Der Fachkräftemangel – er greift um sich und betrifft auch den Pflege-Sektor. Doch wollen sich Menschen überhaupt von Pflegerobotern versorgen lassen? Eine Bitkom-Studie zeigt eine große Aufgeschlossenheit für digitale Helfer in der Pflege.
„Die Digitalisierung kann in der ambulanten sowie stationären Pflege wertvolle Dienste leisten und in einer immer älter werdenden Gesellschaft zugleich auch der Schlüssel für ein langes Leben in den eigenen vier Wänden sein“, sagt Bitkom-Hauptgeschäftsführer Dr. Bernhard Rohleder. „Digitale Technologien können und sollen das Pflegepersonal nicht ersetzen, aber doch sinnvoll unterstützen, um die Qualität in der Pflege langfristig zu verbessern.”
Das ist letztlich auch die Quintessenz einer repräsentativen Umfrage des Digitalverbands Bitkom unter mehr als 1.000 Befragten ab 18 Jahren: Vor dem Hintergrund des eklatanten Fachkräftemangels in der Pflege sehen sieben von zehn Deutschen (71 Prozent) die Digitalisierung der Pflege als große Chance. 23 Prozent sind der Meinung, dass sich der Pflegekollaps nur vermeiden lässt, wenn die Pflege digitaler wird. 33 Prozent meinen, dass die Digitalisierung der Pflege zumindest dabei hilft, den Pflegenotstand in Deutschland zu lindern. Einen verstärkten Einsatz von digitalen Anwendungen in der Pflege in Deutschland würde 54 Prozent der Befragten begrüßen. Dass Not am Mann und der Frau in der Pflege besteht, davon ist fast jeder der Befragten überzeugt: 92 Prozent sind der Meinung, dass das Pflegepersonal hoch oder gar sehr hoch belastet ist.
Entlastung für das Pflegepersonal
Sieben von zehn Befragten gaben an, dass das Pflegepersonal dank digitaler Anwendungen körperlich entlastet werden könnte (71 Prozent) und mehr Zeit für die eigentliche Pflege bliebe (72 Prozent). Als größte Chance sehen 76 Prozent ein länger selbstbestimmtes Leben und Wohnen. 69 Prozent meinen, dass man dank Pflege 4.0 die Sicherheit im Alltag von Pflegebedürftigen erhöhen könnte.
Viele Menschen stehen digitalen Helfern in der Pflege offen gegenüber. So können sich 41 Prozent vorstellen, sich von einem Roboter zumindest zeitweise pflegen zu lassen. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 51 Prozent, bei der Generation 65 Plus sind es 37 Prozent. Wenn die Wahl bestünde zwischen dem Umzug ins Pflegeheim oder der Überwachung durch digitale Technologien zu Hause, dann würden sich knapp zwei Drittel (62 Prozent) für die digitalen Anwendungen in den eigenen vier Wänden entscheiden. „Die Menschen in Deutschland wollen digitale Anwendungen in der Pflege. Bei der Pflege 4.0 geht es nicht darum, Pflegekräfte einzusparen, sondern um ein Miteinander von digitalen Helfern und menschlicher Zuwendung“, so Rohleder.
Vielfältige Einsatzbereiche neuer Technologien
Als größte Probleme werden Datenschutz und Datensicherheit genannt (57 Prozent). Es folgt die Angst vor einer weniger am Menschen ausgerichteten Pflege (55 Prozent) und vor einer Isolation älterer Menschen (49 Prozent). Beinahe jeder Zweite (47 Prozent) meint außerdem, dass digitale Anwendungen für die Pflege noch nicht marktreif sind.
Viele der Befragten äußerten sich jedoch optimistisch, was den Einsatz digitaler Anwendungen in der Pflege in naher Zukunft betrifft. So meinen 85 Prozent, dass es in zehn Jahren verbreitet sein wird, dass Angehörige in Notfällen automatisch via Smartphone benachrichtigt werden. 82 Prozent glauben, dass die Ortung von Pflegebedürftigen via GPS, zum Beispiel bei Demenz, Standard sein wird. 78 Prozent sehen telemedizinische Angebote wie die Video-Sprechstunde im flächendeckenden Einsatz. Auch Sensoren zur Überwachung am Körper (74 Prozent) und der elektronischen Pflegeakte (73 Prozent) sagen die Befragten eine große Zukunft voraus.
Vor allem muss der politische Ordnungsrahmen angepasst werden. „Bislang fehlt es noch an einer gesetzlichen Grundlage dafür, dass Kranken- und Pflegekassen die Kosten für digitale Hilfsmittel übernehmen“, so Rohleder.