EU-Kommissar Barnier:Banken sollen für Pleiten zahlen
Brüssel (dpa) - Europas Banken sollen Plänen der EU-Kommission zufolge künftig selbst für Pleitefälle in den eigenen Reihen aufkommen. Binnenmarktkommissar Michel Barnier legte am Mittwoch in Brüssel Vorschläge für nationale Insolvenzfonds vor, in...
…die die Geldhäuser einzahlen sollen. «Es ist nicht akzeptabel, dass die Steuerzahler weiterhin die hohen Kosten für die Rettung des Bankensektors tragen sollen», sagte Barnier.
Die Abgaben sollen auf ständiger Basis erfolgen, und nicht erst im Fall einer Pleite. Die Gelder sollen auch nicht zum Herauskaufen eines bankrotten Geldhauses verwendet werden («Bail-out»). Damit solle vermieden werden, dass sich der Sektor in Sicherheit wiege und die Risikobereitschaft wieder steige («Moral Hazard»), hieß es.
Ziel des europäischen Fonds-Netzwerks ist es, einen Flächenbrand zu vermeinden, sollte eine Großbank Pleite gehen und das gesamte Finanzsystem gefährden wie im Fall des US-Konzerns Lehman Brothers. Finanziert werden sollen beispielsweise Interims-Banken («Bridge-Bank») oder die Einrichtung einer «Bad-Bank» für Schrottpapiere.
Da schon einige Mitgliedstaaten wie Schweden Banken-Abgaben eingeführt hätten und andere dies planten, drohten Wettbewerbsverzerrungen, warnte die Kommission. Vorschläge, wie genau die Abgaben erhoben werden, oder welche Größe die Abwicklungsfonds erreichen sollten, machte Barnier derzeit aber noch nicht. Die Behörde will zunächst eine Folgenabschätzung vornehmen, unter anderem, um die Verteuerung von Krediten inmitten der schweren Wirtschaftskrise zu vermeiden. Im Oktober sollen präzisere Gesetzesvorschläge folgen.
Die Kommission will die Pläne beim kommenden Gipfeltreffen der 20 wichtigsten Volkswirtschaften (G20) am 26. und 27. Juni in Toronto vorstellen. «Europa muss bei der Entwicklung gemeinsamer Standards die Führung übernehmen und ein Netzwerk-Modell entwickeln, das weltweit angewandt werden könnte», forderte Barnier. Für seine Vorschläge braucht Barnier die Zustimmung der Mitgliedstaaten und des Europaparlaments.
Die US-Investmentbank Lehman Brothers war im September 2008 in die Pleite geschlittert und hatte damit für eine Schockwelle an den Finanzmärkten gesorgt. Noch immer warten die meisten Gläubiger auf ihr Geld. Wenig später mussten wegen der Pleite des Finanzkonzerns Fortis die Niederlande, Belgien und Luxemburg bei dem Konzern einsteigen. Dennoch wurde das Unternehmen zerschlagen, in Brüssel stand sogar die Regierung vor dem Aus.
Seitdem hat die Politik Milliarden an Steuergeldern für die Rettung sogenannter Zombie-Banken aufgewandt. Allein der deutsche Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) wurde mit Steuergeldern von gut 480 Milliarden Euro ausgestattet. Zudem schnürten EU und Internationaler Währungsfonds angesichts der drohenden Staatspleite Griechenlands ein 750-Milliarden-Euro-Paket.
Die Vorschläge von Barnier sind Teil der Reaktion der EU auf die Finanzkrise, zu der beispielsweise auch neue Gesetze für Rating Agenturen, Derivate oder Hedge Fonds gehören. Neue Aufsichtsbehörden für den Finanzsektor sowie ein bei der Europäischen Zentralbank (EZB) angesiedelter Rat für die frühzeitige Erkennung systemischer Risiken sollen Finanzkrisen im vorhinein vermeiden helfen. Die neuen Abwicklungsfonds sollen das neue Aufsichtssystem ergänzen, wenn sich Pleiten doch nicht vermeiden lassen.
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