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Herstellerübergreifende Unified-Communications-Lösungen

Die Kunst der Integration

Mit Unified-Communications-Systemen verschmelzen bislang getrennte Anwendungen und Geräte für Endnutzer. Kommunikationslösungen lassen sich so flexibel und individuell an die Erfordernisse der Unternehmen anpassen. Die Bündelung sämtlicher Kommunikationskanäle über eine konvergente Infrastruktur ebnet den Weg für Collaboration - also die Zusammenarbeit von Personen über verschiedene Standorte hinweg. Allerdings hängt der Erfolg einer UC-Lösung stark von der Interoperabilität der unterschiedlichen involvierten Plattformen ab. Herstellerübergreifende Integrationsmöglichkeiten sind gefragt. Der Beitrag befasst sich insbesondere mit den technischen Kooperationsaspekten der UC-Lösungen von Cisco, Microsoft und IBM.

Autor:Hans-Joachim Adolphi/pf Hans-Joachim Adolphi ist Senior Manager Systems Engineering Unified Communications bei Cisco Deutschland. • 1.3.2009 • ca. 7:45 Min

Ein wichtiges Kriterium für die Migration von TDM-basierender (Time Divison Multiplexing) zu
IP-basierender Kommunikation als Grundlage für Unified Communications (UC) sind die Existenz
offener Standards und die damit verbundenen Vorteile gegenüber proprietären Lösungen. Der Umstieg
eines Unternehmens auf UC-Lösungen erfordert allerdings bereits in der Vorbereitungsphase eine sehr
genaue Analyse des Kommunikationsverhaltens der Mitarbeiter. Erster Planungsschritt ist im
Idealfall eine Problemanalyse und Bestandsaufnahme der Unternehmenskommunikation. So sollte
zunächst geprüft werden, wie wichtig der Kommunikationsprozess im Unternehmen allgemein ist und
welche Abteilungen miteinander oder auch mit Partnern oder Kunden besonders stark kommunizieren.
Sachbearbeiter in einer Personalabteilung haben andere Kommunikationswege und -bedürfnisse als
Außendienstmitarbeiter, Entwickler andere als Mitarbeiter im Management oder Vertrieb. Hat ein
Unternehmen beispielsweise zwei größere Geschäftsstellen und müssen sich die Geschäftsstellenleiter
regelmäßig treffen, benötigen diese eher ein Web-Konferenzsystem als Messenger-Funktionen. Dagegen
müssen Service, Vertrieb oder die IT-Abteilung stets erreichbar sein. Hier wären UC-Lösungen wie
Instant Messaging oder Präsenzanzeige besonders nützlich. Es gilt also, herauszufinden, wer im
Unternehmen welchen Aspekt einer UC-Lösung am effektivsten nutzen kann.

Für jeden die passende Lösung

Oft stellt sich nach einer solchen Analyse heraus, dass für die einzelnen Anforderungen durchaus
verschiedene Lösungen unterschiedlicher Hersteller in Frage kommen. So wäre vielleicht das
Web-Konferenzsystem von Hersteller A attraktiver, jedoch erscheint der Bereich der Präsenzanzeige
und -information bei Hersteller B besser umgesetzt. Offene Standards sowie Partnerschaften unter
den Herstellern kommen den Anwendern in dieser Situation zugute: Diese können sich für die aus
ihrer Sicht beste Lösung entscheiden, ohne von einem einzelnen Hersteller abhängig zu sein. Einen
der wichtigsten Gründe für den Anwender, der sich aus offenen Standards und
herstellerübergreifenden Partnerschaften ergibt, stellt jedoch das beträchtliche Einsparpotenzial
dar, das eine flexible offene Plattform eröffnet. Somit ist auch der Investitionsschutz
gewährleistet, und der Umstieg auf eine völlig andere Arbeitsplattform, um neue
Kommunikationsanwendungen zu integrieren, entfällt.

