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Erst BOA, dann SOA!

Erst BOA, dann SOA! Business Oriented Architecture!« Das rufe ich zurzeit, wenn ich gefragt werde, wo denn nun der nächste Hype in der IT zu finden sei.

Autor:Redaktion connect-professional • 9.3.2007 • ca. 2:40 Min

Normale Menschen, die sich unter dem kommenden Informationszeitalter eher etwas wie Computerfarmen oder ein Internet vorstellen, schwärmen aber derzeit von SOA. Damit liegen sie zwar vollkommen richtig, doch sie können meist nicht ­richtig erklären, wozu SOA (Service Oriented Architecture) eigentlich gut ist. Eine gängige Erklärung heißt: »Eine ­Sammlung von Leitideen, alles einmal prinzipiell aufzu­räumen«. SOA steht nämlich für eine ganze Bandbreite von Software-Architektur-Prinzipien, die dazu raten, zukünftige Software modular, ­flexibel, bausteinartig zu entwickeln. Aber nur einfach auf­räumen? Wozu? Da winden sich die Schwärmer ein bisschen. Dabei geschieht derzeit etwas ganz Großes: Wir beginnen, Computer und Netze innovativ einzusetzen, weil wir langsam die dazu nötigen standardisierten Infrastrukturen bekommen. Bislang haben wir uns bemüht, den Computer blitzschnell und effizient erledigen zu lassen, was wir nur langsam selbst tun konnten. Als etwa das Auto erfunden wurde, ersetzte es zuerst die Kutsche (»armer Fiaker!«). Das Auto war schneller, aber viel komplizierter! Es war intellektuell eine große Erfindung, doch die eigentliche Innovation waren die Autobahnen. Sie erst ermöglichten den Tourismus, die Gewerbegebiete, die Logistik und eine allgemeine Arbeitsteilung – also eine Erweiterung unserer Welt. Genauso vergrößern nun die IT-Technologien unser gewohntes geographisches Universum und lassen dadurch ein riesiges Wachstumspotenzial entstehen. China und Indien sind uns unter bestimmten Aspekten beinahe näher als England, nicht wahr? Wir fürchten uns noch ein bisschen vor dieser Situation, weil es zuerst nur mehr Arbeitskräfte gibt – die aber später als Milliarden neuer Kunden in unsere Märkte zurückkommen, sobald eigene Wohnhäuser und Autos in ihre Reichweite rücken! Neue IT-Infrastrukturen erweitern die Möglichkeiten für das »Business«. Insbesondere werden nun Unternehmen möglich, die nur ganz bestimmte Services an andere Unternehmen liefern. Beispiele? Davon gibt es genug: Patientendaten werden übers Netz an Krankenhäuser gefunkt. Kaputte Autos reden mit Hilfe derselben Technik mit Werkstätten. Wer Markenbekleidung kauft, merkt am Funketikett (RFID), ob alles echt ist oder doch nur Fake. Das RFID am Hackfleisch meldet uns alle am heutigen Essen beteiligten durchgedrehten Tierarten. Unsere Zeugnisse, Ausweise, Rentennachweise, die heute in Aktenordnern verstauben, kommen in elektronische Tresore. Die Gesundheitskarte piept eventuell entsetzt, wenn wir ihr ein neues Medikament zeigen, was wir gerade schlucken wollen. Die Computer der Unternehmen reden nicht mehr nur untereinander – die neuen IT-Infrastrukturen gehen weit über diesen »Datenaustausch« hinaus. Die Computer verschiedener Firmen arbeiten jetzt im Team. Das ist das Neue. Das macht den Unterschied! In der alten Zeit waren Computer allein. Dann begannen sie, miteinander zu reden – wozu sie Leitungen und eine gemeinsame Sprache benötigten. Heute aber muss eine gemeinsame Arbeitsumgebung her! Ein »Inter-Enterprise-Betriebssystem«. Das ist das, was mit SOA-Architekturprinzipien geleistet werden soll. Es geht nicht um Schönheit und neue Ordnung, sondern um die Teamarbeit der Systeme. Diese Zusammenarbeit aber ist vor allem im Business nötig. Dort spielt die Musik! Wir sollten also am besten zuerst (!) Business-Architekturen entwerfen. Immer der Frage nach: Wie sollen Unternehmen gemeinsam arbeiten? Welche neuen Geschäftsmöglichkeiten und -prozesse wünschen wir uns? Wir brauchen daher vor allem BOA, also Business Oriented Architectures. An ihnen müssen sich die technischen Strukturen, die nach SOA-Regeln gebaut werden, orientieren. First things first und Business first! Und danach: SOA macht all das möglich. All das liegt ja schon länger in der Luft. Informatiker sollen etwas von Geschäft begreifen! Der Experte der Zukunft ist ­bitte ein BOT (Business Oriented Techie). Und der CIO eines Unternehmens soll das Business des eigenen Unternehmens aufwerten. Und eigentlich sollten doch auch normale Manager etwas von Technologie verstehen, mindestens so viel wie ein Auto von Verkehrszeichen?!

Gunter Dueck ist als Chief Technologist und Distinguished ­Engineer bei IBM für Fragen der strategischen Technologie­entwicklung verantwortlich.