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Tipps zur Migration

Kostspielige Experimente

Autor:Bernd Büttner, Director Strategic Marketing bei Bintec Elmeg / Claudia Rayling, Redakteurin funkschau/channelXpert • 15.6.2015 • ca. 2:40 Min

Inhalt
  1. Der steinige Weg in die All-IP-Welt
  2. Kostspielige Experimente

Derartige und eine Reihe weiterer Beispiele lassen sich leicht formulieren und geben einen Eindruck, was ein Media-Gateway leisten muss. Der Fachhändler muss also seine Auswahl sorgfältig  durchführen. Die Auswahl muss auf Hersteller fallen, die sowohl im Bereich ISDN und Sprache als auch im Bereich Gateway, Routing und Sprach-Daten-Konvergenz ein bereits länger im Markt etabliertes Portfolio anbieten können. Der Einsatz von augenscheinlich preisgünstigen Geräten aus dem Privatkundensegment ist nicht empfehlenswert, da benötigte Funktionalitäten nicht zugänglich oder nicht implementiert sind.  Den stark auf Kostenoptimierung ausgelegten Produkten mangelt es häufig auch an adäquaten Hardwarekomponenten.

Sollte das bestehende TK-System bereits IP-fähig in Richtung externer Anbindung sein, so muss auf jeden Fall eine sichere und robuste Breitbandanbindung hin zum All-IP-Anbieter erfolgen. Wichtig hierbei ist zu unterscheiden: VoIP- beziehungsweise IP-fähige TK-Anlagen sind nicht automatisch All-IP fähig, denn in der Regel fehlen für den Breitbandzugang relevante Teile, wie xDSL-Komponenten oder auch spezielle QoS (Quality-of-Service)- und Sicherheitsmechanismen, beispielsweise ALG (Application-Layer-Gateway) und SBC (Session-Border-Controller). Generell ist zu überlegen, wie nahe man das Kommunikationssystem an den Netzübergang bringen möchte. Vorgeschaltete Systeme wie Media-Gateways, All-IP-Router mit ALG- oder SBC-Funktionalität schützen das Herzstück der Kommunikation und trennen das Netzwerk in logische Segmente und Zonen mit unterschiedlichen Vertrauensstufen. Im Falle eines Angriffes bilden sie das „Opfersystem“. Die direkte Kompromittierung eines ITK-Systems mit Applikationen und personenbezogenen Daten wiegt ungleich schwerer. Also keine Experimente bei Design und Konzeption! Klare Netzwerkstrukturen und Implementierung solider Sicherheitsmaßnahmen sind Erfolgsfaktoren. Schulung, Training und Sensibilisierung der Benutzer bilden einen Teil des Fundamentes für den erfolgreichen Umstieg.  

Die alte Welt hinter sich lassen

„Fortschreibung der Vergangenheit gibt noch keine Zukunft“ – dieses Zitat von Willy Brandt im Kontext All-IP adressiert eines der wichtigsten Themen, um erfolgreich die „alte“ Welt hinter sich lassen zu können.  Das Thema Applikationen, Leistungsmerkmale und Dienste rund um ISDN wird derzeit noch häufig angewendet, um sich mehr Zeit bis zur Umstellung zu erkaufen. Das Alphabet der leitungsvermittelten Netze reicht von A wie Aufzugtelefon bis Z wie Zugang zu paketvermittelten Netzen.

Dinosaurier wie X.25 oder X.31 sind immer noch im produktiven Einsatz zu finden. Auch Faxübertragung gehört eigentlich ins Museum, wird sich aber vermutlich noch einmal 25 Jahre halten – mindestens.

Wo sich bisher die Qualität eines TK-Systems durch die Länge der Liste an Leis-tungsmerkmalen definiert hat, bildet zukünftig eine vereinheitlichte, IP-basierte Infrastruktur die Grundlage jeglicher Unternehmenskommunikation. Auf dieser Basis muss ein Um- und Weiterdenken stattfinden, so dass sich Qualität und Akzeptanz nicht mehr maßgeblich über die Quantität von Features einzelner Systeme definiert. Der Fachhandel muss nun unmittelbar in einen proaktiven Dialog mit seinen Kunden treten, um einerseits deren Bedürfnisse zu verstehen und andererseits den hervorragenden Zeitpunkt für Aufräumarbeiten und Konsolidierung zu nutzen. Das schließt die Migration bestehender ISDN-TK-Anlagen per se nicht aus. Es ist ein hybrider Zwischenschritt auf dem Weg zu einer kohärenten IP-basierten Kommunikationsinfrastruktur mit einem weiterhin gewissen Maß an Einschränkungen.

Fazit

Die Integration rein IP-basierter ITK-Systeme und die Verlagerung hin zu Cloud-Lösungen werden die Zukunft bilden.

Kommunikationsgewohnheiten werden sich weiterentwickeln und Telefonie wird nur eine unter vielen Applikationen in IP-Netzen sein. Welche Lösung letztlich zum Zuge kommt, ist maßgeblich von der Beratungs- und Fachkompetenz des Fachhandels abhängig. Jeder der zig Millionen ISDN-Anschlüsse muss angefasst und umgestellt werden. Systemhäuser und Fachhändler, die sich dieser Herausforderung rechtzeitig annehmen, die Kunden proaktiv beraten und gemeinsam mit Kunden und Herstellern an den zukünftigen Lösungen arbeiten, deren Geschäfte und Erfolgsaussichten werden sich positiv entwickeln. Auch die partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen dem noch immer weitreichend getrennt existierenden TK- und IT-Fachhandel ist gefragt. Keiner kann und muss alles beherrschen, All-IP wird jedoch einiges fordern und ändern.

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