Aus diesem Grund trägt ein Hersteller wie beispielsweise Cisco dazu bei, Standards im Bereich
Unified Communications zu etablieren, und ist innerhalb von Standardisierungsgremien (zum Beispiel
Internet Engineering Task Force – IETF) aktiv. Darüber hinaus hat der Netzwerkhersteller Allianzen
mit namhaften Herstellern wie derzeit mit Microsoft und IBM geschlossen, um Lösungen für Anwender
anbieten zu können, die Produkte mehrerer Hersteller beinhalten. Die Interaktion mit Produkten von
Microsoft etwa lassen sich in zwei große Bereiche aufteilen. Bei der Client-basierenden Integration
findet das Zusammenspiel der Komponenten auf dem Endgerät des Benutzers statt. Anwendungen, die
meist lokal auf dem Endgerät installiert sind, kommunizieren miteinander. Im zweiten Bereich spielt
die Integration auf Server-Ebene eine Rolle, also die Kommunikation zwischen Backend-Systemen wie
Call Control, E-Mail oder Konferenzdiensten.

Der Desktop als Nachrichtenzentrale

Für Anwender, die den Microsoft Office Communicator (MOC) als Deskop-Applikation verwenden,
bietet Cisco beispielsweise eine UC-Lösung, die es dem Benutzer erlaubt, aus dem MOC heraus über
die von Microsoft hierfür vorgesehen Schnittstelle CSTA (Computer Supported Telecommunications
Applications) sein IP-Telefon zu steuern ("Phone Mode"). SIP-Nachrichten (Session Initiation
Protocol) übertragen dabei das CSTA-Protokoll vom MOC-Teilnehmer über den Microsoft Office
Communications Server 2007 (OCS) zum Cisco Unified Presence Server. Dort werden diese Nachrichten
in CTI-Events übersetzt und erlauben die Steuerung und Statusabfrage von Endgeräten.

Diese Form der Integration ermöglicht es unter anderem, dass sich die Präsenzinformationen eines
Anwenders in Abhängigkeit vom Status seines IP-Telefons anzeigen lassen. Befindet sich der
Mitarbeiter in einem Gespräch, so sehen andere dessen Status als "am Telefon". Allerdings ist zu
berücksichtigen, dass es die MOC-Anwendung ist, von der aus die Kommunikation mit den Systemen
anderer Hersteller erfolgt und dass dies eine Client-basierende Integration darstellt. Die
SIP-Nachrichten mit CSTA werden zwar über den zentralen OCS geroutet, der Status des Telefons steht
jedoch nur dann zur Verfügung, wenn die MOC-Anwendung aktiv ist. Hintergrund ist der
Desktop-zentrische Ansatz von Microsoft. Die Präsenzanzeige ist daher nicht Server-basierend und
kann so bei deaktivierter Anwendung keine Informationen an andere Nutzer senden.

Immerhin ermöglicht diese Lösung dem Anwender eine einfache Nutzung und Darstellung von
Präsenzinformationen innerhalb des Microsoft Office Communicators im Zusammenspiel etwa mit einem
Unified-IP-Telefon von Cisco. Neben diesen Aspekten bieten UC-Lösung auch eine sehr enge
Integration in Call-Control-Dienste wie dem Cisco Unified Communications Manager: Dazu zählen
beispielsweise Auswahl von Sprach- beziehungsweise Video-Codecs, Verfügbarkeit oder Qualität von
Bandbreite, Bandbreiten-Management (Call Admission Control), Rufnummernplan/Routing von Anrufen
oder Gebührenerfassung (Call Detail Records).

Microsoft OCS 2007

Bei jeder IP-Kommunikations- oder UC-Lösung besteht die Notwendigkeit, am Übergangspunkt
zwischen IP und einer TDM-basierenden Infrastruktur (öffentliches Netz, TDM-Telefonanlage) die
entsprechenden Sprachinformationen zu übertragen. An den Übergangspunkten ist allerdings die
Kodierung der Informationen anzupassen. Dies entfällt nur, wenn ein SIP-Gateway direkt am Amt
angeschlossen oder eine IP-fähige Telefonanlage vorhanden ist. Produkte wie beispielsweise der
Cisco Integrated Services Router bieten umfangreiche Funktionen, die im Zusammenspiel mit OCS eine
Kommunikation zu TDM-Systemen ermöglichen.

