CRN: Gehen wenigstens die Behörden mit gutem Beispiel voran?
Kolb: Das wäre mir neu! Hier sehe ich den größten Aufholbedarf. Setzen Sie sich für einige Stunden in ein Bürgerbüro und Sie erhalten Daten, die Sie wirklich nichts angehen. Ich kann es mir nur so erklären, dass Behörden auf einen vom Staat oder einer übergeordneten Behörde bezahlten Datenschutzbeauftragten warten, der unverhofft zur Tür hereinkommt. Hinzu kommt, dass sich die Rollen der Personen mitunter vermischen: Beamter, politischer Funktionär und Mitglied der Feuerwehr oder im Sportverein. Da sind Adressdaten und Interessen schnell »amtsbekannt«.
CRN: Was denken Sie, was nach dem 25. Mai dieses Jahres passieren wird?
Kolb: Es werden sicherlich Exempel statuiert werden, schon allein, weil sich Anwälte spezialisieren. Zu den üblichen Verdächtigen gehören die multinationalen Unternehmen – aber auch hier werden die hohen Strafen bei Vorfällen sicherlich ihre Wirkung zeigen.
Ganz allgemein erhält IT-Sicherheit durch die DSGVO weiteren Aufwind: Cyber-Versicherungen werden noch interessanter, stellen aber auch hohe Ansprüche an den zu Versichernden. Derzeit boomen Managed Services, weil heikle Themen sinnvollerweise in die Hände von Experten gehören. Dies gilt übrigens auch für den Datenschutz, der aus meiner Sicht viel weniger ein rechtliches als ein organisatorisch-technologisches Thema ist. Hier sind Spezialisten bessere Ansprechpartner als Anwälte, die Datenschutz schon im Studium belächelten.
CRN: Werden durch die Meldepflichten künftig mehr Sicherheitsvorfälle bekannt werden?
Kolb: Davon gehe ich aus, schließlich stehen Sanktionen im Raum und das Bewusstsein hierfür nimmt zu. Es muss nur noch in konkrete Handlungen umgesetzt werden – und ob das geschieht, ist noch fraglich. Doch es findet ein Austausch unter Vorstandskollegen statt. Ich kenne Beispiele, da wurden endlich Investitionen getätigt und Maßnahmen ergriffen, nachdem Vorstandskollegen aus anderen Firmen über die immensen Schäden berichtet haben, die eingetreten sind.
CRN: Wird es womöglich neue Formen der Cybererpressung geben, weil Cyberkriminelle ihre Opfer mit den Meldepflichten zusätzlich unter Drucken setzen können?
Kolb: Das erscheint mir unwahrscheinlich, auch wenn das Erpressungspotenzial sicherlich da ist. Interessant wird, was der einfache Bürger unternimmt, wenn er auf eine Anfrage nach Ablauf der Frist keine Antwort erhält? Wird er es weiterverfolgen, weil er das Recht auf Auskunft hat? Oder wird er nach einem finanziellen Entgegenkommen die Anfrage ruhen lassen? Das ist die Frage, die ab Mai wirklich spannend wird.