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Kopfnuss

Linguistisch betrachtet: Neuer Brüllstoff für die Weltraum-Piratin

Danke für die Auswechslung! Zeit wurde es ja, dass Flächen-Verramscher Saturn seinen peinlichen »Geiz ist geil«-Slogan endlich verschwinden lässt.

Autor:Redaktion connect-professional • 7.11.2007 • ca. 1:45 Min

Es ist doch so: Nicht nur die »Geiz ist geil« brüllende Raumfahrerin (oder was sollte die Frau eigentlich darstellen?) im Saturn-TV-Spot nervte gewaltig, sondern auch, dass jeder evangelische Pastor, Arbeitsstellenvernichter und politischer Hinterbänkler in Wehklagen über die also genannte Mentalität ausbrach und so für die Großladengruppe in gutmenschenhafter Arglosigkeit den Botschafts- Multiplikator spielte.

Ein doofes Werbesprüchlein wurde also zum Schlagwort und die Auswüchse waren ja wirklich gar nicht lustig: Schnäppchenjäger stürmten und verwüsteten Ladenflächen und nur durch massiven Polizei-Einsatz konnten die Stärkeren davon abgehalten werden, neben Notebooks und TV-Geräten auch noch schwächere Schnäppchenjäger als Kriegsbeute nach Hause zu entführen. Immerhin die Marktleiter rieben sich erfreut ihre gierigen, verschwitzten Flossen, denn auch für Deutschlands größten IT- und Elektronik-Händler ist es gar nicht so leicht, sich in die Prime-Time- Nachrichten und auf entsprechende Titelseiten zu schleichen.

Nun klopfen die Medien-Experten für dämliche Werbe-Slogans schon fleißig den neuen Saturn-Spruch auf seine gesellschaftliche Sprengkraft hin ab: »Wir lieben Technik, wir hassen teuer.« Auffällig ist natürlich, dass die für Saturn grübelnden Sprüchemacher auf das syntaktische Erfolgsrezept und die bewährten Stilmittel des Vorgängers setzten: Parallelismus in der Konstruktion der beiden Parataxen, der zudem durch die Anapher »Wir + Verb« hervorgehoben wird. Des Weiteren der Kontrast der beiden Prädikate »lieben« und »hassen« und die leichte Alliteration in den Satzobjekten »Technik« und »teuer«. Obwohl dieser Slogan eigentlich Saturns Wende hin zur Besonnenheit ausdrücken soll, melden sich schon wieder Pastoren, die den Einsatz des – als doch allzu stark empfundenen – Verbums »hassen« rügen. Womöglich spitzt sich die Lage tatsächlich zu: Die Märkte-Stürmer der »Wir hassen teuer«-Ära rüsten auf und bekämpfen sich im Schnäppchen- Getümmel mit Baseball-Schläger und Spring-Klinge. Das Ergebnis der Volksanhetzung bleibt vermutlich dasselbe: Sich ihre Hände reibende Filialleiter.

Geht es freilich nach den meisten Werbesprüche-Profis, wird es diesmal allerdings nichts mit dem Aufstieg in die Hall of Fame der erfolgreichsten Marktschreier. Zu komplex in der Konstruktion, zu beliebig in der Aussage sei der Slogan. Zu dieser Einschätzung kommen die Experten, indem sie das Gerüst des Slogans einfach mit anderen Inhalten füttern: »Wir lieben Gesundheit, wir hassen krank«, »Wir lieben Reichtum, wir hassen arm«, »Wir lieben Freiheit, wir hassen eingesperrt«, etcetera. Richtig, das ist langweilig. Aber die Fachidioten für Werbe-Grammatik vergessen natürlich, dass die Aussage von einer Weltraum- Schnäppchenjägerin gebrüllt werden muss, um ihre volle Wirkung entfalten zu können.

Das ist das eigentliche Geheimnis.