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Soft-WOC-Tests, Teil 3: Citrix Wanscaler

WAN-Optimierer für mobile Anwender

Seit geraumer Zeit spielt Citrix im Markt der WAN-Beschleuniger mit. Nun hat das Unternehmen eine Software auf den Markt gebracht, mit der auch mobile Anwender in den Genuss einer verbesserten Datenübertragung zwischen Unternehmensnetz und eigenem Standort kommen. Im Testlabor untersuchten wir den Wanscaler Client.

Autor:Andreas Wurm/wg • 25.1.2009 • ca. 7:55 Min

100 MBit/s im lokalen Netzwerk, aber nur ein Bruchteil dessen im WAN zwischen zwei Standorten:
Diese Diskrepanz bei der Datenübertragung kennen Anwender nur zu gut. Deshalb versuchen einige
Anbieter (oft sehr erfolgreich), die Datenübertragung zwischen Zentrale und Zweigstelle zu
beschleunigen. An beiden Enden einer WAN-Strecke unterhalten sich WOCs (WAN Optimization
Controllers) mit ihrem jeweiligen Gegenüber und tauschen Informationen über die übertragenen Daten
aus. Durch Automatismen und Vorgaben (Policies) können Systemverwalter ihren Mitarbeitern somit
eine bessere Datenübertragung garantieren.

Längst arbeiten aber nicht mehr alle Mitarbeiter hinter Unternehmensmauern, sondern müssen von
unterwegs aus schnell auf das Firmennetz zugreifen können. Deshalb bieten einige WOC-Hersteller
ihre Technik mittels so genannter Soft-WOCs nun zusätzlich für mobile Anwender an. Systemverwalter
müssen dazu die tragbaren Computer der Anwender mit einem kleinen Programm (WOC-Client) aufrüsten,
bei Citrix "Wanscaler Client" genannt. Der Client kommuniziert dann mit dem WOC in der
Zentrale.

Der Wanscaler Client erreicht den Anwender als MSI-Datei (Microsoft Installer). Anders als bei
bisher getesteten Lösungen (siehe Kasten) lässt er sich nicht direkt auf der beschleunigenden
Hardware in der Zentrale erstellen. Damit die Software einwandfrei läuft, braucht sie mindestens
512 MByte Arbeitspeicher und 350 MByte freien Festplattenplatz. Sie läuft auf Rechnern mit Windows
2000, XP und Vista, beim Prozessor gibt Citrix mindestens 1 GHz Taktrate vor.

Aufbau des Testnetzwerks

Für den LANline-Test setzten wir einen Wanscaler 8540 ein. Die Appliance unterstützt Bandbreiten
von bis 45 MBit/s. Mit ihr lassen sich bis zu 750 Wanscaler Clients bedienen, laut Citrix sind bis
zu 7.500 TCP-Verbindungen gleichzeitig möglich. Der Wanscaler Client lag in der Version 4.3.27-0
vor. Er wurde auf einem Notebook mit 1,5-GHz-Prozessor und 512 MByte Arbeitsspeicher installiert,
auf dem Windows XP lief. Wer denkt, er könne den Wanscaler Client auch mit weniger Arbeitsspeicher
betreiben, wird enttäuscht sein: Die Vorgabe ist zwingend. Aus Neugierde entfernten wir einen Teil
des Arbeitsspeichers aus dem Notebook. Zu einem Test kam es in diesem Fall gar nicht, das
Installationsprogramm verweigerte die Installation und empfahl, das Notebook nachzurüsten.

