LWL-Fasern unter der Lupe

Messung nach dem Encircled-Flux-Konzept

15. August 2014, 6:00 Uhr | Adrian Young ist bei Fluke Networks tätig, www.flukenetworks.com./jos

Encircled Flux spielt bei der Lichtwellenleiterprüfung in dem Maße eine immer größere Rolle, in dem Verlustbudgets enger und Datenübertragungen schneller werden. Es ist daher sinnvoll, die vier wichtigsten Elementen einer erfolgreichen Dämpfungsmessung der Stufe 1 genauer zu betrachten.Mit der stetigen Einführung neuer, verlustarmer Komponenten (zum Beispiel LC- oder MPO-Kassetten) fallen die Verlustbudgets immer geringer aus. Infolgedessen spezifizieren Kabelhersteller und Berater neuerdings Verlustbudgets nicht mehr gemäß den Normen, sondern auf der Basis der Komponentenleistung. Bisher zulässige Toleranzen bei Prüfverfahren sind nicht mehr akzeptabel. Installateure müssen für eine zeitgemäße Arbeitsweise daher die Auswahl der Testgeräte und der Verfahren für die Lichtwellenleiterprüfung der Stufe 1 überdenken. Die Verwendung der geeigneten Referenzlichtquelle, das Einstellen der Referenz und die Verwendung referenzfähiger Steckverbinder sind unverzichtbare Grundlagen der Prüfung. Doch selbst wenn alle Voraussetzungen vollständig erfüllt sind, können die Messergebnisse zweier Prüfer immer noch Abweichungen von bis zu 40 Prozent aufweisen. Dies liegt bei der Prüfung von Lichtwellenleitern leider in der Natur der Sache. Die Glasfaserverbindung selbst wird als zufällig angesehen, weshalb referenzfähige Steckverbinder zu verwenden sind. Eine zusätzliche Unsicherheit ergibt sich aus der Verwendung unterschiedlicher Lichtquellen aufgrund der Art und Weise wie das Licht in das Kabel abgegeben wird, selbst wenn diese referenziert sind. In den TIA-Standards ist die Einkopplungsbedingung von einer optischen Multimode-Quelle durch die so genannte Coupled Power Ratio (CPR) definiert. Aufgrund der auch hier immer noch zu hohen Variabilität zwischen den Quellen entwickelten die TIA und IEC im Jahr 2010 gemeinsam das Konzept Encircled Flux (EF) zur Spezifizierung der Einkopplungsbedingungen in Multimode-Lichtwellenleitern (ANSI/TIA-526-14-B und IEC61280-4-2). EF bezieht sich auf das Verhältnis der bei einem bestimmten Kernradius übertragenen Leistung und der eingespeisten Gesamtleistung. Es gibt die Modenleistung auf der gesamten Endfläche der Testreferenzleitung an, die bis zum Ende der Leitung anliegen muss. Fachleute halten es für wahrscheinlich, dass EF künftig in vielen Prüfspezifikationen für Lichtwellenleiter vorgeschrieben sein wird. Installateure müssen also bereits jetzt überlegen, wie sie EF in ihre Prüfverfahren einbinden können. In der ursprünglichen Norm ist dies zwar nicht spezifiziert, doch unter "Practical Considerations for Implementation of Encircled Launch Conditions in the Field" (TIA-TSB-4979, Praktische Überlegungen zur Implementierung von Encircled-Einkopplungsbedingungen im Feld) sind zwei Optionen zur Erfüllung von EF-Anforderungen angeführt. Die ursprüngliche TIA-IEC-Vorgabe beruht auf der Grundannahme, dass Installateure bei Feldprüfungen von Lichtwellenleitern ohnehin empfohlene Verfahren einsetzen. Jeder Mitarbeiter eines technischen Supports weiß jedoch, dass dies oft nicht stimmt. Zur Erzielung des optimalen Ergebnisses bei einer Dämpfungsmessung der Stufe 1 sind alle vier Aspekte zu berücksichtigen: LED-Lichtquelle, Jumper-Referenz, Steckverbinder und Encircled-Flux-Bedingung.   Auswahl der richtigen Lichtquelle Theoretisch kann bei der Prüfung von Multimode-Lichtwellenleiterstrecken ein Oberflächenemitter (VCSEL, Vertical Cavity Surface Emitting Laser) oder eine LED zum Einsatz kommen. Geltende ANSI-/TIA-Bestimmungen schreiben jedoch eine Spektralbreite zwischen 30 und 60 nm für die Lichtquelle vor. Diese lässt sich mit einer LED-Quelle problemlos erzielen. Ein VCSEL hat dagegen eine Spektralbreite von 0,65 nm, und die Abgabe in den Lichtwellenleiter variiert von Gerät zu Gerät so stark, dass die resultierende Messunsicherheit seine Verwendung verbietet. Die VCSEL-Abstrahlung führt außerdem zu einer Unterfüllung, was das Ergebnis der Dämpfungsmessung optimistisch macht. Prüft der Techniker eine Lichtwellenleiteranlage mit einem VCSEL, so kann der Kabelhersteller die Applikationsgarantie gegebenenfalls aufgrund der Messunsicherheit ablehnen. Es obliegt dem Prüfer, der die Garantie für eine Anlage ausstellt, in Erfahrung zu bringen, welche Art der Lichtquelle zu verwenden ist. Im Zweifelsfall sollte er das Datenblatt des Testgeräteanbieters konsultieren und die Anforderungen mit dem Garantieanbieter des Kabelsystems absprechen.   