch schaffen
Seit Jahren predigt das Alcatel-Top-Management den Kreuzzug gegen Cisco – und fühlt sich durch positiv ausfallende Tests und positive Resonanz bei Teststellungen bestätigt. Dennoch konnten mit den Netzwerkprodukten bisher wenig Erfolge vorgewiesen werden. Ein neuer Ansatz im Vertrieb soll das nun in Deutschland ändern – und den Umsatz innerhalb von drei Jahren verdoppeln.
Seit der Fusion mit Lucent ist es nun wirklich nicht mehr zu leugnen: Alcatel ist kein französischer Spezialanbieter mehr, sondern eine milliardenschwere Weltfirma, die bei Innovationskraft und technischer Reife der Produkte locker mit den bekannten Anbietern aus Amerika und Asien mithalten kann. Wird diese Selbsteinschätzung im Carrierund Provider-Umfeld noch von allen Experten geteilt, sieht das im Markt für Unternehmensprodukte schon anders aus. In diesem Segment ist Alcatel das Mauerblümchen in einem Rosenbeet.
»Alcatel hat mehr zu bieten, als man gemeinhin weiß«, stellte auch Wolfgang Hackenberg, seit Dezember vergangenen Jahre als Vize-Präsident Enterprise Sales bei Alcatel in Deutschland beschäftigt, in den letzten Monaten fest. Der ehemalige Cisco-Manager Hackenberg ist aber auch angetreten, um dafür zu sorgen, dass sich diese Wahrnehmung ändert. Als Grund für die »technologische Stärke und die vertriebliche Schwäche, die Alcatel zweifellos hat«, machte Hackenberg die fehlende Präsenz bei den Kunden aus. Dies gelte besonders bei den LAN- und WANProdukten, im VoIP-Segment fühlt sich Alcatel – zumindest wenn man den westeuropäischen Markt als Gesamtheit sieht – derzeit von der Konkurrenz aus der IT-Branche nicht bedroht (siehe Grafik). Zu Recht: Siemens dürfte durch die Ausgliederung der Telefonanlagensparte »Enterprise« ab Oktober als eigenständiges Unternehmen in die Siemens Enterprise Communications GmbH & Co KG erstmal mit sich selbst beziehungsweise der Suche nach einem finanzkräftigen Investor beschäftigt sein. Avaya hat vor der Übernahme von Tenovis – durch die der hohe Marktanteil erst zu Stande kam – schon Probleme im indirekten Vertrieb gehabt, die durch den Kauf nicht kleiner geworden sind. Nortels PBX-Geschäft leidet unter der allgemeinen Schwäche des Konzerns und Ericsson unter den Verkaufsgerüchten. Hackenberg hat also durchaus Recht, wenn er Alcatel als die »derzeit einzige, konstante Größe in diesem Marktsegment« bezeichnet.
Mit diesem Trumpf im Ärmel, sollen nun bestehende Partner an neue Geschäftsfelder herangeführt und neue Partner gewonnen werden. Dabei will sich Alcatel nicht nur auf Systemhäuser aus dem TK- und Netzwerkumfeld beschränken. Anwendungen, wie Alcatels »My Teamwork« oder auch die Produkte des »Genesys«- Geschäftsbereiches sieht Hackenberg als margenträchtige Einstiegsprodukte für Partner mit Know-how in der Software-Integration. Auftakt der Aktivitäten ist eine demnächst startende Roadshow, die mit Stationen in Hamburg, Düsseldorf, Frankfurt und München, jeweils an zwei Tagen, Alcatel bei Partnern und Endkunden in Erinnerung rufen soll. Damit die Aktion nicht nutzlos verpufft, investieren die Franzosen derzeit in den personellen Ausbau des neu strukturierten Teams um den Channel Director Frank Nürk und arbeiten am Aufbau eines Tele-Sales-Teams. Damit soll dann die gewachsene Bekanntheit auch in klingende Münze umgewandelt werden.
Wem das bekannt vorkommt, der täuscht sich nicht. Ähnliche Pläne hatte Alcatel schon mehrmals. Aber diesmal ist die Ausgangssituation anders: Mit dem ehemaligen Cisco-Mann Hackenberg könnte die Alcatel-Channel- Initiative auch mit dem Aufdruck »Powered bei Cisco« versehen werden. Und wie viel Power in dem Hersteller steckt, hat der kleine Router-Hersteller aus San Francisco in den vergangenen Jahren oft genug bewiesen.
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Siehe auch das Interview mit Wolfgang Hackenberg (Alcatel): »Im Vertrieb einen Quantensprung nach vorne machen«