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Trends und Innovationen in der Finanzindustrie

Trends und Innovationen in der Finanzindustrie Der Wettbewerb von börsennotierten Privatbanken und nicht-börsen­notierten Kreditgenossenschaften und Sparkassen prägt den deutschen Markt. Die Institute müssen ihre Leistungskraft erhöhen, Markt­potenziale ausschöpfen und die Risikostrukturen optimieren.

Autor:Markus Bereszewski • 15.11.2006 • ca. 2:50 Min

Die Ertragslage der Finanzindustrie hat sich weiter stabilisiert. Vielfach wurden wieder positive Gewinnmeldungen, zum Teil auch Rekordgewinne, in den Bilanzpressekonferenzen verkündet. Besser als erwartet haben sich auch die Kapitalmärkte entwickelt. Dennoch halten die Finanzinstitute weiter an den eingeleiteten Konsolidierungsmaßnahmen fest. Die Wertschöpfungsketten (Geschäftsprozesse) werden unter Beteiligung externer Dienstleister restrukturiert und in Richtung Standardisierung und Industrialisierung weiterentwickelt. Der aktuelle Transformationsprozess wird die Konzentration auf das Kerngeschäft, die Erhöhung der Kosteneffizienz (Cost-Income-Ratio) und eine verstärkte Vertriebsorientierung umfassen. Der strategische Umbauprozess im Bankenmarkt wird wieder zunehmend von längerfristigen Leitvisionen geleitet. Dies zeigt sich darin, dass neben Effizienzsteigerungsmaßnahmen auch verstärkt wieder Investitionen in den Vertrieb angekündigt und vollzogen werden. Zur Zukunftssicherung der Finanzinstitute bedarf es aber weiterentwickelter Geschäftsmodelle und -strukturen. Als wichtigste Herausforderung sehen die Institute den zunehmenden Preiswettbewerb bei Standardprodukten. Ursache hierfür ist eine zunehmende Leistungstransparenz bei diesen Produkten, die unter anderem durch die intensiven Werbemaßnahmen der Direktbanken kommuniziert wird. An zweiter Stelle steht die Herausforderung, dass Leistungen (zum Beispiel Sofort-Finanzierung) in zunehmendem Umfang von Nicht-Banken angeboten werden.

Zukunft Multikanal
Das Themengebiet Industrialisierung findet im Bankensektor große Resonanz. Nach wie vor steht die Ertragssteigerung und Verbesserung der »Cost-Income-Ratio« im Fokus ihrer Planungen und Handlungen. Dabei wird der Einsatz industrieller Methoden und Instrumente als erfolgversprechende Maßnahme angesehen, um die aktuellen Probleme zu lösen und zukünftige Herausforderungen zu meistern. Die Bereitschaft zum Bankwechsel und zu Mehrfachverbindungen steigt. Daraus haben sich Chancen für neue und preisaggressive Wettbewerber ergeben. Das macht es für die meisten Anbieter im Retailgeschäft schwieriger, gute Margen zu erzielen. Die Zukunft des Retailgeschäftes liegt im Multikanal. Dazu gehört einerseits die persönliche Beratung in der Geschäftsstelle, andererseits aber auch die gesamte Palette des Online Banking. Der Vertriebserfolg im Retailbanking wird heute wesentlich über den Preis entschieden. Den Kunden geht es darum, möglichst viel Leistung für ihr Entgelt zu erhalten. Im Retailbanking wird in Beratungskonzeptionen investiert, die sehr strukturiert jedem Kunden seinen Vermögensanlage-, Absicherungs- und Vorsorgebedarf ermitteln und konkrete Lösungsvorschläge machen. Auf diesem Weg sollen auch Cross-Selling-Potenziale besser ausschöpft werden. In den nächsten Jahren ist eine deutliche Konsolidierung mit Schwerpunkt im Privatkundengeschäft auf wenige europaweit operierende Großbanken zu erwarten. Unterstützt wird diese Entwicklung durch die EU-Finanzmarktintegration. Die Stichworte sind SEPA (Single Euro Payment Area) und MiFID (Markets in Financial Instruments Directive). Die Umsetzung dieser Richtlinien zählt aktuell zu den größten regulatorischen Herausforderungen, mit denen sich die europäische Finanzindustrie konfrontiert sieht. Finanzdienstleister wollen zukünftig verstärkt in Innovationsprojekte investieren. Der Innovationsdruck wird von der Geschäftsleitung forciert. Hindernisse sind häufig noch lange Entscheidungsprozesse und mangelnde Wahrnehmung (Nutzen, ROI) von Innovationen. Insbesondere der mögliche Mehrwert, den neue Entwicklungen für die eigenen Strategien haben könnten, muss kontinuierlich bewertet werden. Das IT-Management der Zukunft sieht neue Geschäftsanforderungen voraus, das heißt es muss zwischen Bankgeschäft und IT bezüglich der Innovationsprojekte vermitteln. Auch die IT in Banken verändert sich ständig und unterliegt immer kürzeren Technologiewellen, die geprägt sind von zunehmender Vielfalt sowie kürzeren Produktzyklen und Strategiewechseln. Es geht darum, durch kostengünstige Konzepte (Sourcing) und flexible IT-Systeme (SOA) die Leistungsfähigkeit des gesamten Bankbetriebs deutlich zu verbessern. Die aktuellen Trends im IT-Markt (zum Beispiel IT-Factory) verändern auch die Bedeutung und die strategische Ausrichtung der bank-/verbundinternen IT-Organisationen. Insbesondere die bank-/verbundinternen IT-Service Provider werden zunehmend mit dem Preis- und Leistungswettbewerb der IT-Service-Industrie konfrontiert. On-Demand-Konzepte um­werben das Business-Management heftig und treffen auf interessierte Manager. Trotz aller Konsolidierungsprojekte bleibt die Frage, ob bereits alle Potenziale (Gap-Analyse) ausgeschöpft sind.

Herausforderung für IT
Finanzdienstleister sind wie keine an­dere Branche von der Leistungsfähigkeit der IT-Systeme abhängig. Dennoch ­existieren in vielen Finanzinstituten heutzutage schwer zu durchschauende und veraltete IT-Strukturen (Legacy ­Systeme, Core Banking Systeme). Neue, zukunftsorientierte Geschäftsmodelle und -prozesse, haben oftmals noch keine adäquate Abbildung in den IT-Prozessen gefunden. Diesen Herausforderungen wird sich die Bank der Zukunft zu ­stellen haben.

Arnold Wagner ist Director Financial Services, Gartner Deutschland GmbH