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Daten im schnellen Zugriff

Daten im schnellen Zugriff Das Universitätsklinikum Leipzig stöhnt wie viele Kliniken unter einer steigenden Datenflut. Doch mit der jüngst implementierten ILM-­Infrastruktur sieht sich die Einrichtung für die digitale Zukunft des Gesundheitswesens gewappnet.

Autor:Redaktion connect-professional • 17.8.2007 • ca. 4:25 Min

Während eines Krankenhausaufenthalts entstehen täglich zahlreiche Daten wie Anamnesebögen, Röntgen-, EKG- und CT-Aufnahmen, Medikamentenzuteilungen oder Rezepte. Parallel dazu produzieren die Funktionsbereiche einer Klinik wie Personalwesen, Finanzen, Controlling und Materialwirtschaft wichtige Verwaltungsinformationen. Alle diese Informationen müssen heute von Kliniken verarbeitet, archiviert und den weiterbehandelnden Ärzten zugänglich gemacht werden. Nicht zuletzt sind die Daten die Grundlage für eine zeitnahe Abrechnung der Leistungen mit den Krankenversicherungen. Auch das Universitätsklinikum Leipzig (UKL) steht vor dieser Herausforderung. Um weiterhin eine effiziente Patientenversorgung garantieren zu können und gleichzeitig die einschlägigen gesetzlichen Vorgaben zur Datenarchivierung einzuhalten, hat das UKL ein Information Lifecycle Management (ILM) für sämtliche SAP-Daten umgesetzt. Bereits 2002 hatte das UKL ein Storage Area Network (SAN) auf Basis von EMC-Clariion-Systemen mit 15 TByte Kapazität auf Fibre-Channel- und ATA-Platten aufgebaut, um das Datenwachstum mit einer leistungsfähigen Informationsinfrastruktur abzufedern. In diesem Speichernetz lagern die Daten des integrierten klinischen Arbeitsplatzsystems SAP IS-H und die Files mit unstrukturierten Daten. Vor dem Hintergrund der permanenten Sparmaßnahmen im Gesundheitswesen entschied sich das UKL 2005, das betriebswirtschaftliche Berichtswesen und das medizinische Controlling aus den Quellsystemen SAP R/3 und SAP IS-H in einem Data Warehouse zusammenzuführen. Das SAP Business Warehouse (SAP BI) bietet den Anwendern heute eine konsolidierte Sicht auf medizinische Daten, Finanzen, Controlling und Materialwirtschaft. Tagesaktuelle Daten werden in fest definierten Berichtsformaten zur übersichtlichen Entscheidungsgrundlage. »Alle Informationen, die bei der Behandlung unserer Patienten entstehen, müssen oft rund um die Uhr und überall im Klinikum verfügbar sein«, sagt Dirk Jaeckel, CIO des Universitätsklinikums Leipzig. »Neben der Kostenreduzierung ist daher ein schneller Zugriff für die 3000 Mitarbeiter innerhalb des Klinikums eines unserer strategischen Ziele.«