Richtige Referenzeinrichtung Das falsche Einstellen von Referenzwerten kann zu optimistischen und negativen Dämpfungsergebnissen führen. Letztere sind die häufigste Ursache für eine Ablehnung von System und Garantie und weisen auf eine Verstärkung des optischen Signals hin, was in einem passiven System gar nicht möglich ist. Es ist extrem wichtig, den Industriestandard zu befolgen und Referenzwerte mit einer einzelnen Testreferenzleitung einzustellen. Häufige Fehler bei der Referenzeinrichtung: Einstellen einer Referenz über einen Einbauadapter; dies bedeutet eine zusätzliche Messunsicherheit von bis zu 1,5 dB aufgrund von Verlust im Adapter Die Referenz muss von der Quelle bis zum Messgerät ununterbrochen sein, es darf nur eine Testreferenzleitung (1 Jumper) zum Einsatz kommen, Nichtverwendung eines Wickeldorns, wodurch ein um bis zu 0,4 dB pessimistischeres Ergebnis möglich ist, das zudem schwankt, und zwar abhängig davon, ob die Quelle über- oder unterfüllt ist, und Verwendung von biegeunempfindlicher Multimode-Glasfaser (Bend Insensitive Multimode Fibre, BIMMF) als Testreferenzleitung. Durch den Standard-25-mm-Wickeldorn werden Moden hoher Ordnung bei 850 nm nicht isoliert, und die Leistung fällt so aus, als würde kein Wickeldorn verwendet. Die Verwendung eines 4mm-Wickeldorns würde zu Messfehlern bei 1.300 nm führen. Zur Erzielung zuverlässiger Ergebnisse muss der Prüfer Geräte mit austauschbaren Adaptern an den Eingangsanschlüssen verwenden. Damit ist eine 1-Jumper-Referenzeinstellung gemäß TIA und den Anforderungen des Kabelherstellers möglich. Es ist ebenfalls wichtig, die richtigen Adapter und Testreferenzleitungen einzusetzen. Fehlerhafte Testkabel führen zu unzureichenden und schwankenden Testergebnissen. Gemäß der ISO-/IEC-Norm 14763-3 zur Prüfung von Lichtwellenleiterkabeln sind referenzfähige Steckverbinder solche mit einem Verlust von weniger als 0,1 dB bei Multimode oder weniger als 0,2 dB bei Singlemode. Hat die verlustarme Kassette einen LC-Steckverbinder mit 0,15 dB, würde eine Prüfung mit einem LC-Steckverbinder mit einem Verlust von über 0,15 dB ein pessimistisches Ergebnis oder sogar einen Fehler ergeben. Bei der Verwendung einer 1-Jumper-Referenz lassen sich die Testreferenzleitungen prüfen. Sobald die 1-Jumper-Referenz erstellt ist, zieht der Prüfer die Kabel von den Eingangsanschlüssen ab. Danach schließt er ein hochwertiges Kabel an die Eingangsanschlüsse an und verbindet die Haupt- und Remote-Einheiten mit einem Singlemode-fähigen Einbauadapter. Anschließend läuft die Prüfung ab. Das Dämpfungsergebnis ist in die Systemdokumentation aufzunehmen.   Prüfung gemäß Encircled Flux In der Norm TIA-TSB-4979 sind zwei Methoden zur Erfüllung der EF-Anforderungen beschrieben. Die erste besteht in der Verwendung eines externen Abgabewandlers, der den Wickeldorn ersetzt. So lässt sich jede LED-Quelle in eine EF-konforme Quelle umwandeln und der Erwerb neuer Testgeräte ist überflüssig. Externe Abgabewandler sind jedoch teuer, benötigen viel Platz und sind bei Beschädigung ihres Steckverbinders zu ersetzen. Die zweite Methode besteht in der Verwendung einer EF-konformen Quelle mit einer abgestimmten Testleitung, die die unerwünschten Moden isoliert. Diese proprietäre Lösung erfordert zwar den Kauf neuen Testgeräts, die Leitungen sind jedoch nicht so teuer und platzraubend wie Abgabewandler. Zur Vermeidung einer fehlerhaften Referenzeinrichtung rüsten Anbieter Testgeräte mit automatisierten Assistenten aus, die den Techniker durch die Referenzwerteinstellung leiten. Verfügt das Testgerät über feste Eingangsanschlüsse, mit denen keine 1-Jumper-LC-Referenz möglich ist, kann das Überspringen zweier Testergenerationen und somit eine EF- und 1-Jumper-konforme Lichtwellenleiterprüfung gemäß ANSI/TIA-526-14-B in Betracht kommen.   Verfahrensempfehlungen Aufgrund engerer Verlustbudgets und höherer Datenraten gewinnt EF immer mehr an Bedeutung. Eine EF-konforme Lichtwellenleiterprüfung wird nach Einschätzung von Experten irgendwann auch Vorschrift werden. Für Installateure empfehlen sich daher eine Überprüfung der Testgeräte und die folgenden Verfahren: Verwendung von LED-Lichtquellen anstelle von VCSELs zur Vermeidung optimistischer Ergebnisse, Vermeidung der Referenzeinrichtung über Einbauadapter, Verwendung von Wickeldornen zum Entfernen höherer Moden; Wickeldorne sind jedoch kein Ersatz für EF-Adapter, Investition in Lichtwellenleiter-Testgeräte mit austauschbaren Adaptern an den Eingangsanschlüssen, Prüfung der Testreferenzleitungen, Vermeidung von BIMMF als Testkabel, Speichern von Messergebnissen und Aufnahme in die Prüfungsdokumentation und die Entwicklung einer Strategie zur Erzielung von EF-Konformität; Hersteller können auf einer EF-konformen 1-Jumper-Messung bestehen, bevor sie im Störungsfall einen Techniker aussenden.

Encircled-Flux-Testreferenzleitungen.

Falsche Referenzeinstellung über einen Einbauadapter.

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