Da auf den meisten Rechner noch immer Windows XP läuft, führen wir die gesamte Testreihe mit XP
durch; wir ließen es uns aber nicht nehmen, den Wanscaler Client auch unter Vista anzutesten. Der
Vista-PC war mit einem 1,2-GHz-Prozessor und 1 GByte Arbeitspeicher ausgerüstet. Ein WAN-Simulator
von Network Nightmare simulierte das Weitverkehrsnetz. Er war zwischen zwei Cisco-Router des Typs
2800 geschaltet. Der WAN-Simulator unterstützt Bandbreiten von bis zu 30 MBit/s. Für den Test
wählten wir, wie schon bei den vorangegangenen Durchgängen, 2 MBit/s und 512 kBit/s mit Latenzen
von jeweils 50 und 250 ms.

Beschleunigung

Ziel der Wanscaler ist es, den Datendurchsatz zu erhöhen und die Reaktionszeiten der Anwendungen
zu verringern. Dazu arbeiten die WAN-Optimierer mit verschiedenen Techniken, die sich auch
kombinieren lassen: TCP-Flusskontrolle, QoS-Management (Quality of Service), Fair Queuing,
Kompression sowie CIFS-Beschleunigung (Common Internet File System). Die TCP-Flusskontrolle zielt
darauf ab, die TCP-Pakete intelligent zu steuern, da Datenstaus zu Paketverlusten und Verzögerungen
auf dem Link führen. Per QoS-Management kann der Administrator Anwendungen bevorzugt behandeln und
ihnen Mindestbandbreiten zuweisen. Fair Queuing nutzt separate Warteschlangen für die Datenströme,
um das FIFO-Prinzip (First in, first out) zu umgehen. Citrix bietet fünf Kompressionstechniken an,
die je nach Nutzlast auf dem Link greifen. Eine der tiefergehenden Beschleunigungstechniken ist die
Delta-Kompression, bei der nicht mehr die ganze Datei übertragen wird, sondern nur die Teile der
Datei, die sich nach der letzten Übertragung geändert haben, zum Beispiel nur die zwei Folien, die
in eine Powerpoint-Datei eingefügt wurden.

Durch das Handshake-Prozedere zwischen Client und Server ist CIFS für Weitverkehrsstrecken
eigentlich ungeeignet. Citrix verbessert nach eigenen Angaben den TCP-Handshake. Die
Beschleuniger-Box in der Zentrale kann sich zum Beispiel Anfragen eines Clients "merken" und Daten
künftig schneller bereitstellen. Alle Techniken lassen sich sowohl zwischen zwei Wanscalern als
auch zwischen der Appliance und dem Wanscaler Client einsetzen.

Citrix bietet vier Einstellungen für die Bandbreitenoptimierung: Zuerst mussten wir uns zwischen
Softboost und Hardboost entscheiden. Bei beiden ist der Name Programm: Softboost kümmert sich auch
um Paketverluste und Latenz, Hardboost will einfach die Leitung voll pressen. Die Geräte
unterscheiden zudem zwischen "Partial Bandwidth" und "Full Bandwidth". Es empfiehlt sich, immer
dann nur einen Teil der Bandbreite zur Beschleunigung freizugeben, wenn auch Verkehr unterwegs ist,
der sich nicht beschleunigen lässt – zum Beispiel Streaming- oder Sprachdaten. Unter Umständen
wollen Systemverwalter sogar bewusst Datenverkehr von der Beschleunigung ausschließen. Diese
Einstellung empfiehlt sich nur, wenn ausschließlich mit einem Link gearbeitet wird.

Bei "Full Bandwidth" können die Daten die ganze Breite der Datenautobahn nutzen. Nicht zu
beschleunigender Verkehr kommt hier erst an zweiter Stelle. Allerdings muss dies nicht immer nur
der Verkehr sein, der nicht für eine Beschleunigung taugt. Im Konfigurationsmenü des Wanscalers
lassen sich alle gängigen Verkehrsarten klassifizieren. Hier lässt sich zum Beispiel HTTP-Verkehr
ausschließen. Zusätzlich lässt sich über QoS-Mechanismen der Verkehr in Warteschlangen einteilen,
was den Systemverwaltern zusätzliche Steuerungsmöglichkeiten bietet.