ILM für SAP Die Volumina von SAP-Datenbanken und insbesondere Data Warehouses wachsen schnell. Also suchten die IT-Verantwortlichen des UKL nach Möglichkeiten der Entlastung des teuren Speichers. Mit der Umstellung auf das neue SAP-System wurde im Laufe des ersten Halbjahres 2005 ein ILM-­Ansatz als Lösung für dieses Problem ­realisiert. Nachdem EMC zusammen mit dem Software-Un­ternehmen Outerbay und dem Systemintegrator Perdata die Ausschreibung des Projekts gewonnen hatte, wurde die neue Archivierungslösung innerhalb von sechs Monaten aufgebaut. Dazu implementierte das UKL zwei gespiegelte Systeme des Typs Centera CAS (Content Adressed Sto­rage), die speziell für die revisionssichere Archivierung unveränderlicher Daten konzipiert sind. Neben den Massendaten im SAP BI werden auch die Informationen der transaktionsorientierten Systeme sowie das Dokumentenmanagement innerhalb der SAP-Infrastruktur automatisch auf das jeweils günstigste Speichermedium verschoben. Das ILM-Konzept für die Informationen im Data Warehouse funktioniert regelbasiert: Aus SAP IS-H werden Informationen zu Betten, Belegungen, Bewegungen, Falldaten, DRG (Diagnosis Related Groups) in medizinischer und Abrechnungssicht in SAP BI geladen und über die Eingangsschicht in Operational-Data-Store-Objekte überführt. Organisatorisch haben die Fachabteilungen der Klinik bestimmte Richtlinien für die Archivierung dieser Objekte definiert. Die Archivierungssoftware Database Xtender für SAP kennt diese Policies und verlagert die Inhalte auf eine separate Datenbank. Diese legt die Tabellen auf den kostengünstigen ATA-Platten des Speichersubsystems Clariion und in einem weiteren Schritt in das Centera-Archiv ab. Die Software pflegt alle existierenden Datenbeziehungen, als würden die archivierten Informationen weiterhin in der Produktionsumgebung vorliegen. Die Archivierungssoftware erlaubt den transparenten Zugriff auf die mit dem SAP Archive Development Kit (ADK) erstellten Archivdateien über deren native SAP-BW- und SAP-R/3-Anwendungen. Die Daten von abgeschlossenen Prozessen aus den SAP-R/3-Modulen ­Finanzwesen, Controlling, Materialwirtschaft und Per­sonalwesen werden mithilfe der standardisierten SAP-Archivierungsobjekte auf die Centera ausgelagert. Für alle Datenzugriffe auf die Datenbanken und das Archivsystem steht ein spezielles Software-Tool bereit, das SAP-Benutzer darin unterstützt, den gesetzlichen Anforderungen für die Datenhaltung und das Reporting nachzukommen. Hierdurch können die Anwender im Klinikum transparent auf alle Unternehmensinformationen zugreifen. Ein Content Server überführt die in SAP erstellten und erfassten Dokumente von R/3 auf das revisionssichere Langzeitarchiv und verwaltet die Daten in den eingesetzten Modulen. Der Zugriff ist entsprechend der Spezifikationen von SAP über die Archive-Link-Schnittstelle sichergestellt (siehe Grafik Seite 36). Das Klinikpersonal am Desktop kann mit definierten Reports arbeiten, ohne auf Datensuche gehen zu müssen. Sensible Informationen, die bei einem Neuaufbau des Systems nicht einfach wieder hergestellt werden können, sind im Archiv als Kopie abgelegt. Hierdurch entstehen enorme Kostenvorteile bei der Neuanlage von Infocubes, mehrdimensionalen Datenmodellen. Sie weisen die Merkmale und Kennzahlen aus, die betriebswirtschaftlich zusammengehören, überwachen und analysieren sie.

Alle rechtlichen ­Anforderungen erfüllt Die neue Informationsinfrastruktur des Uniklinikums Leipzig ermöglicht neben der Archivierung von SAP-Daten und -Do­­kumenten auch die intelligente und transparente Wiederherstellung der archivierten Daten. Durch die frühzeitige Archivierung wird zudem wertvoller Speicherplatz auf den Online-Systemen frei. Die Performance des gesamten Systems ist gestiegen: »Die Zugriffszeiten auf die Produktivdaten und auch auf die archivierten Informationen haben sich erheblich verkürzt«, bestätigt Jaeckel. Auch auf die Backup-Strategie der UKL hat die neue Lösung unmittelbar positiven Einfluss: »Durch die ­Archivierung verringert sich das Datenvolumen, das beim Backup gesichert werden muss.« So ist Jaeckel zuversichtlich, dass die Prozesse rund um die Ein­führung der elektronischen Gesundheitskarte, gut beherrscht werden können. Zukünftig plant das UKL unter anderem die Integration des Systems für PACS (Picture Archiving and Communication) ins SAN und eine Archivierungslösung. Momentan arbeiten die Speichersysteme für RIS (Radio­logie-Informationssystem) und PACS noch als Insel­lösung. Aktuell ist eine Konsolidierung der Ressourcen geplant. Die Anwender greifen nämlich nicht auf alle ­Files gleich oft zu. Deshalb sollen die verschiedenen Servicelevel im Speicherbereich künftig transparent über ein Hierarchical Storage Management (HSM) abgebildet werden. Files werden dann revisionssicher auf der Centera gelagert. Auch E-Mails werden immer wichtiger: Sie bestimmen zunehmend die Kommunikation im klinischen und Verwaltungsbereich. Mit Einführung der elek­tronischen Gesundheitskarte und der qualifizierten elektronischen Signatur wird es auch möglich, Dokumente und E-Mails digital zu unterschreiben. Damit unterliegen sie den gesetzlichen Aufbewahrungsfristen, sofern sie geschäftlich beziehungsweise medizinisch relevant sind. Das UKL wird deshalb in zukünf­tigen Projekten die Anbindung der Centera als Online-Archivmedium forcieren. Auch hier wird die Integration in ein HSM-System überlegt. Dort sollen Mails abgelegt werden, die nicht revisionssicher gespeichert werden müssen.

Tania Diallo ist freie Journalistin in Wiesbaden.