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Multi-Sourcing ? eine Frage des Schnittes

Multi-Sourcing ? eine Frage des Schnittes. Moderne CIOs müssen vor allem die Fähigkeit haben, ihren IT-Bedarf so zu portionieren, dass eine Vielzahl von Dienstleistern ihn befriedigen kann und will.

Autor:Redaktion connect-professional • 14.12.2005 • ca. 2:35 Min

Multi-Sourcing ? eine Frage des Schnittes

Die Nachfrage nach IT-Dienstleistungen ist vielfältig und wird am besten in Bezug auf die unterschiedlichen Ebenen einer IT- und Prozesslandschaft, wie technische Infrastruktur, Applikationen und Geschäftsprozesse, mit den Begriffen Plan-Build-Run-Maintain kategorisiert. Allerdings kann kein IT-Dienstleister die ganze Bandbreite der Services in allen Segmenten weltweit gleich gut und gleich günstig anbieten. Ein Anbieter, der zum Beispiel in Deutschland eine starke SAP-Expertise nachweisen kann, ist womöglich in Nordamerika auf diesem Gebiet schwach. Unternehmen, die modernes Outsourcing in Form globaler Vergabe von großen Dienstleistungsblöcken heute schon einkaufen, werden die höchst unterschiedliche Leistungsfähigkeit globaler Anbieter in den unterschiedlichen Regionen bestätigen.

Trügerische Partnerschaft
Bei manchen großen Nachfragern ist mittlerweile auch die Vergabe ganz unterschiedlicher Dienstleistungspakete an einen einzigen Lieferanten, ihrem so genannten strategischen Partner, sehr beliebt. Dieser Ansatz ist aber nicht immer sinnvoll, denn zwischen den ein­zelnen Services sind nur gelegentlich Synergien zu erzielen. Beispielsweise gibt es bei der Leistungserbringung ­keinen inhaltlichen Zusammenhang zwischen Desktop-Services und der Einführung und Wartung von SAP-Sys­temen. Deshalb macht in diesem Beispiel eine Bündelung der Kundennachfrage auf einen Anbieter keinen Sinn ? im Gegenteil: es kann sogar dazu führen, dass der Kunde einen zu hohen Preis für schlechte Qualität zahlen muss. Die Hoffnung, dass »sein« Anbieter schwächere Arbeitsgebiete schon intern subventionieren werde, nur um die Partnerschaft nicht zu gefährden, ist trügerisch.

Die richtige Auswahl
Die wesentliche Aufgabe eines CIO besteht heute nicht mehr nur in der Entscheidung über »Make« oder »Buy«. Denn erst nach erfolgter »Buy«-Entscheidung fällt die eigentliche Arbeit für ihn an. Ein moderner CIO muss im Vorfeld zunächst einen großen Anteil seines Bedarfes ausschreibungsfähig machen, um dann im Wesentlichen die richtige Stückelung an geeignete, sorgsam ausgesuchte Anbieter auszulagern und anschließend eine zyklische Überprüfung der Vergabeentscheidung in Form von Controlling und Benchmarking, zu gewährleisten.
Die Kunst des CIO und aller anderen IT-Verantwortlichen liegt also zuerst in der richtigen Unterteilung seiner IT-, Applikations- und Prozesslandschaft. Die vergabefähigen Portionen müssen dabei von ihrer Größe und gegebenenfalls ihrer geografischen Unterteilung so gewählt werden, dass jeweils ein hoher Wettbewerb leistungsfähiger Anbieter möglich ist. Diesen Vorgang kann man als »Right-Cutting« bezeichnen.
Neben den professionellen Praktiken des Right-Cutting muss bei der technischen Infrastruktur auf Applikations- und Prozessebene, (wie Desktop, LAN, WAN, Data-Center etc?) vor allem den Vorteilen unserer globalisierten Welt Beachtung zukommen. Geschäftsprozesse sollten vorher so gestaltet werden, dass möglichst viele Teile »near/offshore-­fä­hig« gemacht werden, um damit einem Dienstleister im Interesse einer gemeinsamen Win-win-Situation eine minimale Kostenbasis zu ermöglichen. Dies wird noch zu selten in deutschen Konzernen praktiziert. Dabei eignet sich dieses Vorgehen auch besonders gut auf der Softwareebene, sei es bei der Erstellung neuer individueller Applikationen oder auch bei der Wartung großer SAP-Installationen.

Unikate kommen teuer
Wichtig ist zudem der Anteil der verwendeten Standards. Wer in seinem Unternehmen viele »Unikate« wie Individual-Applikationen, proprietäre oder nicht marktgängige Systeme und schlecht entwirrbare Prozessketten unterhält, dem entgehen viele Vorteile des Out- und Multisourcing. Anfangs mag es persönlich charmant erscheinen, wenn ein CIO seinem CEO beweisen kann, dass es der »Outsourcer auch nicht billiger kann« (wie ich häufig gehört habe), aber diese Ehre kommt als Bumerang zurück, wenn die Konkurrenz dank der Wettbewerbsvorteile durch Multisourcing enteilt.
So widersinnig es beim ersten Hinsehen auch erscheint: die eigene IT-Landschaft kann besonders dann preisgünstig an einen Dienstleister ausgelagert werden, wenn sie auf anfangs oftmals teureren Produkten der Marktführer des jeweiligen IT-Sektors basiert. Dann sind nämlich die Synergieeffekte beim Dienstleister am größten.

Dr. Peter Chylla ist Executive Partner bei Cioconsult