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Markt-Update WAN-Beschleuniger

Schneller per WOC

Das Segment der WAN-Beschleuniger (WAN Optimization Controllers, WOCs) ist auf dem besten Weg zu dem, was Analysten einen "reifen Markt" nennen: Etablierte Anbieter mit ausgefeilten Produkten teilen das Feld unter sich auf. Dennoch gibt es nach wie vor interessante Neuerungen, insbesondere im Hinblick auf Virtualisierung, Cloud und RZ-Replikation.

Autor:Dr. Wilhelm Greiner • 28.1.2011 • ca. 3:50 Min

Im Gartners neuem „Magic Quadrant for WAN Optimization Controllers“ vom 23.12.2010 ist Riverbed
nach wie vor klarer Marktführer. Den begehrten „Leaders“-Quadranten muss sich Riverbed allerdings
wieder mit Blue Coat und erstmals (wenn auch knapp) mit Cisco teilen. Zur Verfolgergruppe zählen
vor allem Citrix und Silver Peak, zudem Ipanema sowie Juniper, F5 Networks und Neuzugang
Circadence. Aus der Marktevaluierung herausgefallen ist Expand, da der Anbieter, noch im Jahr zuvor
ebenfalls als „Leader“ eingestuft, Gartners Mindestanforderung von 20 Millionen Dollar Jahresumsatz
nicht mehr erfüllte. „Der WOC-Markt reift rapide“, urteilt Gartner, „aber er ist immer noch
dynamisch mit einem hohen Maß an Innovation seitens der Anbieter.“

WAN-Probleme lindern

WOCs lindern die in zentralisieren oder geografisch verteilten IT-Umgebungen verbreiteten
Performance- und Latenzprobleme mittels dreierlei Arten von Mechanismen: erstens mit Kompression,
meist in der Form von Deduplikation (Caching von Bitmustern); zweitens mit Traffic Shaping, also
der Durchsetzung von QoS-Richtlinien (Quality of Service); und drittens durch zahlreiche Verfahren
der Protokolloptimierung auf Netzwerk- und Applikationsebene. Das Angebot an WOC-Lösungen ist
ebenso vielfältig wie die Feature-Sets: Es gibt Appliances für die Filialanbindung wie auch für die
RZ-Kopplung, Virtual Appliances, Router-Module sowie Software-Clients (Soft-WOCs) für mobile
Mitarbeiter. Deshalb empfehlen die Gartner-Analysten den Unternehmen eine detaillierte Analyse
ihrer Durchsatz- und Latenzprobleme sowie Tests unter Live-Bedingungen. Auch auf
Performance-Auswertungen und SLA-Reporting (Service Level Agreement) solle man achten. Die
Analysten konstatieren das Aufkommen rein virtualisierter Lösungen und erwarten eine wachsende
Verbreitung von Managed-Service-Angeboten durch Netzbetreiber.

Zahlreiche Neuheiten

Riverbeds Steelhead-Appliances und -Virtual-Appliances beschleunigen Zugriffe in
Unternehmensnetzen und damit auch in Private Clouds. Die neue Cloud Steelhead erlaubt es,
IaaS-Angebote (Infrastructure as a Service) in diese Infrastrukturen einzubinden, damit Unternehmen
Cloud-Ressourcen mit LAN-Performance zur Skalierung heranziehen können. Die Virtual Appliance für
IaaS-Umgebungen kommuniziert dafür mit physischen oder virtuellen Steelhead-Appliances und dem
Steelhead Mobile Notebook-Client am anderen Ende der WAN-Leitung. Dabei greifen die üblichen
Riverbed-Mechanismen wie Deduplikation und TCP-, CIFS- sowie NFS-Beschleunigung. Cloud Steelhead
1.0 unterstützt Amazons EC2 und VDC, weitere IaaS-Unterstützung soll folgen.

