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Was tun bei Abmahnungen?

Was tun bei Abmahnungen?. Rechtstipps von Rechtsanwalt Dr. Jyn Schultze-Melling, Kanzlei Nörr Stiefenhofer Lutz, München, jyn.schultze-melling@noerr.com

Autor:Markus Reuter • 29.3.2006 • ca. 2:00 Min

Was tun bei Abmahnungen?

1. Ruhe bewahren … aber die Sache ernst nehmen
Die meisten Unternehmer, die abgemahnt werden, reagieren falsch: entweder, sie fügen sich sofort, oder sie ignorieren die Abmahnung einfach. Beides ist riskant und führt entweder zu übereilten Zugeständnissen oder, vor allem wegen der oftmals kurzen Fristen, zu einstweiligen Verfügungen!

2. Absender und Adressaten prüfen
Prüfen Sie den Adressaten: viele Abmahnungen werden an falsche Adressen, unkorrekte Firmenbezeichnungen oder an Privatpersonen geschickt, die tatsächlich für ein Unternehmen gehandelt haben. Derartige Abmahnungen sind in der Regel wirkungslos.
Schauen Sie aber auch mal genauer auf den Absender, denn nicht jeder darf Ihnen Abmahnungen schicken. Die Berechtigung zur Abmahnung, die so genannte »Aktivlegitimation«, haben nur Wettbewerber, deren Schutzrechte vermeintlich verletzt wurden und manche Verbände.

3. Formalien prüfen
Eine korrekte Abmahnung enthält sowohl eine knappe Schilderung der gerügten Handlung als auch Hinweise auf die davon betroffenen Gesetze. Der Vorwurf der (vermeintlichen) Rechtsverletzung muss dabei für den Abgemahnten tatsächlich nachvollziehbar geschildert werden und dadurch rechtlich zu würdigen sein.
Weitere notwendige Inhalte sind eine deutliche Aufforderung zur Unterlassung der beschriebenen Handlung und die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung unter Fristsetzung, Angabe der (angenommenen) Höhe eines Streitwertes und Aufforderung zur Erstattung der Rechtsverfolgungskosten sowie Androhung gerichtlicher Schritte bei fruchtlosem Ablauf der Frist. Nicht übersehen: Wirksame Abmahnungen müssen eine Unterschrift tragen!

4. Inhalt der Abmahnung nachvollziehen
Überprüfen Sie den so genannten Rechtsgrund der Abmahnung. Unterlassungspflichten finden sich unter anderem im Urhebergesetz (UrhG), im Markengesetz (MarkenG) oder im Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Spätestens jetzt sollte anwaltlicher Rat eingeholt werden, denn die unterschiedlichen Unterlassungstatbestände haben teilweise sehr komplexe Voraussetzungen, die sorgfältig geprüft werden müssen.

5. Angemessen reagieren
Als Hauptforderung wird regelmäßig, abgesehen von der Beseitigung des gerügten Verhaltens, die Abgabe einer so genannten Strafbewehrten Unterlassungserklärung verlangt. Oftmals ist es tatsächlich sinnvoll, wenn möglich das gerügte Verhalten vorsichtshalber zumindest vorerst abzustellen. Man kann sich auch an den Abmahnenden wenden, um eine zumindest kurze Fristverlängerung zu erwirken.

Im Übrigen hat der Abgemahnte von Fall zu Fall mehrere Möglichkeiten zu reagieren:

Angriffsstrategie
o Die geforderte Unterlassungserklärung abgeben (wobei die Kosten nur dann übernommen werden müssen, wenn die Abmahnung ordnungsgemäß formuliert wurde)
o Eine modifizierte Unterlassungserklärung abgeben (dies ist immer sinnvoll, wenn der Unterlassungsanspruch nur teilweise begründet ist)
o Einen außergerichtlichen Vergleich schließen (bei komplexen Angelegenheiten sinnvoll, wenn beide Parteien etwas voneinander wollen)

Verteidigungsstrategie
o Bei den zuständigen Gerichten so genannte Schutzschriften hinterlegen und die einstweilige Verfügung abwarten (denkbar, wenn man sich seiner Sache sehr sicher ist) oder gleich eine Negative Feststellungsklage erheben
o Beschwerde beim Gewerbeamt (oder bei der Anwaltskammer) einreichen
o Ggf. Strafanzeige wegen versuchten Betruges stellen (speziell bei unzulässigen Massenabmahnungen).