Troubleshooting in Netzwerken - aber wie?

Die Komplexität der Kommunikationsnetze

25. November 2011, 7:00 Uhr | Dipl.-Ing. (FH) Ludwig Kuperstein, bei Ideal Industries als technischer Support und Trainer für den Bereich WAN-Access-Produkte zuständig,

Die heutige Kommunikationswelt hat ein Niveau erreicht, bei dem völlig verschiedene Anwendungen immer mehr miteinander verschmelzen. Moderne Kommunikationstechnik hält in immer neue Bereiche Einzug. Die gleichzeitige Übertragung von Daten?, Sprach- und Videoinformationen - zeitgerecht und in hoher Qualität im gleichen Netz, häufig sogar auf dem selben Link - ist die heutige Herausforderung.Gebäudeautomations?, Gebäude-Management-Systeme sowie modernste Zugangs?, Sicherungs- und Überwachungstechnik haben heute eine beeindruckende Leistungsfähigkeit erreicht und werden schon bald zum Standard im kommerziellen und privaten Bereich gehören. Ein Ende für das Anwachsen der Geschwindigkeits- und Bandbreitenanforderungen in den Netzen ist nicht absehbar.

LAN ist nicht mehr nur LAN

Innerhalb von zwei Jahrzehnten hat sich Ethernet stürmisch entwickelt, beginnend mit einer Bitrate von 10 MBit/s über Koaxialkabel für die lokale Verbindung zwischen Desktop und Server. Heute gehören 1.000 MBit/s Übertragungsgeschwindigkeit für die Netzanbindung von Arbeitsplatzrechnern zum Standard. Durch immer ausgereiftere und sicherere Übertragungs- und Protokollmechanismen hat Ethernet längst den LAN-Bereich verlassen und gehört auch im Backbone-Bereich der Netzbetreiber mit Bitraten von bis zu 100 GBit/s zum Standard. Die Kommunikationsnetze weltweit agierender Unternehmen erstrecken sich über Kontinente und umfassen einen komplexen Mix aus unterschiedlichsten Übertragungsmedien und -techniken.

Kupfer?, Koaxial- und Glasfaserkabel, Laserübertragung, Richtfunkstrecken, WiFi-Verbindungen und mehr sind inzwischen gleichberechtigte und feste Bestandteile eines Netzes. Ein sich lokal auswirkender Fehler kann seine Ursache unter Umständen weit entfernt an beliebiger Stelle im Netz haben und ist oft nicht leicht lokalisierbar. Wachsende Übertragungsfrequenzen auf Kupferkabeln lassen die gegenseitigen Störeinflüsse von Links im gleichen Kabel ansteigen. Dementsprechend werden die Anforderungen an Installations- und Wartungstechniker mit der von ihnen eingesetzten Messtechnik ebenfalls ständig komplexer. Trotz wachsender Intelligenz der aktiven Netzwerkkomponenten sind die häufigsten Fehler glücklicherweise immer noch zu 70 bis 80 Prozent auf der sogenannten Schicht 1 des OSI-Schichtenmodells, das heißt auf der Ebene des Übertragungsmediums zu suchen.

Erst wenn Fehler im Übertragungsmedium vollständig entdeckt und beseitigt sind, ist es sinnvoll, mit Protokolltestgeräten die höheren Schichten wie etwa die Ethernet?, die TCP/IP-Verbindung oder die ISDN- oder SIP-Verbindung nach Protokollfehlern zu untersuchen.

Beachten Techniker diese Logik in den Kommunikationsprozessen der Netzwerke nicht, ist die Fehlerfindung stark erschwert oder gänzlich unmöglich. Moderne Messtechnik unterstützt die Logik des Schichtenmodells und umfasst sowohl Tests der Übertragungsmedien als auch Messungen in ausgewählten Protokollschichten. Dies unterstützt das systematische Vorgehen bei der Fehlereingrenzung und ermöglicht so dem Service-Techniker eine zeit- und kostensparende Arbeitsweise bei Entstörung und Wartung.

Fehler in der passiven Verkabelung

Typische Fehler auf der physischen Ebene des Übertragungsmediums sind die klassischen Verdrahtungsprobleme, Kabelbeschädigungen bei Kupferverkabelungen, Beschädigungen oder Verschmutzungen auf Glasfaserverbindungen oder schlechter Empfang sowie eine falsche Kanalzuweisung in WiFi-Netzwerken. Somit ist in modernen Kommunikationsnetzen die Fehlersuche mit einfachen Verdrahtungstestern oder einigen Prüfkommandos wie Ping oder Trace Route von einem PC aus längst nicht mehr ausreichend. Idealerweise weiß der Techniker, welche Medien und Dienste in seinem Netzwerk zum Einsatz kommen, um das richtige Gerät für die Fehlersuche auszuwählen. Moderne Troubleshooting-Geräte sollten sowohl auf der physischen Ebene mit sehr guten Testmöglichkeiten als auch auf den Protokollschichten im LAN-Bereich mit vielseitigen Diagnosemöglichkeiten aufwarten.