Bei dieser Integrationsform sind einige Besonderheiten der
Microsoft-Unified-Communications-Lösung zu beachten. Der MOC 2007 verwendet für die Übertragung von
Sprache und Video die proprietäre Microsoft-Kodierungen RTaudio/RTvideo. Zwar werden bei der
Aushandlung der Medienübertragung (SIP, SDP – Session Description Protocol) auch andere Kodierungen
angeboten, diese kommen aber innerhalb des von Microsoft empfohlenen Designs nicht zur Verwendung.
Bei der Kommunikation mit externen (Nicht-Microsoft-)Komponenten ist die Funktion eines so
genannten Mediation-Servers vorgesehen. Dieser übersetzt zwischen RTaudio und der Standardkodierung
G.711. Die Verbindung mit dem Mediation-Server erfolgt über das SIP-Signalisierungsprotokoll (es
wird sowohl SIP über TCP als auch eine verschlüsselte Kommunikation mit SIP über TLS unterstützt)
sowie G.711-Kodierung für die Sprachübertragung. Neben dem bereits erwähnten "Phone Mode", erlaubt
die MOC-Anwendung noch einen weiteren Modus, den "Computer Mode". In diesem Modus erfolgt die
Terminierung der Sprachverbindung auf dem Endgerät im MOC-Client (zum Beispiel USB-Headset) über
die RTaudio-Kodierung. Für diese Integration erlauben es UC-Lösungen von Herstellern wie Cisco, den
Microsoft Office Communicator als ein weiteres Kommunikationsgerät zu nutzen.

Wer ist aktuell wo und wie erreichbar?

Neben der Frage, wie Signalisierung und Mediendatenströme übertragen werden, stellt sich bei der
Nutzung von Lösungen unterschiedlicher Hersteller auch die Frage der Integration in den
Rufnummernplan beziehungsweise in das Call Routing bei Anwendern, denen mehrere
Kommunikationsendgeräte zugeordnet sind. Über spezielle Mobility-Funktionen bieten UC-Lösungen die
Möglichkeit, das MOC und andere Endgeräte transparent zu integrieren. Der Microsoft Office
Communicator stellt dabei ein weiteres Gerät dar, das sich beispielsweise über die
Mobility-Funktion des Cisco Unified Communications Managers ansprechen lässt. Über das reine Call
Routing hinaus bietet diese Variante auch die Möglichkeit, dass Teilnehmer innerhalb der UC-Lösung
den Präsenzstatus eines anderen Teilnehmers sehen können, der am MOC-Client ein Gespräch führt. Im
UC-Szenario dienen Präsenz- und Lokalisierungsfunktionen der besseren Erreichbarkeit: Ein
netzwerknaher Dienst verwaltet aktuelle Statusdaten sämtlicher aktuell angemeldeter Benutzer – zum
Beispiel wer welche Art von Telefon, Notebook oder Video-Terminal im Augenblick benutzt. Technische
Grundlage für ein derartiges Präsenz-Management ist SIP, das zudem die nahtlose Zusammenarbeit der
UC-Lösungen von Herstellern wie Cisco mit Anwendungen Dritter wie beispielsweise Microsoft oder
auch IBM/Lotus sicherstellt.

Integration mit IBM/Lotus

UC-Lösungen etwa von Cisco lassen sich nahtlos in bereits vorhandene Groupware wie Lotus Notes
von IBM integrieren. Auch die Nutzung der Instant-Messaging-Umgebung Lotus Sametime ist mit diesen
UC-Lösungen möglich. Die Integration erfolgt über verschiedene Erweiterungen, die beispielsweise
Cisco auf seiner Website zum freien Download zur Verfügung stellt. Präsenzfunktionen basieren in
diesem Fall zwar auf dem Cisco Unified Presence Server, lassen sich über die Plug-ins jedoch in die
vorhandene IBM-Umgebung integrieren. Ein auf Standard-Eclipse basierendes Plug-in für Lotus
Sametime ermöglicht beispielsweise die CTI-Steuerung (Computer Telephony Integration) von
IP-Telefonen und Cisco-IP-Communicator-Softphone-Anwendungen für "Click to Call" und "Click to
Conference". Die Anwender können so per Call Button oder durch das Markieren eines
Sametime-Kontakts beziehungsweise "Buddy List"-Eintrags über das Kontextmenü einen Telefonanruf
starten. Markiert der Anwender mehrere Kontakte in der Buddy List, holt die Erweiterung Kollegen
automatisch nacheinander in eine Telefonkonferenz. Ankommende Anrufe lassen sich zudem mit
Rufnummer und Name anzeigen, und das Gespräch per Mausklick annehmen.

