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Highspeed-Networking

Autor:Redaktion connect-professional • 26.9.2007 • ca. 3:45 Min

Kann der 10GBaseCX4-Kupferstandard für 10-GBit/s-Ethernet den fehlenden 10GBaseT so gut ersetzen, dass das schnellste Ethernet schon dieses Jahr den Durchbruch schafft?

10GBaseCX4 ist für den Verbund von Switches und den Serveranschluss an Switches sinnvoll und mehr als ein Nischenprodukt.

Hubert Martens, Geschäftsführer von Multinet Services

Die Kabellänge von 10GBaseCX4 ist auf 15 Meter begrenzt, so auch die Einsatzmöglichkeiten: Verbund von Stackable-Switches und derselben zum Server. Der Standard 10GBaseTX soll bis zu 55 Meter für Kategorie-6- und bis zu 100 Meter für Kategorie-7-Kabel schaffen, dabei den RJ45-Stecker

beibehalten. So scheint er den installierten Verkabelungssystemen zu entsprechen. Bevor man den Schluss zieht, 10GBaseCX4 sei der Exot, und auf 10GBaseTX ist zu warten, sollte man sich folgende Fragen stellen: wo sonst als im Anwendungsbereich von 10GBaseCX4 soll 10-GBit/s-Ethernet über Kupfer arbeiten? Ist es garantiert, dass der Standard 10GBaseTX die angestrebten Ziele erreicht, oder nur über spezielle Verkabelungen genutzt werden kann? Ist die bestehende Verkabelung für den neuen Standard 10BaseTX geeignet? Genügen beispielsweise die 55 Meter bei Kategorie-6-Kabeln? Die meisten werden wohl erschreckt feststellen, dass ihre existierenden Verkabelungssysteme die Anforderungen nicht erfüllen. Auch das Normierungsgremium sorgt für Unsicherheit, weil es selbst gesteckte Zeitziele nicht einhält. Ein deutlicher Beleg dafür, dass es der IEEE schwer fällt, den Standard ohne spezielle Zusatzanforderungen an die Verkabelung festzulegen.

Der Anschluss von PCs und sonstigen Geräten mit 10-GBit/s ist unsinnig. Schon in der gesamten Kette vom Server bis zum PC und den anderen Benutzerendgeräten scheint 1 GBit/s als reichlich dimensioniert. Es sei die Frage erlaubt, welches Betriebssystem mit der Protokollimplementierung und Applikationsverarbeitung diese Geschwindigkeiten ausnutzen kann. Diese Realisierungen bremsen den Datentransfer durch Verzögerungen zwischen den Paketen doch ohnehin auf Werte, die sich mit 100 MBit/s auch realisieren lassen.

10-GBit/s-Kupfer kommt also nur für folgende Bereiche in Frage: Anschluss der Server und für Stackable-Switches. Und für diese kurzen Strecken gibt es mit CX4 bereits einen Standard.

Unabhängig vom 10-Gigabit/s-Kupferstandard mangelt es an den nutzbringenden Anwendungen, die diese Bandbreiten brauchen.