Blue Coat hat seine Proxy-SG-Serie kürzlich um die Optimierung von Video-Übertragungen ergänzt.
Blue Coats Optimized Video Delivery setzt auf Stream Splitting und Caching, um „Video Floods“
(Netzüberlastung durch Video-Abrufe) zu verhindern. Damit sollen Unternehmen einen
Video-Live-Stream zahlreichen Zuschauern an einer Lokation in hoher Qualität liefern können, ohne
den Unternehmensanwendungen unnötig Bandbreite zu rauben. Mit dem Packetshaper 12000 präsentierte
Blue Coat zudem ein neues Flaggschiff für seine Familie von Traffic-Management-Appliances, das laut
Hersteller doppelt so leistungsstark ist wie das bisherige Topmodell Packetshaper 10000. Das Gerät
biete bis zu 3 GBit/s Durchsatz. Neu und sehr nützlich ist die Klassifizierung von Web-Anwendungen
und -inhalten auf Basis ihrer URL. Dank Integration in Blue Coats Web-Monitoring-Service Webpulse
werden die URLs automatisch einer der vorgegebenen Traffic-Kategorien zugeordnet.

Für Cisco ist WAN-Beschleunigung einer von vielen Bausteinen eines stetig wachsenden
Netzwerkinfrastruktur-Portfolios. Das WOC-Angebot besteht aus einer Appliance-Familie mit Ciscos
WAAS-Software (Wide Area Application Services), dem Soft-WOC WAAS Mobile sowie Modulen für die ISR
Access Router. Als Router-Blade ist WOC-Funktionalität sonst nur bei Junipers J-Series Routern und
HP Networking (H3C WAAM) erhältlich. Auf den ISR G2-Plattformen gibt es auch eine vereinfachte
WAAS-Version namens „WAAS Express“.

Citrix und Silver Peak sind die schärfsten Konkurrenten der drei Marktführer. Citrix verfügt mit
den Produktfamilien Repeater und Branch Repeater über ein umfangreiches Sortiment physischer und
virtueller Appliances für die Beschleunigung der Zweigstellenanbindung (wenngleich nicht, wie
Riverbed, auch über Geräte für die RZ-Kopplung). In einer Hinsicht ist Citrix der Konkurrez einen
wichtigen Schritt voraus: Als dominierender Application-Delivery-Anbieter hat Citrix ein enges
Zusammenspiel seines Fernzugriffsprotokolls HDX mit seinen WOCs geschaffen. So handeln Branch
Repeater und Xenapp-Server untereinander dynamisch die optimale Beschleunigungsvariante aus. Als –
neben VMware – einer der beiden wesentlichen Player im Virtual-Desktop-Umfeld ist Citrix damit in
einer einzigartigen Position, eine zugriffsoptimierte Virtual-Desktop-Infrastruktur aus einer Hand
zu bieten. Cisco setzt diesem Ansatz seit Kurzem mit VXI (Virtualization Experience Infrastructure)
eine eigene Virtual-Desktop-Architektur entgegen. Branch Repeater beschleunigt heute auch
SSL-Datenverkehr. Damit schloss Citrix hier zu Riverbed und Blue Coat auf, die bereits seit
geraumer Zeit SSL-Optimierung bieten. Die SSL-Beschleunigung ist für die Branch Repeater Appliances
ebenso verfügbar wie für den Fernzugriffs-Client namens Repeater Plug-in.

Während sich traditionell die meisten WOC-Spezialisten auf die optimierte Anbindung von
Niederlassungen konzentrierten, hat der seit Kurzem auch in Deutschland tätige Hersteller Silver
Peak seinen Hintergrund in der RZ-Kopplung. Deshalb baut Silver Peak in technischer Hinsicht
hauptsächlich auf Deduplikation, Datenflussoptimierung (Forward Error Correction, Packet Order
Correction) sowie applikationsagnostische TCP- und UPD-Beschleunigung, statt – wie die Konkurrenten
– möglichst viele Anwendungsprotokolle zu optimieren. Hier bietet Silver Peak lediglich eine
CIFS-Beschleunigung. Zum Portfolio zählen die physischen Appliances der Serie NX und die Virtual
Appliances der Serie VX, mit denen der Hersteller Verbindungen zwischen RZs wie auch
Filialanbindungen optimiert. Jüngst hat Silver Peak mit der Lösung VRX-8 eine virtualisierte
WOC-Appliance vorgestellt, die es laut Hersteller auf 1 GBit/s Datendurchsatz bringt – ein Rekord
in einem Umfeld, bei dem die Anbieter Virtual Appliances eher um unteren Ende ihrer Produktpaletten
ansiedeln. Die VRX-8 erfordert – daher der Name – eine Acht-CPU-Maschine und handelt die
WOC-typische Deduplikation des Datenverkehrs komplett im RAM ab. Dadurch vermeidet sie die
Performance-limitierenden I/O-Engpässe beim Schreiben der Cache-Daten auf die Festplatte.