Die WOCs arbeiten mit Auto-Negotiation, Verbindungen erkennen sie automatisch, auch bei den
Wanscaler Clients. Sie lassen sich sowohl im Datenpfad als auch außerhalb dessen betreiben (In
Path, Out of Path). Im Testcenter setzten wir den Wanscaler der Zentrale in den Datenpfad zwischen
LAN-Switch und Router. Sollte er ausfallen, schaltet im Inneren ein Relais, der Wanscaler wird dann
zum Kabel (Fail to Wire). Die passierenden Daten werden zwar nicht mehr beschleunigt, erreichen
aber wenigstens ihr Ziel.

Den Wanscaler außerhalb des Datenpfades zu betreiben erfordert WCCP-fähige Router. Ruft jemand
über das WAN Daten auf den Servern der Zentrale ab, passieren diese Daten erst den Router, der sie
dann an den WOC weiterleitet. Der Router prüft in regelmäßigen Abständen, ob der WOC noch in
Betrieb ist; falls nicht, gibt er die Daten gleich entsprechend ihrer Zieladresse weiter.

Installation des Wanscaler Clients

Citrix lieferte den Soft-WOC auf einem USB-Stick. Die Installationsdatei ist knapp 9 MByte groß.
Nach dem üblichen Prozedere (Bestätigung der Lizenzbedingungen und des Installationsverzeichnisses)
wurde die Software installiert und war wenig später fast schon einsatzbereit. Der Client musste nur
noch erfahren, mit wem er es auf der anderen Seite des WANs zu tun hat: Wir trugen die
Signaling-IP-Adresse ein, damit der Client eine Signaling-Verbindung öffnen konnte. Dabei lädt er
die Beschleunigungsregeln der Appliance herunter. Auf der Appliance hatten wir zuvor eingestellt,
welche Kommunikationspartner beschleunigte Daten erhalten sollten.

Citrix bringt den Anwendern scheinbar großes Vertrauen entgegen: Es gibt keine Möglichkeit, den
Wanscaler Client vor Manipulationen durch den Benutzer zu schützen. Vor allem die Tatsache, dass er
die Größe des auf der Festplatte reservierten Platzes ändern kann, machte stutzig. Denn hier sind
die Bitmuster bereits geladener Dateien gecacht. Bei erneutem Aufruf werden nicht mehr die ganzen
Daten übertragen, sondern lediglich die veränderten Bits (Bit-Level Caching). Verändert man diesen
Plattenbereich, werden die Informationen zu bekannten Dateien vernichtet. Dies sorgt temporär für
Performance-Einbußen: Der Anwender holt eine Datei dann erneut "zum ersten Mal" aus der Zentrale,
sie wird komplett übertragen.

Schon einmal hatten wir einen Wanscaler im Test, damals die Beschleunigerhardware (
www.lanline.de/kn31630250). Die Testergebnisse waren bis auf
ein wesentliches Merkmal gut: Damals unterstützen die Citrix-Geräte keinen optimierten Transfer bei
Daten, die nach Bearbeitung vom Anwender auf die Firmen-Server zurückgespeichert wurden.

WOCs und damit auch Soft-WOCs liefern generell teils beachtliche Beschleunigungswerte,
insbesondere beim wiederholten ("warmen") Download. Wie erwartet dauerten die kalten Transfers auch
mit dem Wanscaler Client deutlich länger als die warmen. Meist lagen diese Werte über denen der
Mitbewerber (Ergebnistabelle unter
www.lanline.de/kn31779154).