Mathias Hein, Netzwerk-Consultant und freier Journalist

Glasfaser mit extrem hohen Geschwindigkeiten im Backbone – ein klares »Ja«. Aber Kupfer? Wieder einmal hat sich die Industrie eine Lösung geschaffen, für die es kein Problem gibt. Egal, welcher 10-Gigabit/s-Kupferstandard ratifiziert und für »kleines« Geld verfügbar gemacht wird, es mangelt schlicht an den nutzbringenden Anwendungen. Welcher Rechner verfügt über genügend Kapazitäten, mit denen er die Datengeschwindigkeit von 10 GBit/s sinnvoll ausnutzen könnte? Die 32-Bit-Intel-Architekturen sind noch nicht einmal in der Lage, ein 1 GBit/s schnelles Ethernet zu füllen. Auch die neuen 64-Bit-Architekturen schaffen hier nicht viel mehr. Das Problem im Endgerätebereich ist die I/O-Geschwindigkeit. Solange die Rechnerbusse nicht schneller werden, besteht kein Bedarf an solchen Übertragungsgeschwindigkeiten im Endgerätebereich. Bleibt nur noch die Verbindung zwischen extrem schnellen Switch-Ports. Auf der Etage, also zwischen zwei Verteilerzentren, wäre Kupfer eine Lösung. Zwischen den Etagen, also die Anbindung mehrerer Etagen an einen zentralen Switch, verbieten sich die Kupferleitungen, weil sie erhebliche Probleme in Sachen Potenzialausgleich, Blitzschutz etc. aufweisen. Bleibt nur noch die Verbindung zwischen mehreren Switches in einem Sammelpunkt (Rechenzentrum). Basieren die abgehenden LWL-Leitungen zu den Etagenswitches auf dem 10-Gigabit-Ethernet-Standard, dann verändern die Kupfer-Ports zur Verbindung zwischen den Switches den Gesamtpreis eines solchen Geräts nur minimal. Die Diskussion über den »richtigen« Kupferstandard vernebelt außerdem die Sicht auf die wirklichen Probleme im Backbone: die langsamen Umschaltzeiten durch den Rapid-Spanning-Tree-Mechanismus oder die fehlerhafte und oft unzureichende Unterstützung von QoS-Mechanismen. Die wichtigen Probleme werden durch noch so schnelle Kupfer-Ports nicht gelöst.

10GBaseCX4 ist nur als kostengünstige Verbindung zwischen Geräten in unmittelbarer Nähe zueinander interessant.

Andreas Reuter, Network-Systems-Consultant bei INS

Mittlerweile werden leistungsfähige Server häufig direkt mit Gigabit-Ethernet angesteuert. Bei Desktop-PCs wird fast nur noch 100-MBit/s-Ethernet eingesetzt. Dies verursacht Engpässe zwischen dem Distribution-Switch und dem Core-Switch eines Campus-LANs. Daher wird nicht selten ein teurer Core-Switch zum Anschluss von Serverfarmen eingesetzt, um die Bandbreite zwischen Backbone- und Distribution-Switch mittels Bündelung von mehreren Gigabit-Links zu erweitern. Der Einsatz von 10-Gigabit-Ethernet zwischen Core- und Distribution-Layer leistet dies genauso. Hierzu bieten bekannte Switch-Hersteller bereits diverse Lösungen nach dem 802.3ae-Standard an, die Glasfaserkabel benutzen und Reichweiten von bis zu 40 Kilometern abdecken. Im Februar 2004 ist als kostengünstige Variante die Spezifikation 10GBaseCX4 in der Norm 802.3ak standardisiert worden. 10GBaseCX4 nutzt ein Bündel von acht Kupfer-Twinax-Leitungen und macht die teuren Fiber-Optic-Module überflüssig. Diese Norm hat jedoch einige Nachteile. So ist der nötige Kabeltyp zwar erhältlich, kann aber nur mit festen Leitungslängen geliefert werden. Auch der damit verbundene Steckertyp dürfte wohl in keinem Patchfeld zu finden sein. Der gravierendste Nachteil ist aber die auf maximal etwa 20 Meter begrenzte Kabellänge. Damit lassen sich Engpässe zwischen Core- und Distribution-Layer in der Regel wegen der größeren Leitungslängen nicht beseitigen. Somit kommt 10GBaseCX4 nur für die kostengünstige Verbindung zwischen Geräten in unmittelbarer Nähe zueinander in Frage.

Die räumliche Struktur der meisten LAN-Netze ist mittlerweile von dem 100-Meter-Limit der massenhaft eingesetzten CAT5-Verkabelung geprägt. Außerdem arbeitet eine von der IEEE in 2003 gegründete Gruppe am 10GBaseT-Standard, der unter anderem bis zu 100 Meter Leitungslänge auf CAT6-Verkabelung zulassen soll. Daher wird sich 10GBaseCX4 wahrscheinlich nicht durchsetzen.