Der Markt für IT- und RZ-Services hat sich in den vergangenen Jahren erheblich verändert. LANline sprach darüber mit Oliver Harmel, Country Manager CEE von NTT Europe Germany, der erklärt, wie sein Unternehmen mit dem digitalen Wandel vor allem im Mittelstand umgeht.
LANline: Herr Harmel, NTT gehört zu den wenigen Komplettanbietern von professionellen IT-Services. Wie hat sich dieses Geschäft in den vergangenen Jahren gewandelt?
Harmel: NTT hat global gezielt in ergänzende Portfolios investiert und entsprechende Akquisitionen getätigt, um den sich immer schneller ändernden Anforderungen der Kunden nachkommen zu können. Strategische Partnerschaften sind ein ebenfalls nicht zu vernachlässigender Faktor für den digitalen Wandel. Und wie stets spielen Flexibilität und schnelle Marktanpassung eine immer größere Rolle.
LANline: Welche Rolle spielt dabei die Technik, welche das kaufmännische Konzept?
Harmel: Beides ist wichtig. Die Digitalisierung der verschiedenen Branchen nimmt enorm schnell Fahrt auf. Man muss kurzfristig innovative Lösungen im disruptiven Sinne bieten können, ansonsten läuft man schnell Gefahr, den Anschluss an die Spitze zu verlieren.
LANline: Hat sich dabei der Stellenwert der Infrastruktur gewandelt, und wenn ja, wie?
Harmel: Die Basisinfrastruktur nimmt - übrigens auch in der Kundenwahrnehmung - einen immer höheren Stellenwert ein. Die Zeiten einer statischen Weitverkehrsnetzinfrastruktur sind vorbei. Die Nutzung von Cloud-Diensten und höhere Anforderungen an Ausfallsicherheit treiben Technologien wie Software-Defined Networks und Hybrid Networks. Auch die breitbandige Vernetzung von Unternehmensstandorten und Rechenzentren ist essenziell. Darüber hinaus ist die Auswahl von wenigen strategischen globalen Rechenzentrumsstandorten für die digitale Transformation unerlässlich. Nur so lassen sich digitale Geschäftsmodelle auch flächendeckend agil ausrollen.
LANline: Wie wird Ihrer Meinung nach IT-Service in zehn Jahren aussehen?
Harmel: Der Blick in die Glaskugel sagt wohl, dass in zehn Jahren Compute- und Weitverkehrsdateninfrastrukturen stark virtualisiert sein werden mit einer Vielzahl von Diensten, die nutzungsabhängig zur Verfügung stehen. Diese Infrastrukturen werden sich flexibel an die Unternehmensanforderungen anpassen lassen. Diese Plattformen werden im Lifecycle günstiger sein und besser mit den Unternehmensanforderungen wachsen. Zudem werden die Informationen für jeden Mitarbeiter besser zugänglich sein und AI wird uns helfen, Entscheidungen besser vorzubereiten.
LANline: Einige Experten prognostizieren ein Verschwinden - zumindest nahezu - von Unternehmensrechenzentren. Wie sehen in diesem Punkt Ihre Erfahrungen aus?
Harmel: Der Trend, bestehende Unternehmensrechenzentren zu konsolidieren, ist klar erkennbar. Diese werden dann in der Regel um weitere Bausteine wie Public oder Private Cloud sowie Colocation-Dienste erweitert. Es lassen sich eben, zumindest derzeit, nicht alle Anwendungen so einfach in die Cloud verlagern. Manche sollen selbstverständlich auch gar nicht in der Cloud betrieben werden.
LANline: Wie gut funktioniert Ihrer Einschätzung nach das Zusammenspiel von eigenem RZ und Cloud-Services bei den Unternehmen, speziell im Mittelstand?
Harmel: Unternehmensrechenzentren bieten meist nicht die Flexibilität, die steigenden Anforderungen an die IT zu einem vernünftigen Preis-Leistungs-Verhältnis allein abzudecken. Somit ist das Modell einer hybriden IT-Landschaft naheliegend. Die verfügbaren Lösungen zur Verwaltung hybrider IT-Modelle haben sich in den letzten Jahren enorm weiterentwickelt und sind inzwischen auch im Mittelstand angekommen. Sie sind einfacher zu bedienen und zu implementieren und auch zu einem wesentlich attraktiveren Preis erhältlich. Dienstleister, die diese komplexer gewordenen IT-Landschaften designen und steuern können, sind mehr denn je gefragt. Der Mittelstand kann davon für die eigene Digitalisierung nur profitieren.
LANline: Was sind die Treiber, was die Hemmnisse?
Harmel: Ein klarer Treiber ist der Bedarf an flexibel skalierbaren Services, die den digitalen Wandel unterstützen. Hemmnisse sind neben einem Mangel an qualifiziertem Personal für diese Aufgaben natürlich die nicht ausreichend vorhandenen Rechenzentrumsstrukturen.
LANline: Herr Harmel, vielen Dank für das Gespräch.