Hochwertige Geräte verfügen über ausgereifte Fehlersuchfunktionen in LAN-Verkabelungen. Beispielsweise sollten Verdrahtungsfehler pro Einzelader und nicht nur je Adernpaar erkannt werden, wie dies häufig bei kostengünstigen Geräten der Fall ist. Eine Längenmessung bis zur Fehlerstelle gehört bei leistungsfähigen Geräten ebenso zum Standard. Die Aussendung von Testsignalen zur Identifizierung eines Ports (Hub Blink) oder ein integrierter Tongenerator erleichtern die Auffindung von Links oder Einzeladern an Patch-Feldern bei fehlender oder fehlerhafter Dokumentation.

Spitzengeräte erkennen auch die schwierig auffindbaren so genannten "Split Pair"-Fehler. Diese entstehen beispielsweise, wenn bei einem Link zwei weiße Adern an den Enden des LAN-Kabels jeweils in der gleichen Weise vertauscht wurden. Einfache Verdrahtungstester würden solche Verbindungen über eine Durchgangsprüfung als fehlerfrei melden. Diese Art von Vertauschungen verursacht jedoch massive Störungen bei der Signalübertragung durch Nebensprechen, da die Stromkreise zweier separater Übertragungsstrecken elektrisch miteinander gekoppelt sind. Die Folge ist eine langsame oder gänzlich unmögliche Datenübertragung - scheinbar verursacht durch fehlerhafte Hardware, falsche Netzwerkeinstellungen, überlastete Switches oder eine langsame Internetanbindung. Ohne "Split Pair"-Erkennung ist eine Fehleridentifizierung in diesem Fall nahezu unmöglich.

Auf der Glasfaser-Seite sollte das Gerät vielseitig genug sein, um alle gängigen Wellenlängen und Übertragungsstandards zu messen. Dort ist grundsätzlich zu unterscheiden, ob mit einer Lichtquelle und einem Leistungsmesser die Dämpfung des passiven Links gemessen oder ob sofort Tests auf der aktiven Seite, das heißt auf den Protokollschichten, durchgeführt werden sollen. Einige Troubleshooting-Geräte verfügen über eine SFP-Schnittstelle für handelsübliche SFP-Module. Dabei sind die Diagnosemöglichkeiten auf der passiven Seite immer von den vom SFP-Modul bereitgestellten Informationen abhängig - der Vorteil besteht darin, dass die zur Anlage passenden SFP-Module sofort eine Verbindung zum Messgerät ermöglichen.

Diagnose im Ethernet

Ist sichergestellt, dass die passive Verkabelung fehlerfrei funktioniert, ist bei Bedarf die Fehlersuche auf der aktiven Seite fortzusetzen. Dazu eingesetzte Troubleshooting-Geräte sollten leicht, kompakt und einfach zu bedienen sein. Die Fehlersuche verläuft oft nicht nur von einem Platz aus, ganz im Gegenteil - um ganz sicher zu gehen, muss der IT-Verantwortliche an verschiedenen Stellen des Netzwerks testen, die vielerorts in verwinkelten und schwer zugänglichen Ecken liegen. Ein Laptop oder ein unhandlich großes Gerät sind dabei meist nicht hilfreich. Die einfache Bedienung ist deshalb enorm von Gewicht, weil die Ethernet-Welt sehr komplex werden kann und man schnell den Überblick verliert. Eine klare und übersichtliche Menüstruktur hilft dem Nutzer, sich auf das Wichtige zu konzentrieren. Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Geräten mit einem Port, die als "Endpoint" oder Endgeräte an ein LAN angeschlossen sind und Geräten mit zwei Ports, die zusätzlich noch im "Inline"-Modus zur Diagnose zwischen zwei Ethernet-Geräte messen können.

