Raum und Zeit zu überwinden ist längst kein reiner Menschheitstraum mehr. Roboter werden schlauer und gehorchen dem weit entfernt operierenden Experten – wenn sie denn in Zukunft überhaupt noch den lenkenden Menschen brauchen.
Der 7. September 2001 war ein Meilenstein in der Geschichte der IT-gestützten Robotik und Medizintechnik. 80 Personen assistierten dem Chirurgen Jaques Marescaux, der von New York aus mit Hilfe des OP-Roboters »Zeus« in einer Straßburger Klinik einer Patientin die Gallenblase entfernt hatte. Die erste transatlantische Operation über 15.000 Kilometer war geglückt. Der technische Aufwand und die Kosten von damals zwei Millionen Mark freilich enorm, um per Glasfaserkabel eine Latenzzeit von rund 130 Millisekunden zu erreichen. Praktische Relevanz hat dieses Pionierexperiment einer Remote-Operation bis zum heutigen Tage allerdings kaum. Telemedizin mache langsam Fortschritte, hieß es Ende 2015 in der »Ärztezeitung«. Und wenn von Telemedizin die Rede ist, denken Gesundheitsexperten eher an Online-Sprechstunden oder Videotelefonie, bei der sich Fachkollegen, örtlich getrennt, über Röntgenaufnahmen austauschen. In zehn Jahren könnte Telemedizin Fahrt aufnehmen, so stand es in einer 2015 veröffentlichten Bitkom-Studie.
Immerhin: Ein Anfang, ist längst gemacht, Maschinen fernzusteuern und neue »ortsübergreifende Formen der Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK)« zu zeigen, wie die kommende Messe CeBIT verspricht. Das Deutsche Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) und das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) werden in Halle 6 ein Experiment zeigen, wie anpassbare und trainierbare Leichtbauroboter Gefahrengüter sicher handhaben können. Gleich drei baugleiche Roboter auf dem DFKI-Stand werden von einem Operator auf dem benachbarten BMBF-Stand über eine Hololens-Brille von Microsoft gesteuert oder »telemanipuliert«, wie Experten den allein schon sprachlich wenig Vertrauen stiftenden Eingriff nennen.
Der Operator steuert die Abläufe in einer Mixed-Reality-Umgebung mit Gesten. Die Roboter führen die Befehle aus und greifen oder bewegen Objekte auf einer Ablage, die auf dem Mobilitätsroboter montiert ist. Das Objekt soll sicher zwischen den Leichtbaurobotern transportiert werden. Ziel ist die Einübung des fehlerfreien Handlings der Roboter in einer Gefahrgut-Situation.
Dabei soll es nicht bleiben. Forscher zeigen auf der CeBIT in Hannover auch die Telemanipulation von zwei Robotern (Universal Robotics UR, MiR 100) per Live-Schaltung in das MRK4.0-Innovationslabor des DFKI am Standort Saarbrücken.
Praktische Einsatzgebiete versprechen sich die Forscher unter anderem in der Fernwartung, Telepräsenz, Teleproduktion beziehungsweise Teleoperation sowie Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK). Mohammad Mehdi Moniri, Leiter des Forschungsbereichs Mixed Reality beim DFKI wird am CeBIT-Mittwoch, 22. März, ab 15 Uhr im Vortragsforum Future Talk in Halle 6 (Stand A65) über Chancen und Risiken der Mensch-Roboter-Kollaboration sprechen.