Videokonferenzen mit Lotus Notes planen

Neben dem Instant-Messaging-Status eines Kontakts in der Sametime-Buddy-List ermöglich die
Unified-Communications-Lösung zusätzlich das Anzeigen des Telefoniestatus. Der Anwender kann somit
jederzeit erkennen, ob ein Telefonanruf zum Kollegen überhaupt erfolgversprechend ist. Hat der
Anwender beispielsweise auch die Cisco-Voicemail-Steuerung für Sametime aktiviert, so ist der
Status von Anrufern und den hinterlassenen Nachrichten neben den Voicemails zu sehen. Mit der
Erweiterung auf Voicemail haben Anwender aus ihrem Sametime-Client direkten Zugriff auf die
Sprachnachrichten, die im Sametime-Bereich aufgelistet sind. Gleichzeitig sieht der Anwender den
aktuellen Status der Anrufer. Mit Doppelklick in Sametime öffnet sich direkt der Voicemail-Player,
und der Benutzer kann die Nachricht abhören.

Auch Videokonferenzlösungen lassen sich über Erweiterungen einfach in die bestehende
IBM-Infrastruktur integrieren. Beispielsweise lässt sich mit dem Plug-in für Cisco Meetingplace
jede Sametime Instant Messaging Session zu einem Web-/Voice-/Video-Collaboration-Meeting erweitern.
Per Meetingplace-Button innerhalb der IM-Session initiiert der Anwender direkt eine Web-Konferenz.
Aber auch eine Konferenzlösung wie beispielsweise Webex kann über ein solches Plug-in auf einfache
Weise integriert werden. Per Mausklick lassen sich so aus der Sametime-Instant-Messaging-Session
heraus Webex-Meetings mit Kunden und Partnern starten. Mit wenigen Handgriffen kann ein
Lotus-Notes-Administrator einen Click-to-Call Button erzeugen und diesen mit weiteren UC-Funktionen
ergänzen. Über Lösungen wie etwa den Cisco Web-Dialer lassen sich aus Lotus Notes heraus Funktionen
direkt an den Unified Communications Manager anbinden. Benutzer, die Lotus Notes als
Kalenderanwendung nutzen, sind damit in der Lage, Voice-, Video- und Web-Collaboration per
Meetingplace-, Webex- oder Telepresence-Sitzungen ebenso einfach per Lotus Notes zu planen wie ein
herkömmliches Meeting. Die Plug-ins übernehmen die Reservierung von Voice-, Web- und
Videoressourcen im Hintergrund automatisch.

Fazit

Die Interoperabilität von UC-Lösungen ist für Unternehmen ein wichtiger Entscheidungsfaktor und
sollte damit auch für die Hersteller an erster Stelle stehen. Es gibt unterschiedliche Ansätze für
UC-Lösungen. Ein netzwerkbasierender Ansatz integriert die UC-Lösung direkt in das
Unternehmensnetzwerk und bietet offene Schnittstellen für eine weit reichende Integration in
unterschiedliche und bereits im Unternehmen bestehende Applikationslandschaften.

Die Kommunikation unterscheidet sich nicht nur von Unternehmen zu Unternehmen, sondern auch
innerhalb eines Unternehmens von Abteilung zu Abteilung. Die Wahl der richtigen UC-Lösung bedeutet
aber nicht, zwangsläufig auch auf ein neues System umzustellen. Offene Systeme ermöglichen es
Unternehmen, die für sie beste Lösung am Markt einzusetzen, herstellerunabhängig zu bleiben und
gleichzeitig bestehende Plattformen und Lizenzen weiter zu nutzen. Basis für Unified Communications
ist ein Netzwerk, das Endgeräte unterschiedlichsten Typs über alle drahtlosen und kabelgebundenen
Transport- und Access-Techniken hinweg versorgt. Es liefert situationsgerecht Inhalte und
Kommunikationsdienste sowohl auf großdimensionierte Plasmabildschirme einer
Rich-Media-Konferenzlösung als auch auf die Displays kleiner mobiler Endgeräte.