Der "Endpoint"-Modus ist wichtig, um eine schnelle Übersicht über ein Ethernet-Netzwerk zu erhalten. Troubleshooting-Geräte können in diesem Modus die Ethernet-Geschwindigkeit am angeschlossenen Port prüfen und Informationen wie die verwendeten MAC- und IP-Adresse und DNS (Domain Name Server) darstellen. Die Funktion "Network Map" ermöglicht eine Bestandsaufnahme aller Teilnehmer in einem Firmennetz. Intelligente Geräte können diese Bestandsaufnahme oder "Network Map - Netzwerk-Landkarte" speichern. Der Nutzer kann diese Karte zu einem späteren Zeitpunkt wieder laden und das Netzwerk mit einer früheren Karte vergleichen. Veränderungen im Netzwerk sind so leicht auszumachen. So lassen sich zum Beispiel sehr schnell neue Teilnehmer oder Geräte im Netzwerk oder gar fehlende Geräte ausfindig machen. Kann ein Nutzer auf einen bestimmten Server nicht mehr zugreifen, so ist mit der Funktion Network Map schnell erkennbar, ob der Server im Netzwerk noch erreichbar ist. Verfügt das Troubleshooting-Gerät auch noch über eine Trace-Route-Funktion, dann lassen sich alle Stationen listen, die auf dem Kommunikationsweg liegen. So ist schnell festgestellt, an welcher Stelle im Netzwerk das eigentliche Problem liegt.

Der "Inline"-Modus ist besonders dann nützlich, wenn der Datenverkehr eines bestimmten Gerätes im Netzwerk untersucht oder Datenströme zwischen zwei Punkten im Netzwerk auf Fehler oder Protokollbesonderheiten analysiert werden sollen. Effiziente Troubleshooting-Geräte erkennen die Art der Ethernet-Verbindung an beiden Ports und zeigen eine fehlerhafte Anpassung der Übertragungsgeschwindigkeiten der verbundenen Geräte an (etwa wenn ein Gerät fest auf 100BT FD eingestellt ist, das andere jedoch auf 1000BT FD). Unterstützt eine der Komponenten keine automatische Anpassung (Auto-Negotiation), so führt dies im schlimmsten Fall zu einer Absenkung der Übertragungsgeschwindigkeit auf dem betroffenen Link bis auf 10BT im Halb-Duplexbetrieb - obwohl beide Komponenten höhere Geschwindigkeiten unterstützen könnten. Das Ergebnis ist eine sehr langsame Datenübertragung bei einer scheinbar fehlerfreien Verbindung. Des Weiteren sollte es auch möglich sein, den Datenstrom auf der zu überprüfenden Verbindung genauer zu untersuchen. Ein gutes Troubleshooting-Gerät muss in der Lage sein, so genannte "Top Ten"-Listen zu erstellen. Diese Listen enthalten üblicherweise die zehn MAC- oder IP-Adressen, die die größten Datenmengen senden und empfangen oder die die meisten Fehler generieren, oder sie zeigen die zehn am meisten verwendeten Protokolle an.

Ist etwa die Internet-Verbindung in einer Firma besonders langsam, lässt sich ein solches Troubleshooting-Gerät zwischen den Internet-Router und das Netzwerk schalten. Sämtlicher Internet-Verkehr läuft dann durch das Troubleshooting-Gerät. Zum einen ist nun die echte Datenrate zum Internet messbar, und zum anderen kann ein Techniker mithilfe der "Top Ten"-Listen feststellen, ob bestimmte Geräte oder Teilnehmer im Netzwerk besonders viel Bandbreite verbrauchen. Ist ein PC im Netzwerk sehr langsam, kann das Troubleshooting-Gerät zwischen den PC und den Switch "gehängt" werden, um den Datenverkehr nur dieses einen Gerätes zu beobachten. Damit ist feststellbar, ob dieses Gerät zu viele Fehler erzeugt oder im Hintergrund ein eventuell unerwünschter Download läuft, der die Netzwerk-Anbindung stark verlangsamt.

Verfügt das Troubleshooting-Gerät auch noch über Diagnosemöglichkeiten für VoIP-Verbindungen (Voice over IP) kann der Techniker das Messgerät auch zwischen ein VoIP-Telefon und das Netzwerk schalten, um die Ursachen von Störungen bei Telefongesprächen zu lokalisieren. Ist die Sprachqualität schlecht oder werden Gespräche immer wieder unterbrochen, so kann die Ermittlung von Parametern, wie Laufzeit (Delay), Laufzeitschwankung (Jitter) und Paketverlusten (Packet Loss) des VoIP-Datenstroms wichtige Hinweise zur Fehlerursache liefern. Leistungsfähige Geräte sollten dabei Verbindungen über beide gängigen VoIP-Protokolle SIP (Session Initiation Protocol) und H.323 nach ITU-Standard erkennen.