Die Beschleunigungseffekte beim warmen Transfer waren zum Teil enorm groß. Mit 2 MBit/s und 50
ms Latenz dauerte zum Beispiel die erstmalige Übertragung der Test-PDF-Datei 45,4 Sekunden, der
warme Transfer dann nur 3,5 Sekunden. Wenn wir eine 3 MByte große Word-Datei zum ersten Mal
öffneten, nahm dies bei einer Bandbreite von 2 MBit/s und einer Latenz von 50 ms stolze 23 Sekunden
in Anspruch, im warmen Transfer brauchte Citrix noch 6 Sekunden. Bei gleicher Bandbreite und einer
Latenz von 250 ms dauerte der kalte Transfer 27 Sekunden, der warme 13 Sekunden. Selbst beim warmen
Transfer könnte Citrix allerdings noch zulegen.

Im aktuellen Test lieferte der Wanscaler Client auch beim Speichern nach Änderung gute
Leistungen, wenngleich die Performance bei größerer Latenz auf der Leitung etwas abfiel. Einzig bei
Microsoft Visio zeigte die Technik – wie auch die der meisten Mitbewerber – Schwächen: Das
Speichern nach Änderung dauerte sehr lange. Bei 2 MBit/s und 50 ms Latenz war noch eine Zeit
messbar, bei den anderen Bandbreiten brachen wir die Messung nach jeweils sieben Minuten ab.

Im Vergleich zu den Baseline-Tests lag Citrix zum Teil sehr deutlich unter den Ergebnissen der
Messungen ohne Beschleuniger. Generell lässt sich feststellen, dass die Citrix-Variante der
Datenbeschleunigung beim warmen Transfer außer bei Microsoft Word immer dann etwas in Hintertreffen
geriet, wenn die Latenz zunahm. Bei den Tests mit nur 50 ms konnte der Wanscaler Client aber recht
gut mit den Mitbewerbern mithalten.

Außer der Reihe testeten wir, wie schnell sich HTTPS-Daten übertragen lassen. Zu diesem Zweck
installierten wir eine SSL-Webseite, hinterlegten dort eine 10 MByte große PDF-Datei und riefen
diese über den Browser auf dem Notebook auf. Es dauerte bei 2 MBit/s und 50 ms Latenz 40 Sekunden,
bis die Datei auf dem Notebook gespeichert war. Der warme Transfer dauerte genauso lange. Denn
Citrix unterstützt SSL-Beschleunigung noch nicht, bietet aber über die VPN-Funktion immerhin die
Möglichkeit, auch verschlüsselte Daten zu senden. Beim Versuch, einen E-Mail-Versand mit
angehängter Word-Datei von 8 MByte Größe zu beschleunigen, waren die Übertragungszeiten beim kalten
und warmen Transfer fast identisch, denn Citrix unterstützt in der aktuellen Version keine
MAPI-Beschleunigung.

Beim deutschen Distributor Computerlinks kostet die Lizenz für den Wanscaler Client bei bis zu
500 gleichzeitig zugreifenden Anwendern (Concurrent Users, CCUs) 148 Euro pro Anwender, die
Preisstaffel sinkt auf nur 43 Euro ab 2500 CCUs. Zum Betrieb des Wanscaler Clients muss auf der
RZ-Seite ein Wanscaler der Serie 8500 oder 8800 vorhanden sein. Der Wanscaler 8540 kostet 16.957
Euro.

Fazit

Citrix lieferte mit dem Wanscaler Client ein Werkzeug, das einem Anwender die Arbeit
erleichtert, wenn dieser von außerhalb auf die Firmen-Server zugreift. Der Test hat gezeigt, dass
Citrix bei den Übertragungszeiten hier und da noch Luft für weitere Verbesserungen hat, wobei die
Transferzeiten in der Regel weit unter denen des Baseline-Tests lagen. Das Programm ist schnell
installiert und leicht einzusetzen. Überraschend ist, dass der Wanscaler Client für den Anwender
jederzeit sichtbar und veränderbar ist. Das Management-Interface bietet zahlreiche
Auswertungswerkzeuge, die grafische Ausgabemöglichkeiten für die Administration sind vielseitig und
anschaulich.

Info: Citrix Tel.: 0811/830048 Web: www.citrix.de