Rentabler bauen
Rentabler bauen Mit intelligenten Software-Werkzeugen sorgt der Staat Österreich für eine transparente Planung von Straßenbauprojekten.



Bis zum Jahr 2015 wird das Verkehrsaufkommen auf Österreichs Autobahnen und Schnellstraßen um dreißig Prozent steigen. Um diese Kapazitäten zu bewältigen, sind zukunftsweisende Lösungen gefragt. Durch eine umfassende Neuordnung der Zuständigkeiten hat eine staatliche Gesellschaft die Gesamtverantwortung für das Netz der Autobahnen und Schnellstraßen bekommen – mit dem Ziel, alle Kernaufgaben (Bau, Betrieb, Maut, Telematik) komplett in ihrer Steuerungsverantwortung zu bündeln. Die Autobahnen- und Schnellstraßenfinanzierungsaktiengesellschaft (Asfinag) plant, finanziert, baut, erhält, betreibt und bemautet das gesamte österreichische Autobahnen- und Schnellstraßennetz mit einer Streckenlänge von fast 2100 Kilometern. Hiervon entfallen etwa 160 Kilometer auf Tunnels und fast 210 auf Brücken.
Große Zeiträume
Straßen sind ein Wirtschaftsgut mit einem sehr langen Lebenszyklus. Von der Planung der neuen Strecken geht dieser über die Errichtung, die laufende Erhaltung und Instandsetzung bis hin zur Generalsanierung nach einer Betriebsdauer von zirka dreißig Jahren. Steht die Entscheidung für die Durchführung eines großen Bauvorhabens an, müssen auch die Auswirkungen für die langfristige Entwicklung der Asfinag aufgezeigt werden. Einzelinvestitionen von mehreren Hundert Millionen Euro zur Errichtung neuer Strecken schlagen voll auf den wirtschaftlichen Erfolg der Aktiengesellschaft durch, die ihre Erträge fast ausschließlich aus den Mauteinnahmen und ohne öffentliche Zuschüsse erwirtschaftet. Die betriebswirtschaftliche Betrachtung muss sich daher über diesen langen Zeitraum erstrecken. Die Standardinstrumente für operatives Controlling sind hierfür jedoch nur wenig geeignet. Investitionen in solche Bauprojekte sind von erheblichem Ausmaß und somit nur durch langfristige Finanzierungen sicherzustellen. Solche langfristigen Investitionen können nur getätigt werden, wenn deren Refinanzierung über lange Zeiträume hinweg gesichert ist. Die Finanzierung von Bauprojekten macht daher eine genaue Planung über einen langen Zeithorizont unverzichtbar.
Flexible Umsetzung
Das Software-Produkt Infoplan des Herstellers Prevero aus München mit seinen weitreichenden Planungsmöglichkeiten unterstützt heute das Controlling bei den strategisch wichtigen Vorhaben. Mit dieser Software lassen sich auch Jahrzehnte umfassende Zeiträume behandeln, was sie zur Investitionsplanung, Projektergebnis- und Rentabilitätsberechnung bei den Straßenbauvorhaben geeignet macht. Wichtig war den Entscheidern in der Alpenrepublik auch die flexible Gestaltbarkeit der Planungsfunktionalität und die Möglichkeit, unterschiedliche Unternehmensstrukturen mit Szenarienrechnungen über nahezu beliebig lange Zeiträume zu verbinden. Ein gemischtes Projektteam aus Mitarbeitern der staatlichen Baugesellschaft und Beratern des Software-Herstellers entwickelte eine Kosten- und Ertragsrechnung für Bauprojekte nach den Anforderungen der Fachbereiche. Dabei konnten die Funktionen einer detaillierten Finanzrechnung aus Microsofts Tabellenkalkulationsprogramm Excel übernommen werden. Die projektbezogene Ergebnisrechnung wurde dann mit der Plan-Bilanz sowie mit Rechnungen zu Gewinn und Verlust sowie Cashflow verknüpft. Daneben wurden die Strukturen für die Abbildung des gesamten Streckennetzes und die Übernahme von Daten, etwa der Erträge aus der LKW-Maut in den einzelnen Streckenabschnitten, aus den operativen SAP-Systemen vorbereitet. Das eingesetzte Modul zur Projektergebnisrechung weist eine offene Architektur auf: Die Anwender können das multidimensionale System anpassen, aber auch Voreinstellungen ohne Änderungen nutzen. Multidimensionalität ermöglicht facettenreiche Planungen und Analysen für vielfältige Vorhaben. Kurzfristige (operative) und langfristige (strategische) Planung lassen sich dabei verbinden. Verschiedene Kosten- und Erlöspositionen lassen sich mit individueller Rechenlogik ermitteln und im Zeitablauf gegenüberstellen. Von einem Cockpit aus wird der Benutzer zu den verschiedenen Programmbereichen geführt. Hier können sowohl allgemeine Ziele und Vorgaben als auch projektspezifische Details definiert und erläutert und finanzwirtschaftliche Daten dargestellt werden. Es kommt nicht nur zu einer Gegenüberstellung von (abgezinsten) Aufwendungen und Erlösen im Planbasisjahr, sondern es werden Planungskosten, Erlöse, zukünftige Investitionen oder Erhaltungsaufwendungen für die nächsten Jahrzehnte verzeichnet. Im Projektverlauf sollte es daher nicht zu unliebsamen Überraschungen kommen, da in jeder Periode der Gewinn dargestellt wird und somit ein rechtzeitiges Eingreifen bei drohenden Verlusten gewährleistet ist.
Integrierte Planung
Dem Grundgedanken einer integrierten Unternehmensplanung folgend werden die einzelnen Projekte in gemeinsamen Berechnungen zu Gewinn und Bilanz sowie Cashflow zusammengeführt. Somit ist es möglich, nicht nur eine Konzernbilanz abzuleiten, sondern auch für einzelne Projekte oder Sparten oder auch eine Public Private Partnership entsprechende Finanzkennzahlen für alle Planperioden zu ermitteln. Dies ermöglicht den Österreichern, ihre Projekte effektiv zu steuern, detaillierte Rentabilitäts- und Abweichungsanalysen zu erstellen und einen Handlungsbedarf bei Fehlentwicklungen frühzeitig zu erkennen, so dass rechtzeitig geeignete Gegenmaßnahmen ergriffen werden können. Die Ermittlung von konzernweiten strategischen Finanz- und Prozesskennzahlen soll eine bessere Entscheidungsgrundlage sichern. »Vor allem bei Rentabilitätsberechnungen von großen Straßenbauprojekten gelangen uns gute Fortschritte«, sagt Thomas Mitscha, der bei der Asfinag die Einführung der Prevero-Software geleitet hat, über den Einsatz der Planungsprogramme. Diese Bauprojekte können Gesamtbausummen von rund 2,5 Milliarden Euro haben. Auch im ersten Projekt im Rahmen einer Public Private Partnership mit einem Umfang von etwa einer Milliarde Euro sei diese Software hilfreich gewesen. Die Projektergebnisrechnung von Bauprojekten mit den Infoplan-Werkzeugen wird inzwischen an verschiedenen Punkten der Projektplanung berücksichtigt. Sie trägt zur Senkung der Projektkosten bei. Auch die Gesamtkonzernbetrachtung ist im Strategieentwicklungsprozess ein wesentlicher Input. Die Konzernrechnung hilft in der strategischen Entwicklung, die Auswirkungen einzelner Entscheidungen transparenter zu machen und damit letztlich Kosten einzusparen.
Frank Brodmerkel ist Journalist in München.