Beispiel: WiFi

Die drahtlose Verbindungstechnik WiFi ist heute ein fester Bestandteil vieler Firmennetze. "Fest" im Sinne von nicht wegzudenken, leider allerdings nicht "fest" im Sinne von stabil. WiFi-Netzwerke sind aufgrund ihrer drahtlosen Technik relativ fehleranfällig. Eine typische Situation ist, wenn in einer Firma in einem mehrstöckigen Gebäude plötzlich ohne ersichtlichen Grund und ohne Veränderungen im Netzwerk die Reichweite des WiFi-Netzwerkes stark abgenommen hat. Eine Fehlerursache ist nicht zu finden, der Access Point (AP) scheint zu funktionieren, da in der Nähe des WLAN-Routers noch guter Empfang ist und die Kommunikation funktioniert. Weitere APs lassen sich vom Laptop, der zur Diagnose herangezogen wird, nicht finden. Der Techniker kann allerdings nicht wissen, dass die Nachbarfirma im obersten Stockwerk ebenfalls ein WLAN installiert hat und unglücklicherweise der Access Point den gleichen Kanal verwendet. Da dieser AP "versteckt" ist, also keine Kennung (SSID) aussendet, ist er für andere Geräte im Netzwerk nicht ohne weiteres sichtbar. Er ist also auch vom Laptop bei der Suche nach Drahtlosnetzwerken nicht zu erkennen. Ohne ein geeignetes Troubleshooting-Gerät hat ein Techniker keine Chance, die Fehlerquelle zu finden. In der Praxis führt dies dann oft zur kostspieligen Installation weiterer Access Points. Allerdings kann dies die effektive Reichweite eines Access Points noch weiter reduzieren, da dieser durch die hohe Sendeleistung anderer APs in benachbarten Kanälen überstrahlt wird. Dieser Effekt ist mit dem Nebensprechen in Telefonkabeln vergleichbar.

Ein weiterer häufiger Fehler bei der Einrichtung von drahtlosen Netzwerken ist die Verwendung unmittelbar benachbarter Kanäle in örtlich sehr nah beieinander angeordneten APs. Die wenigsten Techniker wissen, dass auch dies die effektive Reichweite beider WLAN-Router durch gegenseitige Überstrahlung im Überdeckungsbereich benachbarter Kanäle stark vermindert. Zudem ist ein AP auch über ein Kupferkabel am Netzwerk angeschlossen. Diese Verbindung kann gleichfalls fehlerbehaftet sein. Ein Troubleshooting-Gerät ist in einem solchen Fall wieder "inline" zwischen den AP und das Netzwerk zu schalten, um Übertragungs- oder Konfigurationsfehler des APs zu finden.

Fazit

Die Zeiten der reinen 10/100MBit- oder Fast-Ethernet-Kupfer-Netzwerke sind vorbei. Netzwerke bestehen heute aus verschiedenen Übertragungsgeschwindigkeiten und Übertragungsmedien mit einem breiten Dienstangebot. Diese Vielfalt ist zum einen wichtig, da das LAN die unterschiedlichsten Aufgaben unterstützen soll, zum anderen wird das Netzwerk dadurch aber anfälliger für Störungen. Die reibungslose Funktion des Netzwerks ist wichtiger denn je, die so genannte Downtime kostet die Unternehmen Zeit und Geld. Ein PC mit Analyse-Tools ist hier oft nichts sehr hilfreich oder unhandlich und bei Schicht-1-Fehlern auch gänzlich ungeeignet. Es sind Troubleshooting-Geräte gefragt, die der Vielseitigkeit moderner Netzwerke folgen und dem Nutzer eine schnelle Eingrenzung der Fehlerquelle ermöglichen. "State of the Art"-Mess- und Analyse-Tools müssen ein möglichst breites Spektrum an Testmöglichkeiten in einem Gerät bereitstellen. Die große Herausforderung dabei ist, die komplexen technischen Zusammenhänge bereits im Messgerät aufzubereiten und für den Anwender in leicht auswertbarer Form darzustellen.

Troubleshooting-Geräte können die Ethernet-Geschwindigkeit am angeschlossenen Port prüfen und Informationen wie die verwendeten MAC- und IP-Adresse und DNS (Domain Name Server) darstellen.

Moderne Troubleshooting-Geräte sollten sowohl auf der physischen Ebene mit sehr guten Testmöglichkeiten als auch auf den Protokollschichten im LAN-Bereich mit vielseitigen Diagnosemöglichkeiten aufwarten.

Ist sichergestellt, dass die passive Verkabelung fehlerfrei funktioniert, ist bei Bedarf die Fehlersuche auf der aktiven Seite fortzusetzen. Dazu eingesetzte Troubleshooting-Geräte sollten leicht, kompakt und einfach zu bedienen sein.
LANline.

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