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Ausgebandelt

Siemens-Bande, Manager-Bande, 200-Millionen-Euro-Bande – das Wort »Bande« als Bezeichnung für hochrangige Manager eines konservativen Konzerns wie Siemens ungestraft verwenden zu können, erfreut den Normalbürger ganz besonders.

Autor:Redaktion connect-professional • 29.11.2006 • ca. 1:30 Min

Was dem einen empörte Aufschreie entlockt, beschert dem anderen eher sentimentale Erinnerungen an seine Kindheit – wie aufregend war die erste eigene Bande mit den Nachbarskindern inklusive erster Zigarette und verschwörerischer Treffen im selbstgebauten Bandenquartier. Oder, wie war das noch in alten Westernfilmen, wo eine Bande immer aus Gaunern bestand? Die waren entweder schlimme Kriminelle oder liebenswerte Spitzbuben. Also Dalton-Bande oder TKKG. Darf man einigen Korruptionsexperten glauben, gehören die Jungs von Siemens eher zur zweiten Kategorie. Ganz nach dem Motto: Ein bisschen Schmier´ muss sein. Und seien wir ehrlich – wenn man es denn nur gut meint, verschwimmen ganz leicht die Grenzen zwischen Kriminalität und Gutherzigkeit. Hauptsache, man ist dabei nicht allein. Denn wer eine echte Bande gründen will, muss – laut einer Entscheidung des Großen Senats in Strafsachen von 2001 – mindestens drei Leute mitbringen. Andernfalls käme man lediglich in die Einzeltäterstatistik. Na bestens, mit mindestens zwölf Mitgliedern ist die Siemens-Bande da auf der sicheren Seite.

Und sie meinte es ganz bestimmt nur gut, als sie Stück für Stück den 200- Millionen-Kuchen aus Mutters Küche geklaut hat. Wie soll man sich denn ohne ein bisschen Ba(c)kschisch in der großen weiten Welt behaupten? Wenn einen die bösen Jungs da draußen nicht mitspielen lassen wollen. Wer mag das schon? Nach Hause schleichen zu müssen, weil die anderen coolere Computerspiele haben. Wollen wir den Siemens- Jungs also nicht unterstellen, was man schon seit dem 16. Jahrhundert unter einer Gaunerbande versteht: »Betrüger oder Spitzbuben, welche Betrug und Diebstahl gewerbsmäßig nach bestimmten Prinzipien und Regeln sowie in mehr oder minder regelmäßig organisierter Verbindung betreiben.«

Gut, pädagogisch wertvoll ist die ganze Bandengeschichte natürlich nicht. Man sollte ja schon von klein auf lernen, andere mit guten Argumenten zu überzeugen und sich keine Freundschaften zu erkaufen. Apropos Freundschaft: Korruptionskritiker schlagen vor, Banden mögen sich doch künftig zusammenschließen und eine Art Gewerkschaft gründen. Gemeinsam könnten sie sich besser gegen die wirklich bösen Banden zur Wehr setzen – nämlich gegen jene, die einen nur für ein großes Stück vom Kuchen mitspielen lassen.